hide random home http://www.bayern.de/Politik/Regierungserklaerungen/1995-07-19/kap3.html (Einblicke ins Internet, 10/1995)

3. Umweltpolitik für Bayern

Meine Damen und Herren!

Umweltpolitik setzt an der Reinhaltung von Boden, Wasser und Luft an.

Bodenschutz

Früheren Anläufen des Bundes, ein Bodenschutzgesetz zu erlassen, haben wir widersprochen: der verwaltungsmäßige und finanzielle Aufwand stand in keinem Verhältnis zum Nutzen für die Umwelt. Im neuen Entwurf werden nun die wesentlichen Forderungen Bayerns eingearbeitet. Gerade im Bereich der Beurteilung und Sanierung von Altlasten brauchen wir vernünftige bundeseinheitliche Maßstäbe.

Was früher an Abfallentsorgung gang und gäbe war, erweist sich mit unseren heutigen Kenntnissen und Meßmethoden nicht selten als Altlast. Bis heute sind über 11.000 Altlastenverdachtsflächen in Bayern bekannt. Wir schätzen, daß 20 % dieser Flächen sanierungsbedürftig sind.

GAB

Wo immer ein Verursacher oder sonst Verantwortlicher greifbar ist, ist er für die Sanierung verantwortlich. Wenn diese aber nicht mehr greifbar oder nicht leistungsfähig sind, tritt die Gesellschaft zur Altlastensanierung in Bayern ein.

Wir haben im Umweltpakt 2000 der Wirtschaft angeboten, die staatlichen Mittel künftig von bisher 3 Millionen DM auf 6 Millionen DM jährlich zu verdoppeln, wenn auch die bayerische Wirtschaft einen entsprechenden Betrag bereitstellt.

Altlastensanierungsfonds

Die Staatsregierung ist auch bereit, im Umweltpakt 2000 aus Privatisierungserlösen einen zusätzlichen Altlastensanierungsfonds mit 100 Millionen DM einzurichten. Daraus sollen vor allem mittelständische Unternehmen, die eine Altlastensanierung finanziell nicht verkraften können und dadurch in den Konkurs getrieben würden, zinsgünstige Darlehen erhalten, um die Altlasten zügig beseitigen zu können.

GSB

Wir haben in Bayern in den letzten Jahrzehnten eine vorbildliche Sonderabfallentsorgung aufgebaut. Die Staatsregierung führt derzeit Gespräche, um im Zusammenhang mit der künftigen Ausgestaltung der Gesellschaft zur Beseitigung von Sondermüll (GSB) eine stärkere Beteiligung der Wirtschaft zu erreichen.

Wir werden die geologische Landesaufnahme in Bayern forcieren. Sie ist die fachliche Grundlage für Rohstofferkundung und Grundwasserschutz.

Wasserschutz

Vorsorgendes Denken hat in der Wasserpolitik des Freistaats höchste Priorität: Früher ging es um den Schutz des Menschen vor dem Wasser; heute ist der Hauptaufgabenbereich der Schutz des Wassers für und vor dem Menschen.

    Trinkwasserschutz

  1. Wir wollen in ganz Bayern Trinkwasser in höchster Qualität.

    Eine nachhaltige Sicherung der Wasserversorgung ist nur dann möglich, wenn das Grundwasser auch flächendeckend geschützt ist. Flächige Einträge - auch aus der Landwirtschaft - müssen weiter verringert werden.

    Ausweitung der Wasserschutzgebiete

    Um die circa 4000 bayerischen Wasserversorgungsanlagen zu schützen, werden wir die Wasserschutzgebiete in den nächsten Jahren von 3,5 % auf 5 % der Landesfläche erweitern. 5 % streng kontrolliert ist mehr als anderswo großflächige Wasserschutzgebiete, an die sich niemand hält und die keiner kontrollieren kann.

    Abwasser

  2. Wir wollen auch die Einträge in oberirdische Gewässer so gering wie möglich halten.

    Förderung von Kläranlagen

    Im Freistaat Bayern wurden in den letzten Jahrzehnten 3.000 kommunale Kläranlagen und ein weites Netz von Abwasserkanälen errichtet. 90 % der Abwässer werden mittlerweile über Kläranlagen gereinigt. Dies ist für einen Flächenstaat ein enormer Erfolg. Der Freistaat stellt dazu jährlich circa 600 Millionen DM Fördermittel zur Verfügung. Niemand in Deutschland fördert hier so wie wir. Der erkennbare ökologische Gewinn zeigt sich an der hohen Gewässergüte. Ein Vergleich der Gewässergütekarten der letzten Jahre und Jahrzehnte beweist: Die Gewässergüte der Flüsse hat sich deutlich verbessert: Über 60 % der Gewässer in Bayern gelten heute als "unbelastet" oder nur "mäßig belastet". Im Jahr 1970 erreichten gerade 20 % der bayerischen Gewässer diese Güteklasse. Alle bayerischen Seen haben mittlerweile hervorragende Badewasserqualität, der Tegernsee z. B. sogar Trinkwasserqualität.

    Wir werden darüberhinaus die Wasserqualität der vielen kleinen Seen in Bayern durch ein Programm zur Verminderung der Stoffeinträge aus der Landwirtschaft verbessern.

Luft und Klima

In der Luftreinhaltung gibt es große Erfolge. Der Ausstoß an Schwefeldioxyd pro erzeugter Kilowattstunde ist gegenüber 1976 um 98 % auf sensationelle 2 % zurückgegangen. Ein weiterer Erfolg ist z. B. der Ausstieg aus Produktion und Anwendung von Fluorchlorkohlenwasserstoffen.

Eine besondere Belastung geht vom Verkehr aus. Eine deutliche Verbesserung müssen wir bei den NOx-Emissionen erreichen, die zu 70 % auf den Verkehr zurückgehen.

Bei Spitzenbelastungen müssen wir auch Verkehrsbeschränkungen akzeptieren. Bayern hat bereits im letzten Sommer die vor wenigen Tagen beschlossenen Fahrverbote für nicht schadstoffarme Fahrzeuge bei erhöhten bodennahen Ozonwerten gefordert. Wir treten dafür ein, daß Pkw ohne Katalysator ab dem Jahre 2000 bei uns grundsätzlich nicht mehr fahren dürfen.

Ich weiß, daß dies für manche ein harter Eingriff in ihr Eigentum ist. Aber wer ohne Katalysator fährt, belastet unsere Umwelt erheblich.

Treibhauseffekt und Ozonloch zeigen, daß der Schutz von Luft und Klima in hohem Maße internationale Anstrengungen erfordert. Gerade dazu fordern wir von der Europäischen Union die Harmonisierung des Umweltrechts auf hohem Niveau. Der Freistaat unterstützt nachdrücklich das Ziel der Bundesregierung, den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2005 um mindestens 25 % zu senken.

Ich stelle fest: Niemand ist dabei so weit wie Deutschland. Nur Deutschland und Dänemark wollen den CO2-Ausstoß verringern. Nach Rio wäre es schon ein Fortschritt, wenn er sich nicht erhöht.

Natur und Landschaft bewahren

Im Naturschutz spiegelt sich die Sehnsucht des modernen Menschen nach ursprünglicher Natur. Wir werden unsere Bemühungen verstärkt fortsetzen, Natur und Landschaft zu schützen. Naturschutz kann sich nicht auf einzelne, besonders wertvolle Schutzgebiete beschränken.

Europäisches Naturschutzjahr

Das Motto des Europäischen Naturschutzjahres 1995 "Naturschutz außerhalb von Naturschutzgebieten" greift diesen Gedanken auf: Naturschutz ist nur erfolgreich, wenn er auch auf den land-, forst- und wasserwirtschaftlichen Flächen beachtet wird. In Bayern führen wir zum Europäischen Naturschutzjahr zusammen mit Verbänden in jedem Regierungsbezirk Schwerpunktprojekte durch.

Naturschutzgesetz

Klassischer Naturschutz ist wichtiger denn je. Dem werden wir durch die zeitgemäße Ausgestaltung des Bayerischen Naturschutzgesetzes noch in dieser Legislaturperiode Rechnung tragen. Darüber haben konstruktive Gespräche mit den Verbänden begonnen. Wir fordern den Bund auf, das Bundesnaturschutzgesetz möglichst schnell zu novellieren. Wenn bis Mitte 1996 kein Entwurf des Bundes vorliegt, werden wir im bayerischen Gesetz

Die Staatsregierung will eine möglichst landesweite umweltverträgliche Nutzung der Landschaft:

Umweltverträgliche Land- und Forstwirtschaft

Die Erhaltung unserer Kulturlandschaft, unserer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt sowie des Naturhaushalts muß mit der Erzeugung von Nahrungsmitteln und nachwachsenden Rohstoffen in Einklang gebracht werden.

Der Auftrag der Landwirtschaft war es immer, die Ernährung der Bevölkerung sicherzustellen, auch um den Preis einer zunehmenden Belastung der Natur durch Intensivierung. Heute ist in Europa die Ernährung gesichert. Die Erhaltung der Natur gewinnt auch deshalb einen höheren Stellenwert.

Bayern hat dank seiner bäuerlichen Landwirtschaft die negativen Folgen der Intensivierung weitgehend vermieden. Auch deshalb verlangen wir von der EU wieder mehr eigenständige Gestaltungsmöglichkeiten für Bund und Länder in der Agrarpolitik. Das schließt eine Rückverlagerung von Kompetenzen der EU mit ein.

Die Landwirtschaft hat ein ureigenes Interesse am Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen. Dieser Schutz wird durch die bäuerliche Landwirtschaft am besten gewährleistet. Was der Naturschutz heute für schützenswert hält, ist vor allem das Ergebnis jahrhundertelanger bäuerlicher Landschaftspflege. Bauern sind Landschaftspfleger, nicht Umweltverschmutzer.

Umweltverträgliche Landwirtschaft wird von der Staatsregierung nachdrücklich unterstützt:

    Kulturlandschaftsprogramm

  1. Seit 1988 unterstützen wir als erstes Land in der Europäischen Union Extensivierungsmaßnahmen und die Verringerung des Einsatzes von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln mit dem Kulturlandschaftsprogramm .

    Von 1993 bis 1997 stehen dafür insgesamt 1,2 Milliarden DM zur Verfügung, davon 662 Millionen DM aus Landesmitteln und 538 Millionen DM von der EU.

    Weit mehr als die Hälfte der bayerischen Betriebe mit annähernd 3 Millionen Hektar Fläche nehmen daran teil. Dies sind annähernd drei Viertel der landwirtschaftlich genutzten Flächen in Bayern.

    Ökologischer Landbau

  2. Bayern fördert mit über 40 Millionen DM den Landbau ökologischen Landbau wie kein anderes Land, weil er beispielhaft für nachhaltige Landwirtschaft steht. Wir fördern damit auch spezielle Markenprogramme in der Agrarwirtschaft.

    Seit 1988 hat die staatliche Technikerschule für Landbau in Landshut/Schönbrunn die Fachrichtung ökologischer Landbau. Diese Schule ist einmalig in ganz Deutschland.

    Aktionsprogramm Stickstoff 2000

  3. Mit dem "Aktionsprogramm Stickstoff 2000" fördern wir umweltschonende Gülletechnik. Damit reduzieren wir die Stickstoffemissionen aus der Landwirtschaft in den nächsten fünf Jahren auf die Hälfte. Dafür wenden wir pro Jahr 13 Millionen DM auf.

    Forstwirtschaft

  4. Naturnahe und nachhaltige Forstwirtschaft ist in Bayern ein Markenzeichen aktiven Umweltschutzes.

    Unser Ziel ist, den Wald insgesamt als hochwertiges Ökosystem zu erhalten. Der Wald ist und bleibt auch langfristig die Existenzgrundlage für unsere Waldbesitzer. Gerade aber weil der Wald als Lebens- und Regenerationsraum für Mensch , Tier und Pflanzenwelt unersetzlich ist, kam für uns eine rein wirtschaftlich orientierte Privatisierung des Staatsforstes nicht in Betracht. Leitlinie für unsere Forstreform ist auch die Sicherung der Gemeinwohlfunktion des Waldes.

    Mit der drastischen Reduzierung der Schwefeldioxidemissionen haben wir den sauren Regen als eine der vermeintlich größten Ursachen der Waldschäden vermindert. Auch die Stickstoffeinträge werden wir weiter reduzieren. Um den Aufwuchs von Mischwäldern ohne besondere Schutzmaßnahmen zu ermöglichen, haben wir die Wildabschußzahlen erhöht. Für uns gilt der Grundsatz "Wald vor Wild".

Ökologisch orientierte Siedlungspolitik

Leben und Wirtschaften im Einklang mit Natur politik und Umwelt - dies bedeutet für uns auch umweltgerechte Siedlungspolitik.

Die zunehmende Zersiedelung der Landschaft und die Verkehrsprobleme, vor allem in den Ballungsräumen, sind auch Folgen eines rapiden Wandels in der Stadt- und Siedlungspolitik in unserem Jahrhundert. Die früher selbstverständliche Verknüpfung verschiedener Lebens- und Tätigkeitsbereiche ist verlorengegangen.

Ökologische Raumnutzung

Ökologische Siedlungspolitik muß einer ökologischen Raumnutzung im ganzen Land gerecht werden. Die Staatsregierung hat daher, teilweise gegen Widerstand der Kommunen, im Landesentwicklungsprogramm 1994 festgelegt:

Eine Stadtplanung, die die Bedürfnisse nach überschaubaren Nachbarschaften und nach einer naturnahen Umwelt nicht berücksichtigt, fördert Vereinzelung, Gewalt und Vandalismus. Städte ohne Natur treiben immer mehr Menschen zu Wochenend- und Freizeitflucht in die Erholungsgebiete.

In einer lebendigen, vielfältigen Stadt gehören Wohnen und Arbeiten zusammen. Das verlangt Rücksichtnahme und Toleranz von beiden Seiten. Es ist schizophren, im Namen von Lärm- oder Umweltschutz die Auslagerung von Betrieben zu verlangen und andererseits den daraus resultierenden Verkehr zu beklagen.

Ökologischer Städtebau/Dorf-Ökologie

Ökologische Stadt- und Dorferneuerung ist nicht nur Grün- und Landschaftsgestaltung oder die Durchführung von Energiesparmaßnahmen. Ökologische Planung bezieht alles ein, was dem umfassenden Schutz unseres Lebensumfeldes dient.

Bayern setzt Maßstäbe für ökologischen Städtebau und ökologische Dorferneuerung:


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