hide random home http://www.bayern.de/Politik/Regierungserklaerungen/1995-07-19/kap4.html (Einblicke ins Internet, 10/1995)

4. Umweltgerechte Energiepolitik

Meine Damen und Herren!

Die Energiepolitik hat eine Schlüsselrolle für die Umwelt. Wir müssen mit den Ressourcen sparsam umgehen und die Belastungen der Umwelt durch Energieverbrauch so gering wie möglich halten. Der Wissenschaftlich-Technische Beirat der Staatsregierung hat uns dazu Vorschläge unterbreitet, die heute Grundlage unserer Politik sind:

Umweltgerechte Energiepolitik ist ein politischer Schwerpunkt der Staatsregierung.

    Energiesparen

  1. Bayern hat die Fördermittel für Entwicklung, Demonstration und Breitennutzung neuer Energietechniken im Haushalt 1995/96 auf 69 Millionen DM mehr als verdoppelt. Damit sollen die vorhandenen Energieeinsparpotentiale noch besser ausgeschöpft und Sonnenkollektoren und Wärmepumpen gefördert werden.

    Nachwachsende Rohstoffe

  2. Weitere 125 Millionen DM setzen wir für die Rohstoffe Förderung von Energie aus Biomasse ein. Mit Pilotprojekten wollen wir den Wirkungsgrad und den Umfang der Biomasseverwertung verbessern, etwa durch:

    Bis zum Jahr 2000 wollen wir 13 % der Energie aus regenerativen Energien gewinnen, davon 5 % aus Biomasse. Wie kein anderes Land setzen wir uns dieses ehrgeizige Ziel. Dabei wirken wir beim Anbau von nachwachsenden Rohstoffen auf eine grundwasserschonende Landbewirtschaftung hin.

    Erdwärme

  3. In Kürze werden wir uns mit einer staatlichen Risikobeteiligung an Erdwärmebohrungen beteiligen.

    Photovoltaik

  4. Photovoltaik ist eine Technik der Zukunft. Von der Zusammenarbeit mit sonnenreichen Ländern erwarten wir wichtige Impulse für den Markt von Photovoltaik-Anlagen. Wir wollen Photovoltaik-Unternehmen bei ihren Entwicklungs- und Exportanstrengungen unterstützen. Gemeinsam mit der Wirtschaft haben wir einen Forschungsverbund Solarenergie (FORSOL) zur Weiterentwicklung der Photovoltaik ins Leben gerufen. Für unsere Breitengrade wird die Photovoltaik auf absehbare Zeit zwar noch keinen nennenswerten Beitrag zur Energieversorgung leisten. Für Spezialanwendungen und in Ländern ohne ausgebaute Energieinfrastruktur kann sie aber bereits heute sinnvoll sein.

    Wenn die SPD solche Photovoltaik-Programme auch für unser Land anpreist, sollte sie der Bevölkerung aber offen sagen, daß allein zum Ersatz eines einzigen Kraftwerks von 1.300 Megawatt eine Fläche von 500 km2 notwendig wäre, also so viel wie 100.000 Fußballfelder. Das ist doch völlig abwegig!

    Wasserstoff

  5. Ein Schwerpunkt ist für uns auch die Wasserstofftechnologie. Mit mehreren Pilotprojekten klären wir Einsatzmöglichkeiten, Sicherheitsfragen und Wirtschaftlichkeit der Wasserstofftechnologie.

    Auch wenn diese Technologie ihre volle Wirksamkeit erst in 20 oder 30 Jahren erreichen kann, müssen wir heute dafür die Weichen stellen. Wir werden dazu eine Aktionsgruppe "Wasserstoff Bayern" mit Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft berufen.

Die Staatsregierung ist im Gespräch mit den bayerischen Energieversorgungsunternehmen, um weitere, gemeinsame Initiativen zur Energieeinsparung und zur stärkeren Nutzung regenerativer Energien zu entwickeln. Ich setze auf ein noch stärkeres Engagement der Unternehmen.

CO2-Problem

Schon jetzt ist die bayerische Energieversorgung besonders umweltfreundlich. Der CO2-Ausstoß im Freistaat liegt - sowohl Pro-Kopf als auch bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt - um mehr als ein Drittel unter dem Bundesdurchschnitt.

Rund 80 % des bayerischen Stroms werden ohne Kohlendioxydemissionen erzeugt. Diese umweltpolitischen Spitzenposition verdanken wir vor allem dem Einsatz der Kernenergie.

Kernenergie

Die Kernenergie ist nicht der Stein der Weisen. Aber eine ökonomisch und ökologisch gleichwertige Alternative zur Kernenergie ist gegenwärtig nicht in Sicht. Sie ist mit Abstand umweltfreundlicher als fossile Brennstoffe und bleibt deshalb weltweit eine Zukunftstechnologie. Ihr weltweiter Anteil an der Primärenergie steigt nach wie vor. Mit ihrem blinden Widerstand gegen die Kernenergie verabschieden sich Grün-Rot von den Zielen von Rio.

Wer glaubt, allein durch Energiesparen und regenerative Energieträger könne unser Energiebedarf gedeckt werden, baut Luftschlösser.

Grüne und SPD sind sich nur in der Ablehnung der Kernenergie einig. Die Grünen propagieren C02-freie Energie, haben aber keine realistische Alternative. Die SPD heuchelt Umweltfreundlichkeit, setzt aber weiter auf fossile Brennstoffe. Wir halten dagegen aus ökologischen Gründen wie auch aus Gründen des weltweiten Sicherheitsstandards an der Optimierung der Kernenergietechnik fest.

Sicherheit der Kernreaktoren

Zur Erhöhung der weltweiten Sicherheit der Kernenergietechnik ist es unbedingt notwendig, unsere Sicherheitstechnik bei den ausländischen Reaktoren, insbesondere in Osteuropa, einzubringen. Die SPD schreit auf dem falschen Fuß "Hurra", wenn sich deutsche Unternehmen aus Mochovce verabschieden würden. Worin läge denn der umweltpolitische Gewinn, wenn Mochovce keine westliche Sicherheitstechnik erhält und der Reaktor Bohunice am Netz bleibt? Wir wollen nur Kernreaktoren mit westlichem Sicherheitsstandard.

Die Nachrüstung von Mochovce hat für mich Pilotfunktion für die osteuropäischen Kernkraftwerke. In meinen Gesprächen letzte Woche mit dem slowakischen Ministerpräsidenten Meciar waren wir darüber einig, daß in Mochovce westeuropäische Sicherheitsstandards verwirklicht werden sollen. Ich habe erreicht, daß dazu alle Beteiligten die Gespräche wieder aufnehmen.

Meine Damen und Herren von der SPD! Was wir brauchen, ist internationale Solidarität für die Sicherheit der Kernreaktoren, nicht nationale Nabelschau. Erklären Sie mir diesen Widerspruch: Tschernobyl liefert Strom nach Mitteleuropa und Mülheim-Kärlich geht trotz modernster Sicherheitstechnik nicht ans Netz. Es muß doch auch Grün-Rot einleuchten: Nicht die Verabschiedung Deutschlands aus der Kernenergietechnologie, sondern nur die Anwendung unserer Sicherheitstechnologie hilft der Umwelt.

Deshalb habe ich auch dem ukrainischen Präsidenten Kutschma bayerische Hilfe für ein Internationales Zentrum Tschernobyl zugesagt. Es soll sich mit den Folgen des Unglücks beschäftigen und neue Wege für die ukrainische Energiepoltik aufzeigen.

In den Energie-Konsensgesprächen, an denen ich selbst teilgenommen habe, verweigerte sich die SPD einer Option zur Weiterentwicklung der Kernenergie. Wir wollen, daß die deutsche Industrie fähig bleibt, neue, noch sicherere Kernkraftwerke zu entwickeln und bei Bedarf auch zu bauen. Nur wenige, wie der Niedersächsische Ministerpräsident Schröder, erkannten, daß hier eine Chance für Wirtschafts-, Technologie- und Umweltpolitik vertan wurde.

Dazu gehört auch, daß Grün-Rot die MOX-Brennelementefabrik in Hanau verhindert. Die Genossen kämpfen zwar wie die Kreuzritter, daß keine Mülltonne außer Landes geschafft wird, aber beim Thema Kernenergie finden sie nichts dabei, die Plutoniumaufarbeitung ins Ausland zu verdrängen. Das sind doch umweltpolitische Kapriolen und hat mit sachlicher Vernunft nichts mehr zu tun. Die gleichen Leute, die den Transport von abgebrannten Brennelementen von Stuttgart nach Gorleben für unverantwortbar halten, zwingen die Unternehmen praktisch, das gleiche Material übers Meer nach England zu transportieren. Das ist doch schizophren.


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