hide random home http://www.bayern.de/Politik/Regierungserklaerungen/1995-07-19/kap2.html (Einblicke ins Internet, 10/1995)

2. Neue umweltpoltische Instrumente

Es genügt nicht, Umweltvorschriften gesetzlich zu beschließen oder zu verordnen. Umweltschutz muß in den Köpfen und Herzen der Menschen verankert sein. Für die umweltpolitischen Instrumente der Staatsregierung gilt deshalb:

    Keine Beschränkung auf Ordnungsrecht

  1. Wir brauchen ein maßvolles und wirksames Ordnungsrecht.

    In Deutschland gelten heute bereits über 800 Umweltgesetze, 2.770 Umweltverordnungen und rund 4.690 Verwaltungsvorschriften.

    Immer mehr Bürokratie, immer mehr Überwachung, immer mehr Kosten, immer mehr Vollzugsdefizite. Das Umweltrecht wird immer unübersichtlicher. Welcher Mittelständler kann sich in diesem Paragraphendschungel noch zurecht finden?

    Das kann so nicht weitergehen. Wir unternehmen daher große Anstrengungen in Richtung Deregulierung und Verwaltungsvereinfachung. Gleichwohl können wir auf vernünftige, effiziente und vollziehbare Gesetze nicht verzichten. Wir beschränken uns aber nicht allein auf Ordnungsrecht.

    Kooperation

  2. Wir setzen verstärkt auf Kooperation:

    In einer bisher einmaligen Initiative handelt die Staatsregierung derzeit mit der bayerischen Wirtschaft eine freiwillige Vereinbarung für mehr Umweltschutz, den "Umweltpakt 2000", aus.

    Bis zum Jahr 2000 wollen wir wichtige Schritte im Umweltschutz gemeinsam tun:

    Das gilt besonders für

    Wir wollen eine umfassende freiwillige Vereinbarung auf dem Gebiet des Umweltschutzes, wie es sie bisher in Deutschland noch nicht gegeben hat. Ich bin der bayerischen Wirtschaft dankbar, daß sie bereit ist, den neuen Weg zum kooperativen Umweltschutz mitzugehen. Wir können hier neue Maßstäbe setzen.

    Gemeinsame Verantwortung

    Grundlage ist dabei das Prinzip der gemeinsamen Verantwortung. Der Staat muß auch künftig die Ziele setzen. Aber für die Wege, die dorthin führen, können und müssen wir verstärkt den Sachverstand der Wirtschaft nutzen.

    Kooperative Umweltpolitik setzt auf ökonomische Anreize, freiwillige Vereinbarungen und Information. Marktwirtschaftsverträgliche Instrumente sind neben Steuern und Gebühren auch Versicherungspflichten, direkte Zuschüsse, Selbstverpflichtungen, die Privilegierung umweltfreundlicher Produkte und das neue EU-Öko-Audit.

    Öko-Audit

    Im Öko-Audit unterziehen sich Unternehmen freiwillig einer umfassenden und systematischen ökologischen Betriebsuntersuchung. Sie verpflichten sich zu kontinuierlichen Verbesserungen im betrieblichen Umweltschutz.

    Je mehr die Betriebe Eigenverantwortung übernehmen, um so mehr wollen wir sie von staatlicher Kontrolle und Reglementierung befreien. Das Verfahren eröffnet Möglichkeiten zur Deregulierung und Verwaltungsvereinfachung. Genehmigungsverfahren könnten vereinfacht werden, ohne den materiellen Umweltschutz oder auch die Öffentlichkeitsbeteiligung zu beschränken.

    Den Umweltpakt 2000 wollen Staatsregierung und Vertreter der bayerischen Wirtschaft noch in diesem Jahr präsentieren. Bereits heute zeichnen sich folgende Maßnahmen ab:

    Ökonomische Anreize verstärken

  3. Wir wollen die ökologischen Elemente im Steuer- und Abgabenrecht verstärken.

    In einer Marktwirtschaft hat alles seinen Preis. Weil aber Natur und Landschaft und viele andere Umweltgüter nicht ausreichend in die Kalkulation der Preise unserer Wirtschaftsgüter einfließen, müssen wir ökonomische Anreize für einen sparsamen Umgang mit ihnen verstärken.

    Ziel einer marktwirtschaftlichen Umweltpolitik muß es sein, die Rahmenbedingungen für die Preise schrittweise so zu verändern, daß es für den einzelnen Bürger oder das Unternehmen auch wirtschaftlich vorteilhaft ist, sich umweltfreundlich zu verhalten.

    Ablehnung einer ökologischen Steuerreform

    Die von den Grünen geforderte ökologische Steuerreform lehnen wir jedoch entschieden ab:

    Ihre Politik privilegiert Reiche, führt zu einer ökologisch verordneten Klassengesellschaft und vernichtet Arbeitsplätze! Dazu kann ich nur sagen: Nicht mit uns!

    "Ich prophezeihe Schmerz und Tränen. Die Grünen sind eine Gefahr für Deutschland", so der SPD-Abgeordnete Hermann Rappe, Vorsitzender der IG Chemie. Der Mann hat recht! Aber in der SPD hat er nichts mehr zu sagen.

    Wer so wie die Grünen im nationalen Alleingang auf einen Schlag Energie- und Umweltsteuern um rund 70 Milliarden DM pro Jahr erhöhen will, fährt einen Frontalangriff auf Bürger und Wirtschaft. In umweltsensiblen Industrien arbeiten immerhin 1,9 Millionen Menschen. Ganze Regionen wie z. B. Ostbayern mit seinen energieintensiven Branchen wären zum wirtschaftlichen Niedergang verurteilt.

    Meine Damen und Herren von der Opposition: Wollen Sie wirklich energieintensive Arbeitsplätze in Nachbarländer mit niedrigerem Umweltstandard vertreiben? Wir wollen das nicht! Das wäre umweltpolitisch kontraproduktiv, industriepolitisch kurzsichtig und arbeitsmarktpolitisch verheerend!

    Der SPD müßte das Wort Ökosteuer schon im Hals steckenbleiben: Es ist an Schizophrenie nicht zu überbieten, die Kohle zu subventionieren, um sie anschließend mit einer CO2-Steuer belastet zu verheizen!

    SPD und Grünen fällt wie immer nichts anderes ein, als immer mehr und immer höhere Steuern. Schon einmal haben die Linken in Deutschland die Belastbarkeit der Wirtschaft getestet - mit verheerenden Folgen für die Arbeitsplätze. Einmal reicht! Wir wollen keine Erhöhung der Steuerlast durch Öko-Steuern. Wir wollen auch keine generelle Umstellung auf Öko-Steuern, die eigentlich nach und nach versiegen müßten, wenn sie tatsächlich greifen. Wir werden Ökoziele im Steuerrecht behutsam verankern.

    Öko-Ziele behutsam ins Steuerrecht einbauen

    Schon bisher sind Ökoziele im Steuerrecht berücksichtigt, z. B. die Katalysatorförderung bei der Kraftfahrzeugsteuer, die Spreizung des Mineralölsteuersatzes für bleifreies und bleihaltiges Benzin, die Mineralölsteuerbefreiung für sog. Biosprit. Jetzt haben wir die Mineralölsteuer für erdgasbetriebene PKW auf den EU-Mindestsatz gesenkt. Wir sind offen für jede verkraftbare Umsteuerung, wir wollen ökologische Elemente im Steuerrecht behutsam und aufkommensneutral ausbauen.

    Wir treten ein für:

    Wir müssen in diesen zentralen Steuerfragen europaweit handeln. Alles andere führt zu weiteren Wettbewerbsnachteilen für die deutsche Wirtschaft und gefährdet damit deutsche Arbeitsplätze. Deshalb ist das Plädoyer des Bundeswirtschaftsministers für nationale Öko-Steuern schon im Ansatz verfehlt. Im übrigen nützt dies auch der Umwelt am meisten.


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