Der interaktive Bildschirm, sei es ein PC oder ein entsprechend ausgerüstetes Fernsehgerät, kann insoweit an die Stelle der herkömmlichen Kommunikationsmittel, wie gelbe Post, Telefon, Telefax, PC, Fernsehgerät und Pkw treten, er wird zum "Multimedia-Gerät".
Ebenso wie das Telefon nicht den persönlichen Besuch ersetzt hat oder das Fernsehen die Urlaubs- und Bildungsreise, sollen und dürfen die neuen Kommunikationsmöglichkeiten nicht zwanghaft verwendet werden. Die neuen Telekommunikationstechnologien als Option begreifen heißt vielmehr, neue Möglichkeiten ausschöpfen, wo es lohnt:
So erlauben sie die festere soziale Einbindung benachteiligter Gruppen, wie Kranker, Alter und Pflegebedürftiger. Die einzelne Kontaktperson erhält einen neuen Aktionsradius; die Zahl der Kontakte pro Kontaktperson kann erheblich erhöht, die Kosten pro Kontakt können drastisch gesenkt werden.
Einen großen Gewinn werden aus den modernen Telekommunikationstechnologien die Bewohner der ländlichen und peripheren Regionen ziehen, die hierdurch in völlig neuer Qualität erschlossen werden. Ursachen für Abwanderung werden reduziert.
Aber auch die Menschen in den Ballungsräumen können ihre Lebensqualität wesentlich steigern, wenn sie sich die zeitraubende Fahrt auf überfüllten Straßen sparen.
Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung, aber auch die Stellen der öffentlichen Verwaltung, setzen zunehmend rechnergestützte Systeme ein. Die hierbei verwendeten Daten sind elektronisch gespeichert und können über Datenleitungen transferiert werden. Damit und mit den Möglichkeiten der neuen Kommunikationstechnologien eröffnen sich neue Wege der Zusammenarbeit und des Zusammenwirkens der Mitarbeiter untereinander und im Verhältnis zu Dritten. Hierdurch werden die herkömmlichen Verkehrswege entlastet, die dort unproduktiv verbrachte Zeit kann anderweitig und produktiv verwendet werden:
Durch Telearbeit gelingt es, Arbeitsplätze bei den Arbeitnehmern ungeachtet der dortigen Standortvoraussetzungen für eine herkömmliche Betriebsstätte zu schaffen und hierdurch die Arbeitslosigkeit gerade in den strukturschwachen Gebieten abzubauen. Telearbeit trägt zur Flexibilisierung des Arbeitsmarktes bei, da sie unterschiedliche Teilzeitarbeitsformen und -umfänge ermöglicht. Sie erlaubt gleitende Übergänge in die und aus der Berufstätigkeit und die Kombination von Beschäftigungsverhältnissen. Weiterhin kann Telearbeit einen Teil des Berufspendelverkehrs ersetzen und hierdurch die Straßen und die Umwelt entlasten. Schließlich ermöglicht Telearbeit eine Entlastung gerade auch der Ballungsräume von Verkehr, ferner von Wohnraum- und Bürobedarf. Man schätzt, daß in den USA ca. 60 % der Beschäftigten informationsbezogene Arbeit verrichten, von der ein nennenswerter Teil nicht ortsgebunden ist und daher im Wege der Telearbeit verrichtet werden kann. In Deutschland dürften die Zahlen ähnlich sein.
Durch den Einsatz der Telematik für das Verkehrsmanagement können Suchfahrten weitgehend verhindert, die verschiedenen Verkehrsträger miteinander verknüpft und der Verkehr zu Lande, zu Wasser und in der Luft dem Mobilitätsbedürfnis der Menschen entsprechend und im Interesse der Umwelt flüssiger gestaltet werden.
Der Einsatz der neuen Kommunikationstechnologien in der Güterverkehrslogistik erlaubt eine bessere Auslastung der Transportkapazitäten und eine gesteigerte Zuverlässigkeit.
In der Medizin kann die Telekommunikation durch die Überwindung von Raum und Zeit für gleichwertige Behandlungschancen in allen Landesteilen sorgen. Außerdem ermöglicht sie Kostensenkungen durch effizientere Verwaltung und Qualitätsmanagement. Sie erlaubt, die weiter steigenden Ansprüche an die Gesundheitsversorgung zu erfüllen, ohne den Anteil der Gesundheitsausgaben weiter zu erhöhen.
Im privaten Bereich können die neuen Kommunikationstechnologien die Lebensqualität der Bürger verbessern. Sie tragen der steigenden Differenzierung privater Interessen und dem Wunsch nach privater Mobilität Rechnung, ohne die herkömmlichen Verkehrswege weiter zu belasten. Von besonderer Bedeutung sind solche Dienste für Personen, die unter körperlichen Behinderungen leiden oder geographisch ungünstig wohnen.
Der Einsatz neuer Telekommunikationstechnologien bedeutet daher Innovation, bedeutet Umstrukturierung, bedeutet den Sprung in die vernetzte Informations- und Kommunikationsgesellschaft. Die neuen Telekommunikationstechnologien schaffen Arbeitsplätze dort, wo die hierfür notwendige Hard- und Software entwickelt und gefertigt wird, und dort, wo die Technologien genutzt werden. Wo dies nicht der Fall ist, werden Arbeitsplätze verloren gehen, weil sich die betreffenden Unternehmen im härter werdenden Wettbewerb nicht behaupten können.
In den USA hat man dies längst erkannt. Es herrscht Aufbruchstimmung. Doch auch in Deutschland wurden bereits Versuche durchgeführt, aufgrund des bisherigen rechtlichen Rahmens allerdings überwiegend durch die Deutsche Telekom AG. In der deutschen Öffentlichkeit spielte das Thema Multimedia bis Mitte 1994 dagegen keine wesentliche Rolle. Vereinzelte Berichte in den Medien blieben ohne größeren Widerhall. Seither häufen sich jedoch vor allem in den Wirtschaftszeitungen und -zeitschriften diesbezügliche Artikel. Den vorerst letzten großen Informationsschub in der Presse hat die CeBit 1995 ausgelöst.
Nach Meinung von US-Analysten wird der weltweite Markt für Dienstleistungen in der Informationstechnik in den nächsten Jahren von größter Dynamik bestimmt sein. Wurden 1993 für Netzwerkdienste, Outsourcing oder Systemintegration noch rd. 277 Mrd US $ ausgegeben, so erwarten die Analysten bis 1998 eine Steigerung auf 465 Mrd US $. Jährlich soll der Markt um 11 % wachsen. Allerdings ist nach dem Stand der Dinge die US-Industrie der Nutznießer der Entwicklung. IBM, EDS, Microsoft, SUN und Hewlett Packard haben den Markt in der Hand: Das Ranking der Top 30 führt mehr als 20 US-Anbieter auf. Die erste deutsche Firma liegt auf Platz 15.
In den USA wurde eine gemeinsame Initiative gestartet, in der Industrie und Regierung zusammenarbeiten, um eine flächendeckende nationale Breitband-Informationsstruktur aufzubauen. Allein in den Haushaltsjahren 1993 bis 1997 will die US-Regierung insgesamt 1,15 Mrd US $ an Steuergeldern für die "National Information Initiative" (NII) einsetzen, bekannter unter dem Schlagwort "Information Highways". Ziel ist es, alle Regierungsinstitutionen, Schulen, Universitäten, öffentlichen Verwaltungen und die Privatwirtschaft mit Hochgeschwindigkeits-Kommunikationsnetzen zu überziehen, den "information highways". Allein in den Aufbau elektronischer Bibliotheken sollen davon 300 Mio US $ fließen. Weitere 300 Mio US $ sind jeweils für die Bereiche Erziehung und Gesundheit vorgesehen. Dabei erwarten die USA aufgrund dieser öffentlichen Investitionen eine Steigerung des Bruttosozialprodukts um 300 Milliarden US $ und 300.000 neue Arbeitsplätze; ein gewaltiger return of investment.
Die japanische Regierung hat sich in ihrem Report zur neuen Informations- und Kommunikationsinfrastruktur, vorgestellt auf dem Telekommunikationsrat im Mai 1994, das Ziel einer Glasfaserverkabelung bis in jeden Haushalt bis zum Jahr 2010 gesetzt. Das japanische Post- und Telekommunikationsministerium (MPT) schätzt die Kosten für den Aufbau der nationalen Glasfaserinfrastruktur auf zwischen 150 bis 230 Mrd US $. Gleichzeitig investiert Japan kräftig in den Anwendungsbereich, um sicherzustellen, daß künftige Nutzer Zugang zu einer Vielzahl von Services haben. Im Frühjahr 1994 startete das MPT ein 50 Mio US $-Dreijahrespilotprogramm, durch das die Möglichkeiten integrierter Telekommunikations- und TV-Anwendungen durch Glasfaserverkabelungen bis in den Haushalt eingeschätzt werden sollen. Das Pilotprogramm wird 300 Haushalte und Büros umfassen und dabei Video-on-demand, hochauflösendes Fernsehen, Videokonferenzen, Teleshopping und Telemedizin bieten.
In Kanada gibt es ein Positionspapier zum Aufbau eines "Canadian
Informationhighway" vom April 1994. Auch hier soll, wie in den USA, der
Aufbau der Infrastruktur vorwiegend durch die Privatwirtschaft erfolgen.
Die Politik soll durch entsprechende Programme bzw. die notwendigen
gesetzlichen Rahmenbedingungen lediglich unterstützend tätig
werden.
Im Weißbuch "Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit,
Beschäftigung" vom Dezember 1993 hat auch die Europäische
Union die weitreichenden Möglichkeiten im Informationsbereich
untersucht und die Notwendigkeit von Transeuropäischen Datennetzen
hervorgehoben. Die neuen Technologien werden als Mittel gesehen, die
Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen zu
stärken, neue Märkte zu gewinnen und die
Beschäftigungssituation zu verbessern. Die sog. "Bangemann-Gruppe"
hat die Analyse vertieft und konkrete Umsetzungsmaßnahmen
vorgeschlagen ("Europa und die globale Informationsgesellschaft").
Grundsätzliche Aussage des vom Europäischen Rat in Korfu im Juni
1994 gebilligten Aktionsplanes ist, daß die Schaffung der
Informationsgesellschaft in Europa dem Privatsektor und den
Marktkräften überlassen werden muß. Lediglich die
makroökonomischen Rahmenbedingungen (Liberalisierung, Datenschutz,
Wettbewerbsregeln u.a.) sollen durch die Mitgliedstaaten bzw. durch die EU
gesetzt werden. Gleichzeitig sollen Pilotprojekte im Bereich der
Anwendungen zögerliche Entwicklungen von Nachfrage und Angebot in
diesem Bereich beschleunigen. Im Rahmen des Vierten Rahmenprogramms
für Forschung und technologische Entwicklung 1994 - 1998 stellt die
EU für Informations- und Kommunikationstechnologien 3,45 Mrd ECU zur
Verfügung, aufgeteilt in die Bereiche Telematik-Anwendungen
(Telematics- Programm: 834 Mio ECU), fortgeschrittene
Kommunikationstechnologien (ACTS-Programm: 630 Mio ECU) und
Informationstechnologien (1.932 Mio ECU).
Man schätzt, daß in Deutschland bereits heute rd. 300
Mio DM im Multimedia-Service- Bereich umgesetzt werden und rechnet bis zum
Jahr 2000 mit einer Steigerung auf 7 Mrd DM. Der Umsatz bei den
Endgeräten soll sich von heute 20 Mio DM auf 1 Mrd DM erhöhen.
Der gesamte deutsche Telekommunikationsmarkt werde bis 1998 auf 77 Mrd
DM, d.h. um jährlich 7,3 % wachsen. Für Europa prognostiziert
man im Telekommunikationsmarkt ein Umsatzwachstum von 6,4 % jährlich,
d.h. auf 334 Mrd DM im Jahr 1998. Der Anteil der Telekommunikation am
Bruttosozialprodukt werde sich bis zum Jahr 2000 verdoppeln, die
Telekommunikation die Automobilindustrie in ihrer volkswirtschaftlichen
Führungsrolle klar ablösen.
Ein schnelles Tätigwerden ist für Bayern daher unverzichtbar,
um auf dem Weg der Staaten in die Informationsgesellschaft nicht ins
Hintertreffen zu geraten und um auf dem Telekommunikationsmarkt angemessen
präsent zu sein.