Ente auf Umwegen

Meine drei Kinder und ich bekamen vom Weissen Ring einen
Erholungsurlaub geschenkt.
Für uns war das eine Fahrt ins Ungewisse, denn wir bekamen
eine Adresse eines Schlosshotels nahe Coburg und mehr
wussten wir nicht.
Unsere gelbe Ente sah ganz schön überladen aus,
denn die kleine Jasmin musste ja unbedingt ihren
Korbpuppenwagen mitnehmen und Tanja fand es
sinnvoll, eine ganze Spielzeugkiste reinzuquetschen,
denn das Wetter liess zu wünschen übrig.
Irgendwie konnte ich unsere Zahnbürsten da noch zwischen stecken.
Am Urlaubsort angekommen, waren wir nicht die einzigen,die
zur selben Zeit vom Weissen Ring hierhergeschickt wurden.
Unter anderem waren zwei junge Frauen aus Berlin hier.
Die langweilten sich den ganzen Tag, da sie ohne Auto da
waren und es kaum Busverbindungen gab.
Meine älteste Tochter und ich fuhren jeden Abend nach Sonneberg
in eine tolle Disco. Da war immer was los, die Leute waren nett und
lustig. Eigentlich wären es nur 5 Km Entfernung von unserem
Hotel aus. Aber durch Strassenbaumassnahmen musste man
Umwege von gut 10 Km in Kauf nehmen.
Eines Abends wollten die beiden Berlinerinnen mit in die
Disco. Sie waren gross und schlank und haben sich ganz toll
angezogen. Da es schon etwas spät geworden ist, versuchte ich,
eine Abkürzung zu nehmen.
Der Feldweg vor der Absperrung führte zwar direkt in den Wald,
aber es sah so aus, als könnte man die Baustelle auf kurzem
Wege umgehen.
Leider hörte im Wald der befestigte Weg plötzlich auf.
Es war nur noch weicher Boden und Laub vor uns.
Ich musste unbedingt eine geeignete Stelle zum Umkehren finden.
Es gab aber keine Möglichkeit. Rechts gings steil nach oben und
links nicht weniger steil nach unten. Ausserdem sind die Vorderräder
inzwischen steckengeblieben.
Da wir ohnehin schon Blut und Wasser schwitzten, war es ja direkt
angenehm, dass es zu Regnen anfing.
Es war stockdunkel, bis auf die Entenlichter. Da wir uns ausserdem
noch sehr nahe der damaligen DDR-Grenze befanden, wurde es
uns noch mulmiger im Magen.
Wir beredeten, was es für Möglichkeiten gibt.
Entweder warten, bis der Morgen graut und uns vielleicht ein paar
Waldarbeiter oder ein Förster entdecken?
Oder zu Fuss versuchen aus dem Wald zu finden, sodass ein Bauer
die Ente rauszieht?
Schliesslich entschieden wir uns doch, alle auszusteigen und die
Ente Meter für Meter zu schieben, bis sie wieder auf einigermassen
festem Boden landet.
Schwierig war es, da die Ente keine Rückstrahler besass. Man
sah nichts.
Unsere beiden Frauen standen mit ihren Discoschuhen bis über
die Knöchel im Schlamm.
Aber irgendwie schafften wir es!
Von Wegen nach Hause! Die Disco haben wir jetzt gerade verdient.
Der erste Weg führte allerdings zu den Waschbecken, damit
man wieder was von den Schuhen erkennen konnte.
Der restliche Schlamm wurde abgetanzt.
Meine Ente liess sich in Zukunft nicht mehr zu solchen
"Abkürzungen" verführen.
 
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