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Daimler-Benz News vom 4.7.1995

Chancen der
Telematik nutzen

Ein Netzwerk
für die Mobilität

Dr. Peter Zimmermann
Nürnberg, 4. Juli 1995
"Der Verkehr braucht auf dem Weg ins 21. Jahrhundert ein neues Qualitätsniveau, das Effizienz, Umweltverträglichkeit und Finanzierbarkeit vereint", sagte Dr. Peter Zimmermann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Daimler-Benz Tochter ITF Intertraffic, auf dem 2. Verkehrspolitischen Kongreß Nürnberg, der am 4. und 5. Juli auf Einladung der IHK Nürnberg stattfindet. Es bestehe Handlungsbedarf, um das Ziel einer nachhaltigen Sicherung unserer Mobilität zu erreichen. Der Daimler-Benz-Konzern sei durch sein Angebot von Produkten und Dienstleistungen in praktisch allen wichtigen Verkehrsbereichen bestens gerüstet, die Verkehrsträger Straße und Schiene, Wasser und Luft intelligent zu vernetzen. "Die Aufgabe lautet stets, im Individualverkehr, im öffentlichen Verkehr wie auch beim Transport von Gütern, das Geschehen durch effiziente Information und Kommunikation für den Verkehrsteilnehmer transparent und leicht nutzbar zu machen."

Integriertes Verkehrsmanagement heiße auch, so Zimmermann weiter, die Stärken des einzelnen Verkehrsmittels einzubringen und seine Schwächen so weit wie möglich zu vermeiden. Nur so könnten die weiter wachsenden Mobilitätsbedürfnisse umweltgerecht befriedigt werden. "Zur praktischen Umsetzung dieser bekannten Forderung ist privatwirtschaftliche Initiative gekoppelt mit politischen Vorgaben und absichernden Randbedingungen gefragt. Es ist daher sowohl ein gesellschaftlicher Konsens als auch die Akzeptanz der Nutzer für die Einführung solcher Telematiksysteme nötig. Wir müssen deshalb das Spannungsfeld in der Gesellschaft zwischen Mobilitätsnutzern und Mobilitätsduldern durch einen alle relevanten Gruppen übergreifenden Konsens in den Griff kriegen".

Daimler-Benz wolle laut Zimmermann mit seinen Kongreßbeiträgen die zahlreich vorhandenen Chancen für den Verkehrsteilnehmer wie für die Umwelt aufzeigen. Politische Mißbräuche, wie etwa Überwachung, Verkehrseinschränkungen oder eine Einführung des "Road Pricings" zum Zwecke der Haushaltskonsolidierung müßten ausgeschlossen werden. Auch sei Telematik kein Allheilmittel, das etwa den Verzicht auf Infrastrukturausbau erlaube.

Im Kern unterstütze Daimler-Benz die Aussagen der Europäischen Union und des Bundesministers für Verkehr zum Einsatz der Telematik. Zimmermann betonte jedoch, daß nun konzertiertes Handeln angesagt sei: "Konsensforen allein reichen nicht". Als Beispiel könne den Europäern das entschlossene Handeln der USA dienen. Im Wettrennen um die schnellste Einführung von Telematiksystemen sei es dort gelungen, mit rasch greifenden Strategien den vorhandenen technologischen Vorsprung Europas mehr als nur aufzuholen.

Entscheidend sei letztlich, daß die Verkehrsteilnehmer die neuen Dienste auch annehmen. Deshalb setze Daimler-Benz auf anfaßbare Demonstration, wie etwa im Stuttgarter Projekt STORM (Stuttgart Transportation Operation by Regional Management), dem Prototyp eines integrierten Verkehrsmanagementsystems. "Weltweit geht kein anderes Projekt die Integration der Verkehrsträger so umfassend an wie STORM, und keines ist so weit fortgeschritten. In Stuttgart zeigen wir, wie in Zusammenarbeit von Politik und Wirtschaft von der Pike auf ein vernetztes Verkehrssystem Wirklichkeit wird."

Aus den Erfahrungen mit STORM konnten bereits erste konkrete privatwirtschaftliche Lösungen für die Praxis in Stuttgart und Berlin abgeleitet werden: Die Betreibergesellschaft COPILOT wird noch 1995 Leitsysteme für den Individual- und Wirtschaftsverkehr anbieten. An dieser Gesellschaft ist Daimler-Benz über Mercedes-Benz und die ITF Intertraffic maßgeblich beteiligt. Gemeinsam mit dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg wird auch die Bildung einer Servicegesellschaft vorbereitet, die Informationen für Fahrgäste des öffentlichen Nahverkehrs in Stuttgart bereitstellt und vermarktet.

Für die ITF Intertraffic sei, schloß Zimmermann, die Federführung im STORM-Konsortium eine erste erfolgreiche Feuertaufe. Sein Unternehmen sei 1993 mit dem Auftrag gegründet worden, in unternehmerischer Verantwortung als Problemlöser des Daimler-Benz-Konzerns ein eigenständiges Geschäft für integrierte Verkehrsmanagementsysteme und Mobilitätsdienste aufzubauen. Hierzu verbinde und integriere die ITF Intertraffic querschnittlich das relevante Fachwissen des gesamten Konzerns.

Intelligente Systeme für die neue Bahn

Die Modernisierung von Schienenfahrzeugen und Energieversorgungsanlagen allein reiche für die neue Bahn bei weitem nicht aus, meint Prof. Dr. Klaus Milz, Generalbevollmächtigter der AEG Daimler-Benz Industrie und Vorsitzender der Geschäftsführung der AEG Bahnfahrwegsysteme. "Intelligente Leitsysteme spielen eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, die wichtige strategische Position des Schienenverkehrs im Mix der Verkehrssysteme weiter zu stärken", setzt er die Signale auf Zukunft. "Leitsysteme müssen sowohl den Verkehrsträger Schiene attraktiver und kostengünstiger machen, als auch die notwendige Verknüpfung der Verkehrssysteme optimieren." Telematik im Schienenverkehr werde vor allem in der Sicherungstechnik, in der Organisation und Optimierung der Betriebsabläufe sowie in der Kommunikation und der automatischen Diagnose zum Einsatz kommen.

Immer größere Bedeutung erhalte, so Milz, im Rahmen der Sicherungstechnik die Zugbeeinflussung. Ohne sie sei der moderne Hochgeschwindigkeitsverkehr ebenso unmöglich wie die fahrerlosen Transportsysteme, welche heute vor allem auf Flughäfen - wie etwa in Frankfurt - im Einsatz sind. Doch stellen auch die wachsenden Anforderungen an die Transportleistung der Bahn neue Aufgaben: "Auf dem Fahrweg sorgt Telematik für optimale Ausnutzung und garantiert somit Effizienz und Leistungsfähigkeit".

In den letzten Jahren ist als neues Aufgabengebiet der Leittechnik die automatische Diagnose hinzugekommen. Ausfälle kleiner Komponenten führen bei der Komplexität der modernen Bahn oft zur Betriebsunfähigkeit ganzer Teilsysteme. "Frühzeitiges Erkennen hilft, Betriebsbehinderungen und Stillstandszeiten zu verringern. Hier leistet Telematik ihren Beitrag, die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der Bahnsysteme zu steigern", weiß Milz. Der Kunde soll aber auch direkt den Nutzen neuer Techniken erleben können: "Die Telematik muß dafür sorgen, daß der Kunde besser über das Angebot informiert ist. Das macht die Bahn benutzerfreundlicher und erleichtert dem Fahrgast das Einsteigen in den richtigen Zug."

Einen wesentlichen Bedarf sieht Milz nun für internationales Handeln: "Was wir heute in Europa an Zugbeeinflussungssystemen kennen, ist nicht kompatibel. Während die neuesten Lokomotiven bereits die Fähigkeit haben, mit verschiedenen Fahrstromsystemen zu leben, war die Anpassung an verschiedene Telematiksysteme wegen der großen Unterschiede noch nicht möglich." Deshalb sei zumindest in Europa ein standardisiertes System unbedingt erforderlich. "Die Entwicklungen haben auch bereits begonnen, aber die Zeit drängt." Im Interesse unserer Volkswirtschaft und im Interesse aller Verkehrsteilnehmer komme es darauf an, die klar erkennbaren Ziele und Möglichkeiten der umfassenden und verkehrsmittelübergreifenden Telematik in zukunftsweisende Lösungen umzusetzen. Hierzu brauche die Bahn die Zusammenarbeit zwischen Betreibern und Industrie, aber auch die tatkräftige Unterstützung der Europäischen Union und der nationalen Behörden.

Mehr Luft im Luftverkehr dank Telematik

Der Luftverkehr wird auch in Zukunft von allen Verkehrsträgern die größten Wachstumsraten haben, ist Dr. Rolf Zimmermann aus dem Bereich Verkehrsleittechnik Flughafen der Daimler-Benz Aerospace überzeugt: "Zuwächse von zuletzt mehr als 5 % jährlich fordern bei eingeschränkten Ressourcen am Boden und in der Luft den Einsatz der Telematik auch im Luftverkehr, um die vorhandene Infrastruktur intelligenter und dadurch effektiver zu nutzen". Einsatzschwerpunkte lägen dabei gleichermaßen in den Bereichen Flughäfen, Flugsicherung und Fluggesellschaften. Als technische Hilfsmittel müßten die Satellitennavigation und -kommunikation weiter verbessert sowie die Satellitenkommunikation für die Bord-Boden-Kommunikation der Flugzeuge und für die Kommunikation zwischen den Flugzeugen genutzt werden. Die dringend erforderliche Standardisierung der Bord-Boden-Kommunikation für Navigationsdaten und verbesserte Avioniksysteme erlauben günstigere Flugrouten und Präzisions-Landeanflüge aus beliebigen Richtungen. Sie könnten langfristig zum Ersatz der heutigen Radarsysteme führen.

Den größten Engpaß für das Wachstum des Luftverkehrs sieht Zimmermann auf den Flughäfen. Telematik könne hier bei gleichbleibend hohem Sicherheitsniveau die Abstände der Flugzeuge bei Start und Landung verkürzen. Der Rollverkehr insbesondere bei schwierigen Witterungsverhältnissen und das Management begrenzter Ressourcen seien ebenso zu optimieren. Telematik könne zudem zu einer effektiveren Nutzung und Koordinierung der Boden- und Service-Dienste genutzt werden. Auch die Vernetzung der unterschiedlichen Informationssysteme des Flughafens einschließlich des Informationsaustausches an den Schnittstellen zu der Flugsicherung und den Fluggesellschaften seien dank Telematik verbesserungsfähig.

Als Ziele des Telematikeinsatzes in der Flugsicherung nannte Zimmermann u.a. die Harmonisierung der unterschiedlichen Luftkontrollsysteme, ein flexibles Luftraummanagement oder die Optimierung der Flugpfade in Bezug auf Zeitbedarf, Wirtschaftlichkeit und Umweltbelastung. Dabei diene Telematik auch der Entlastung der Fluglotsen, erhöhe die Sicherheit und senke die Kosten. Auch die Fluggesellschaften könnten von Telematik profitieren, zum Beispiel durch frühere Erkennung von Flugplanabweichungen, verbessertes Flottenmanagement, Vorbereitung von Wartungsarbeiten oder die Erschließung von Multimedia-Informationsdiensten und Mehrwertdiensten für die Passagiere und Frachtkunden.

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