© 1995 Christo & Luebbe Verlag
Sitzung des Kuratoriums für das Reichstags-Projekt am 6. Dezember 1980
im Haus von Otto Wolff von Amerongen in Köln
Von links nach rechts: Peter Graf von Metternich, Walter Scheel, Christo, Otto Wolff von Amerongen.
Foto: Wolfgang Volz
Aber vom Reichstags-Projekt ist nichts zu sehen, nichts zu hören. Vom Kuratorium kommen auch keine neuen Meldungen.
Auf Einladung der Leitung der Ausstellung anläßlich des hundertsten Jubiläums des Kölner Doms macht Christo eine Zeichnung mit dem Titel "Mein Kölner Dom", und diese wird auch als Plakatvorlage ausgewählt. Das Original von Christos Zeichnung hängt dann am Eingang der Ausstellung. Der Leiter der Kölner Museen, Prof. Hugo Borger, führt anläßlich der Eröffnung Bundespräsident Karl Carstens durch die Ausstellung. Borger zeigt ihm Christos Zeichnung und fragt ihn, ob er in der Zwischenzeit, durch die veränderten politischen Umstände in Deutschland, nicht für die Verhüllung des Reichstages sei.
Carstens antwortet spontan, ja - er habe seine Meinung geändert, aber nun sei das Sache seines Nachfolgers. Karl Ruhrberg ist anwesend und teilt dies Christo und Jeanne-Claude in einem Brief vom 22. Oktober mit. Das ist ein wichtiger Schritt, und Christo bittet Karl Ruhrberg darum, das Kuratorium einzuberufen. Auf der Sitzung am 6. Dezember bei Otto Wolff von Amerongen sind anwesend: Christo, Jeanne-Claude, die Gebrüder Maysles, die einen Film über das Reichstags-Projekt drehen, Herr und Frau v. Amerongen, Gräfin Wolff-Metternich und Graf Peter Metternich, Walter Scheel, Karl Vogel, Tilmann Buddensieg, Karl Ruhrberg, Wulf Herzogenrath, Direktor des Kölner Kunstvereins, der Christo um die Kölner-Dom-Zeichnung gebeten hatte, Wolfgang Volz, Heinrich Senfft und Cullen.
Als Christo anfängt, über sein Projekt zu sprechen, unterbricht ihn Walter Scheel mit der Bemerkung, daß er es nicht nötig habe, das Projekt zu erklären, jeder kenne es und jeder wolle es. Es gehe vielmehr darum, Wege zu finden, das Projekt zu realisieren. Nachdem der gesamte bisherige Verlauf in allen Verästelungen erzählt ist, wobei jeder seine persönlichen Erfahrungen, aber auch Gelesenes in die Diskussion einwirft, kommt man zu dem Schluß, daß man direkt versuchen sollte - da Carstens jetzt seine Meinung geändert habe -, mit Richard Stücklen Kontakt aufzunehmen und um eine neuerliche Prüfung der Frage zu bitten.
Am 15. Dezember 1980 trifft Walter Scheel Richard Stücklen in München. Aus dem Gespräch geht hervor, daß Stücklen sich an Carstens Entscheidung von 1977 gebunden fühle und daß er von einer änderung dessen Meinung nichts wisse; aber Scheel hat auch den Eindruck, daß Stücklen sehr wohl zu einer neuen Prüfung bewegt werden könnte, wenn Carstens direkt mit ihm spräche. Carstens verspricht, bei Gelegenheit mit Stücklen zu sprechen und ihm zu sagen, daß er sich nicht mehr an seine Entscheidung gebunden fühlen müsse. Otto Wolff von Amerongen und Walter Scheel werden aktiv.