Ausführungen von Stefan Drozkowski, Leiter Virtuelle System, Daimler-Benz Aerospace AG (DASA), München, anläßlich der Präsentation des "Virtual Prototyping System" auf der CAT '95 am 09. Mai 1995 in Stuttgart
Stuttgart, 09. Mai 1995
Virtual Reality (VR) oder Cyberspace sind Begriffe, die seit einiger Zeit in der Öffentlichkeit - zu Recht - große Erwartungen wecken. Hinter ihnen steckt eine neue Technologie, die dem Menschen im Wortsinne neue Welten eröffnet.Bei Virtual Reality errechnet ein extrem leistungsfähiger Computer dreidimensionale Räume und stellt diese in einer Weise dar, die dem Betrachter ein Abbild der "echten" Welt bietet. Zu Virtual Reality gehört unverzichtbar der Datenhelm, ein Helm, in dem zwei Flüssgkristall-
Displays (LCD) oder spezielle Bildröhren eingebaut sind, die den Augen des Benutzers die vermeintliche Realität zeigen. Die Bilder reagieren auf jede Kopfbewegung. 80 % aller Informationen des Menschen über seine Umwelt werden über die Augen aufgenommen. Ebenfalls ein unverzichtbares Tool für Virtual Reality ist der Datenhandschuh. Das Bild des Datenhandschuhs bzw. der Hand mitsamt ihren Bewegungen wird in die künstliche Welt integriert. So verstärkt sich zum einen der "Echtheitseindruck" von VR, und zum anderen kann damit der "Cybernaut" - zumindest in geringem Umfang - eigene Aktionen wie z.B. Tastendrücke ausführen. Datenhelm, Datenhandschuh und auch noch "Flying Joystick" stehen heute für eine neue Generation der Schnittstellentechnik, angepaßt an die sensorischen Fähigkeiten des Menschen. Moderne Graphikcomputer bewältigen die Datenmengen in Echtzeit, die nötig sind, um realistische Eindrücke in der Computerwelt zu vermitteln. Sensoren verfolgen die Bewegungen. Der Mensch sitzt damit nicht mehr am Computer, sondern quasi im Computer.
Virtual Reality - eine Technik mit großem Potential
Durch VR werden ungeahnte neue Märkte und Arbeitsfelder entstehen. Unterhaltung und Multimedia bringen Virtual Reality in alle Lebensbereiche. "Datenautobahnen" und neue Computergenerationen sorgen für hohe Datentransportkapazitäten und Verarbeitungsgeschwindigkeiten, so daß durch VR an den Endgeräten in den Haushalten Reisen in z.B. Virtuelle Kaufhäuser oder Vergnügungsparks möglich werden. Es ist davon auszugehen, daß in zehn Jahren VR-Systeme im Hausgebrauch ebenso gängig sind wie heute Videorecorder.
Über größte Entfernungen werden sich Menschen in Virtuellen Räumen treffen und gemeinsam um ein neues Virtuelles Produkt sitzen und interdisziplinär daran arbeiten. Projekte werden so über große Distanzen kommunizierbar und erleichtern damit auch internationale Zusammenarbeit.
Innovation durch Kreativität ist wichtiger denn je. Virtual Reality schafft eine wesentliche neue Voraussetzung zur effektiveren Nutzung kreativen Potentials. Durch die Möglichkeiten von Virtual Reality zur Visualisierung in drei Dimensionen, durch die Dynamik der Simulation und die Möglichkeit des Interagierens wird der Mensch wie nie zuvor in seinem Tun, insbesondere im Erkennen, Gestalten und Kommunizieren unterstützt.
Erste Einsatzbeispiele für Virtual Reality
Die Möglichkeiten des Einsatzes von Virtual Reality sind bis heute kaum zu überschauen. Fest steht, daß mit zunehmender Rechnerleistung, die unmittelbar auf die Qualität und den Detailreichtum der Abbildungen Einfluß hat, Virtual Reality in breitestem Maß Einzug in unseren Alltag halten wird.
Schon heute ist eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten konkret absehbar und zum Teil schon in ersten Produkten verwirklicht:
"Durchwandern" von virtuellen Gebäuden und Betrachtung neuer Architekturen, was weit wirkungsvoller ist als das heute noch übliche Arbeiten mit Zeichnungen,
Design und Auslegung von Produkten, ohne daß ein "echtes" Modell hergestellt werden muß
Darstellung von virtuellen Produktionsanlagen zur Prozeßoptimierung.
Darüber hinaus wird Virtual Reality mit Sicherheit in Zukunft Training, Ausbildung, Vertrieb und Marketing dramatisch verändern. Ganz generell wird VR als Kommunikationshilfe eine wesentliche Rolle spielen.
Virtual Reality im Daimler-Benz-KonzernAn diesen Aufgaben arbeitet bereits heute Daimler-
Benz unter Nutzung von Virtual Reality. In der Forschung liegen die Schwerpunkte derzeit bei der Unterstützung virtueller Produktentwicklung sowie bei der Telerobotik, der Ergonomie und der Raumgestaltung von Fahrzeugen. So wird z.B. versucht, mittels VR die Gestaltung von Fahrgastinnenräumen zu optimieren, indem man Testpersonen mit Datenhelm und Datenhandschuh ausstattet. Sie setzen sich dann in ein überhaupt noch nicht vorhandenes Fahrzeug. Dessen Innenraum von der Farbe bis zur Form wird vom Computer verändert. Wesentlich für die Zukunft des Produktionsstandorts Deutschland ist eine schnellere Reaktion auf Marktveränderungen und hier insbesondere eine Verkürzung der Entwicklungszeiten bis zum marktreifen Produkt. Im Design und in der Montageplanung helfen VR-Komponenten bei der Produktentstehung. Die Simulationstechnik als Hilfsmittel hierbei hat innerhalb des Konzerns Tradition und setzt schon seit vielen Jahren 3-D-
Visualisierungstechnik für Trainingssimulatoren in der Luftfahrt und Bahntechnik ein. So werden z.B. innerhalb des Eurofighter- Konsortiums neue Komponenten erst im Simulator getestet, bevor sie wirklich produziert und ins Flugzeug eingebaut werden. Der Daimler- Benz- Fahrsimulator in Berlin arbeitet schon seit zehn Jahren mit einer nahezu perfekten Simulationstechnik. Hier wurden z.B. Versuche mit übermüdeten Fahrern unternommen, versuche, die in der Realität nie hätten ausgeführt werden können. Das "Virtual Prototyping System"
Im "Business Development" der Daimler-
Benz Aerospace AG (DASA) entsteht zur Zeit in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer- Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), Stuttgart, ein Virtual- Prototyping- System, das voraussichtlich ab 1996 als serienreifes Produkt vermarktet wird. Schon heute werden hier 3-D- Scanning, Entwicklung von VR-Modellwelten und Aufbau von VR-Systemen angeboten. Virtual Prototyping heißt: Schnelles Konzipieren und Entwerfen von Produkten mit Hilfe eines VR-Systems. Eine besondere Hilfe für Design, Konstruktion und Entwicklung ist es, reale Modelle in die "künstliche Welt" zu transportieren, per 3-D-
Scanner oder CAD. Der Anwender schafft sich so einen digitalen, dreidimensionalen "Baukasten" seiner Produkte und Prototypen. Die am Entwicklungsprozeß beteiligten Personen können innerhalb dieser Virtual- Prototypen- Umgebung untereinander kommunizieren. Ein konkretes Beispiel: Der Entwickler kann in VR an einem Kabelbaum "entlanglaufen", und der Konstrukteur kann sich in den Motorraum "begeben". Beide können "vor Ort" etwaige Kollisionen mit mechanischen Bauteilen überprüfen, mit Zulieferern diskutieren und Modifikationen am Objekt vornehmen. Die Modifikationen führen unmittelbar zu Datensätzen, die an jeder Stelle der Prozeßkette weiterverwendet werden können. Mehrfacheingaben und zeitaufwendige Konvertierungen werden auf diesem Weg vermieden.
Designer, Konstrukteure und Fertiger beratschlagen gemeinsam "im Rechner" die Änderungen an der Karosserie eines PKW, die unter Berücksichtigung der verschiedenen Belange optimiert wird. Die Zeiten, in denen in wochenlanger Arbeit Holzmodelle von den Produkten hergestellt werden mußten, gehen dem Ende entgegen.
Sie sehen: Der Nutzen dieses Werkzeugs bestehen darin, daß der Anwender den Prozeß des Designs und der Entwicklung von Produkten stark beschleunigt. Dadurch kann ein Unternehmen erfolgreicher verkaufen, schneller Prototypen herstellen und kostengünstiger alternative Produktoptionen erstellen. -
Abschließend darf ich Sie noch auf den Stand der Daimler-
Benz InterServices (debis) aufmerksam machen, auf dem in Halle 5, Stand 114, Multimedia im CAD/CAM- Bereich ausgestellt wird.
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