© 1995 by Christo & Luebbe Verlag
Besuch bei Günter Gaus in der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik in Ost-Berlin. - Nachmittags: Gespräch mit dem Kultursenator Dr. Sauberzweig.
Christo will zwei Ingenieure mitbringen - Jim Fuller und Mitko Zagoroff, mit denen er bereits seine bisherigen Projekte abgewickelt hat. Es soll ein Termin für beide vereinbart werden, damit sie die Türme und das Dach des Reichstagsgebäudes besichtigen können. Der Stern will eine große Reportage publizieren und bittet, zu allen Terminen einen Reporter und einen Fotografen mitzunehmen. Christo läßt auch wissen, daß er nach Mittwoch, dem 25. Mai, Zeit für eventuelle Gespräche in Bonn habe. Er teilt Cullen mit, daß er einen Journalisten und die Gebrüder Maysles (Christos Filmteam) aus New York mitbringen möchte, wenn die Genehmigung zur Teilnahme an einigen Sitzungen, besonders mit den Alliiertenvertretern, erreicht werden könne. Am 29. April teilt der amerikanische Gesandte Cullen mit, daß dagegen nichts einzuwenden sei. Der Termin vor dem Kunstausschuß soll zunächst nicht veröffentlicht werden, da es Widerstand bei der CDU gibt.
Ende April muß Klaus Schütz zurücktreten und Dietrich Stobbe wird Regierender Bürgermeister von Berlin.
Cullen stellt eine Dokumentation der bisherigen Arbeit an dem Projekt zusammen und verteilt sie an alle Beteiligten sowie an die Presse. Sie ist als Unterlage für die Pressekonferenz im Reichstagsgebäude gedacht. Das Trommelfeuer konservativer Zeitungskreise gegen das Projekt geht ebenso weiter wie zustimmende Beiträge linksliberaler Kreise. Walther Schmieding veröffentlicht einen langen Bericht im Deutschen Allgemeinen Sonntagsblatt am 10. April als Gegenstück zu einem negativen Bericht der Deutschen Wochenzeitung. Newsweek bringt am 11. April eine kleine Meldung mit Abbildungen des nicht verhüllten und des verhüllten Reichstagsgebäudes nebeneinander.
Die äußerste Rechte trifft sich mit der äußersten Linken in einhelliger Verurteilung des Projekts. So ergänzt die SEW-Zeitung Die Wahrheit am 21. April ihre Bemerkung, daß der Ungeist des Hauses nicht konserviert werden dürfe, mit der überflüssigen, suggestiven äußerung, daß man bisher nicht herausfinden konnte, ob Standard Oil als Mäzen hinter diesem denkwürdigen künstlerischen Ereignis stecke. Die CDU-Zeitung Berliner Rundschau behauptet, daß das "Maß voll" sei. In Berlin trifft sich der Kreisverband der CDU und beschließt, eine Verhüllung nicht zu befürworten. Nach wie vor werden Leserbriefe abgedruckt, die gegen eine Verschwendung von Steuergeldern sind. Am 4. Mai findet eine Sitzung des Haushaltsausschusses des Bundestags statt, auf dessen Tagesordnung das Christo-Projekt steht. In der Zeit vom 6. Mai wird berichtet, Richard Stücklen habe keine "künstlerischen Einwände gegen den von seinem Fraktionskollegen Johnny Klein lebhaft geförderten Plan, den Reichstag von Berlin von dem Verpackungskünstler Christo verhüllen zu lassen". Das Programm von Christos Besuch wird am 14. Mai im Tagesspiegel veröffentlicht.
Auf dem Dach der ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland in
Ostberlin, Mai 1977.
Von links nach rechts: Dimiter Zagoroff, Christo, Rainer
Haarmann und Christan Nakonz. Im Hintergrund das Reichstagsgebäude
Foto: Wolfgang Volz
Rudolf Glagow ist der Meinung, daß man am besten den Freiraum für künstlerische Aktivitäten den Künstlern überlassen solle, und zum Reichstagsgebäude sagt er: "Gerade der Reichstag ist . das Gebäude, das am ehesten und am meisten, beinahe als einziges überhaupt in der gesamten Stadt, die Situation der deutschen Gegenwart . am ehesten und am besten sichtbar machen kann." Ulrich Roloff sieht die eigentliche Frage darin, ob das Projekt eine Verunglimpfung des Reichstages sei und kommt zu dem Schluß, daß er nicht dieser Meinung sei. Kunst sei vielmehr Sichtbarmachung, und diese Sichtbarmachung werde schon in der Presse seit einiger Zeit deutlich. "Wenn Herr Hildebrandt gesagt hat, daß der Reichstag schon genug verpackt ist, dann meine ich, daß diese Verpackung . offensichtlich bei der Bevölkerung nicht angekommen ist bisher, denn sie betrachtet das nicht als Verpackung, sondern . als einen ganz normalen Steinhaufen, der dahingestellt worden ist, der irgend etwas ausdrücken soll. Nur was er ausdrücken soll, wer weiß das eigentlich?" Er meint, daß die Problematik dieses Hauses durch ein solches Projekt bis zu den Fidji-Inseln bekannt werde. Schließlich werde ein Prozeß des Nachdenkens in der Bevölkerung einsetzen, und dies sei zu begrüßen.
Aus dem Publikum kommen Fragen bezüglich der Finanzierung, und Christo beantwortet sie, indem er seine Finanzierungsmethode erklärt.
Aus dem Publikum kommt eine andere Stimme: "Ich halte das ganze Projekt . für einen wahnsinnig megalomanischen Nonsens, und es ist nichts weiter als erzreaktionäre Schaumschlägerei . ist es wirklich faßbar, daß auch Vertreter der Sozialdemokratischen Partei, Genosse Glagow, hier reden von einem sehr unnützen Projekt, ... Menschenrechtsorganisationen - es geht um Chile, es geht um Südafrika - ... Da setzen Sie sich hier hin und debattieren in dieser Weise über diese Dinge. Sie setzen sich hin und reden über dieses dämliche 1,5-Millionen-Projekt, womöglich noch die Verschwendung der Gelder, die unsere Arbeitnehmer auch für dieses Projekt ausgeben. ... Wenn Christo Leute oder Sachen verpacken will, gibt es kleinere Objekte, das kann er machen." (Heiterkeit, Beifall.)
Christo antwortet, daß er zuallererst Künstler sei. Künstlerische Freiheit sei für ihn ebenso wichtig wie Menschenrechte. Sie gehöre zu den Menschenrechten. Im übrigen nehme er nicht Geld von Arbeitern, um sein Projekt zu machen, sondern bezahle Arbeiter, damit sein Projekt realisiert werden könne. Der Moderator Roland Wiegenstein schließt sich Christo an. Christo sei ebensosehr von humanitären Wünschen beseelt wie die Person, die sich gemeldet habe.
Christo schließt die Diskussion: Mehr als eine halbe Million Menschen seien in sein Projekt "Running Fence" einbezogen. Die Menschen würden ein Teil des Projektes. Die dynamische Situation - das organische Wachsen des Projektes - sei ein wesentlicher Teil davon: "Die dynamischen Beziehungen sind wichtige Teile dieses Werks. Sie alle sind freiwillig hierhergekommen, zum Beispiel. Niemand zwang Sie dazu." Daß die ursprüngliche Idee nicht von ihm stamme, betrachte er nicht als ein Manko, sondern als ein Plus für das Projekt, denn es zeige, daß er mit seinen Gedanken in den Köpfen vieler spuken könne. Es sei nicht anders gelaufen mit seinem australischen Projekt "Wrapped Coast". Im übrigen habe es viele Fehlschläge gegeben. Wenn es nicht dazu käme, werde er eines Tages vielleicht auch hier seinen Fehlschlag zugeben müssen.
Christo erklärt das Reichstags-Projekt vor dem
Kulturausschuß
des Berliner Abgeordneten Hauses, 23. Mai 1977
Rechts der Dolmetscher Dieter Weber
Foto: Wolfgang Volz
Christo gibt eine Erklärung ab, in der er seinen bekannten Standpunkt und seine Ansichten über Berlin entwickelt. Er zeigt eine Reichstags-Collage und sagt, daß die eigentliche Verhüllung lediglich der Schlußakt des gesamten Projektes sein werde. Somit werde das Reichstagsgebäude zu einer ganz neuen Erfahrung werden. Er erklärt, daß sein Projekt niemals ein Präzedenzfall sei, er habe noch nie einen Nachfolger gehabt, weder bei seinen Projekten in Australien noch in Colorado noch in Kalifornien. Es werde bestimmt auch hier nicht der Fall sein. Das, was er vorhabe, habe nur Bedeutung durch das Reichstagsgebäude. Schließlich möchte er betonen, daß er keinerlei Steuergelder verlange. Roloff führt - ohne inhaltlich Stellung zu nehmen - drei Vorteile des Projekts an: Zum einen glaube er, daß die Diskussion um die Verhüllung Kreise erfassen werde, die sich noch nie mit zeitgenössischer Kunst beschäftigt hätten. Diese Diskussion werde mehr Nutzen bringen als viele Kunstausstellungen zusammengenommen. Daß das Projekt keine Steuermittel verschlinge, erleichtere ihm seine Zustimmung ganz außerordentlich. Schließlich erwarte er, daß es zu einer eingehenden Beschäftigung mit dem Reichstagsgebäude und dessen Bedeutung für Deutschland kommen werde. Glagow vertritt die Meinung, daß es die Funktion des Ausschusses sei, Kunst in Berlin möglich zu machen. Schließlich würde das Projekt Berlin in einem positiven Sinn wieder ins Gespräch bringen. Ursula Besser (CDU) meint, für alle Berliner zu sprechen, wenn sie sagt, dies sei nicht die Art, "die die Berliner für richtig hielten". Es sei dahingestellt, inwieweit dieses Spektakel unter Kunst einzuordnen sei. Sie hielte es hier für ein "großes finanzielles Geschäft", ohne näher bestimmen zu können, wer den Profit davon habe." Es ist kein Kriterium der Kunst, wenn die Gefühle der betroffenen Bevölkerung, die sehr wohl weiß, was der Reichstag bedeutet, verletzt werden. Es ist notwendig, daß auch einmal die Meinung des Berliners, der hier wohnt, zum Ausdruck kommt und nicht irgendwelche sehr gekünstelten Auffassungen."
Kultur-Senatsrat Peter Nestler erklärt, daß in dem neuen Senat die Meinungsbildung noch nicht abgeschlossen sei. Seine persönliche Meinung sei, daß es für Berlin von großem Vorteil wäre, dieses Projekt realisieren zu lassen. Dieter Biewald resümiert, daß er es für bedauerlich hielte, wenn im neuen Senat keine abschließende Meinung dazu bestünde und wenn der neue Regierende Bürgermeister es ablehne, sich zu dem Projekt zu äußern. Christo wird für sein Erscheinen gedankt.
Um 15.00 Uhr treffen Christo, Cullen und Volz mit Vertretern der Alliierten im Amtszimmer des amerikanischen Missionschefs Scott George zusammen. Alle drei Vertreter - Scott George, USA, John Lambert, Großbritannien, und Pierre Landy, Frankreich - geben zu, daß sie bereits von der Berliner Regierung im Namen des Bundestages über ihre Haltung befragt worden und der Meinung seien, daß das Projekt eine deutsche Frage sei, in die sie sich nicht einzumischen gedenken.
Christo mit Vertretern der Allierten im Büro von Georg Scott, 23. Mai
1977.
Von links nach rechts: John Lambert (U.K.), Pierre Landy (Frankreich),
Scott George (USA)
Foto: Wolfgang Volz
Nach weiteren Bemerkungen beantwortet Jim Fuller die Fragen von einigen Pressevertretern. Er wird gefragt nach seinem Treffen mit Politikern, wobei er zum ersten Mal bekanntgibt, daß er sich am kommenden Donnerstag mit CDU-Generalsekretär Kurt Biedenkopf in Bonn treffen werde. Auf die Frage nach eventuellen Komplikationen mit der Ostseite antwortet Jim Fuller, daß es sehr wohl Schwierigkeiten geben könnte, aber keine unüberwindlichen. Man würde allerdings vom Einsatz von Maschinen absehen und eventuell die Verhüllung dieser Seite mühsam manuell bewerkstelligen müssen. Auf die Frage, wer die Kosten bei Nichtrealisierung des Projektes trage, antwortet Christo, daß bereits alle Kosten durch seine Arbeiten abgedeckt seien. Auf die Frage einer Journalistin nach dem Stand der Verhandlungen mit den Behörden gibt Cullen ein Resümee. Jim Fuller spricht von den möglichen Problemen durch extrem strenge Bauauflagen. Nach seinen Erfahrungen könnten aber auch diese berücksichtigt werden. Ob man etwas über die Haltung der Sowjetunion wisse, wird gefragt. Christo antwortet, daß die Sowjetunion sich bisher nicht offiziell geäußert habe, in der Prawda sei jedoch ein kleiner Artikel erschienen mit der Empfehlung, die Berliner Regierung möge sich ernsthafteren Dingen, z.B. der Arbeitslosigkeit, zuwenden. Er sei im übrigen beim Auftreten internationaler politischer Probleme jederzeit bereit, das Projekt abzubrechen. Ein Journalist fragt, ob schon überlegt worden sei, eine Meinungsumfrage in der Öffentlichkeit zu veranstalten. Christo antwortet, daß dies von unabhängiger Seite geschehen müsse, er verweist aber auf die Rundfunksendung "Füttern erlaubt", in der das Ergebnis 60:40 für ihn ausgefallen sei. Christo schließt mit der Bemerkung, daß es erheblich komplizierter sei, eine Genehmigung für das Projekt zu bekommen, als dies beim Running-Fence-Projekt der Fall war: einmal, weil die Entscheidungsinstanz so hoch angesiedelt sei, und zum anderen, weil die Entscheidungsinstanz - Bonn - nicht am Ort des Geschehens - Berlin - sei.
Nachmittags findet das Gespräch im Aspen-Institut statt. Neue Erkenntnisse sind aber nicht zu gewinnen.
Am Dienstag wird bekannt, daß Karl Carstens Christo zu sprechen wünsche. Christo beschließt, Carstens aufzusuchen, und veranlaßt Cullen, einen Termin zu vereinbaren. Man erfährt am Dienstagabend auch, daß der Justizsenator Jürgen Baumann das Projekt vor den Senat gebracht und leidenschaftlich dafür gesprochen habe.
Carstens sagt: "Ich bin sehr froh, daß ich Sie kennengelernt habe, und Sie haben mich in eine Diskussion über Kunst hineingebracht, für die ich Ihnen sehr dankbar bin. Ich glaube, daß Ihre Kunst sehr schön ist, und ich muß Ihnen ehrlich sagen, daß ich in den Wochen, seit wir uns das erste Mal begegnet sind, hin- und hergerissen bin zwischen einem positiven und einem negativen Bescheid ... Ich will Ihnen meine Gründe geben, es sind zwei, einen Grund werde ich der Öffentlichkeit sagen, den anderen Grund werde ich nicht öffentlich aussprechen.
Der erste Grund ist, daß ich glaube, daß Sie, Christo, glauben, die Diskussion, die sich um das Projekt entfacht hat, sei für Deutschland und den Reichstag vorteilhaft. Ich glaube es nicht, und meine Lektüre der Pressebeiträge und Kommentare in den letzten Monaten bestärkt mich in diesem Eindruck.
Der zweite Grund - wie gesagt, das wird nicht veröffentlicht - ist, daß ich Schwierigkeiten mit dem Osten befürchte. Ich glaube zwar nicht, daß ein Stück Tuch oder Gewebe, wenn es rüberflattern würde, von der DDR als Anschlag bewertet würde, aber dennoch glaube ich, daß die Leute dort einer positiven Entscheidung wenig Verständnis entgegenbrächten. Ich habe Gespräche mit den Vertretern der Alliierten Schutzmächte geführt, und dort bestehen auch Bedenken."
Christo nimmt das alles schweigend zur Kenntnis. Er hat mit allem gerechnet, nur nicht mit dieser Begründung. Jim Fuller fragt, ob die Diskussion nicht doch vorteilhaft sei, damit das Reichstagsgebäude die von Carstens angeführte Symbolkraft weiterhin behalte. Carstens antwortet, daß er diese Meinung nicht teile. Cullen fragt nach der Meinung des Berliner Senats, ob er diese Meinung nicht respektieren würde. Carstens antwortet, daß er die positiven und die negativen Ansichten aus dem Senat kenne, es gebe indessen keine einhellige Meinung. Seine Gespräche mit den Alliierten scheinen im übrigen zu einem anderen Ergebnis geführt zu haben als die Christos. Carstens hätte sich eine couragiertere Meinung aus Berlin gewünscht. Die Begegnung dauert etwa 35 Minuten.
Auf dem Weg zum Hotel versuchen Christo, Fuller und Cullen zu deuten, was passiert ist. Christo sagt, daß seien die gleichen Argumente gewesen, die man in der Berliner Morgenpost gelesen oder von deren Chefredakteur gehört habe. Cullen will nicht so sehr über Vergangenes als über Zukünftiges reden - was soll man tun? Jim Fuller ist der Meinung, daß Carstens' Antwort wie ein Maulkorb wirke und daß es sehr schwierig sein dürfte, die Diskussion in Gang zu halten.
Im Laufe der nächsten Stunde wird an einer Presseerklärung gebastelt. Christo sagt, daß darin zum Ausdruck kommen müsse, daß Carstens zu wenig Vertrauen in das Urteilsvermögen des deutschen Volkes setze. Dies müsse man anprangern, außerdem die Tatsache, daß er einen Dialog über die Identität der Deutschen und Berlins für unvorteilhaft halte. Christo will ansonsten nur deutlich machen, daß er nicht aufgeben werde. Um 17.30 Uhr, nachdem Christo abgereist und die Erklärung fertiggestellt ist, beginnt Cullen, die Redaktionen und Agenturen anzurufen. Dabei stellt sich heraus, daß man zu spät gekommen ist, Carstens' Presseerklärung ist bereits kurz nach 15.00 Uhr eingetroffen, in der Zwischenzeit sind alle Redaktionsmitglieder nach Hause gegangen; es ist Freitagnachmittag, Pfingsten, und es wird nicht möglich sein, Christos Erklärung vor Dienstag erscheinen zu lassen. Es stellt sich heraus, daß Carstens' Erklärung in der Minute an die Presse gegangen ist, in der Cullen, Fuller und Christo das Büro verlassen haben.
Prof. Carstens hat Christo zu einem, wie er sagte, >abschließenden Gespräch< am Freitag, dem 27. Mai 1977, um 14.30 Uhr empfangen. Anwesend waren, außer Christo und Prof. Carstens, Herr Schellknecht, Direktor der Bundestagsverwaltung, Herr Neusel, Leiter des persönlichen Büros des Präsidenten, sowie Michael Cullen und Jim Fuller, Christos Berater.
Prof. Carstens ist, wie er sagt, von Christo und seinem Werk beeindruckt, meint aber, der Reichstag sei ein Symbol der deutschen Einheit, und die Diskussion darüber sei dem Symbolcharakter des Hauses abträglich.
Christo ist darüber enttäuscht, daß Prof. Carstens so wenig Vertrauen in das Urteilsvermögen des deutschen Volkes setzt, daß er eine Diskussion über die Identität der Deutschen für abträglich hält. Er möchte Prof. Carstens deshalb sehr dringend bitten, seinen negativen Bescheid zu überdenken. Christo glaubt nämlich, daß sich die Deutschen eine Chance zur Auseinandersetzung mit einem sowohl künstlerischen als auch politischen Projekt wie dem vorgesehenen ungern nehmen ließen. Die bereits in der Presse angelaufene Diskussion beweist, daß die Journalisten in der Verhüllung des Reichstages eine wichtige Möglichkeit sehen, Probleme Berlins und der Bundesrepublik Deutschland, die von manchen lieber übergangen werden, aufzugreifen. Der Künstler empfindet es als außerordentlich bedauerlich, daß der Hausherr des Reichstages durch seine Verweigerung der Erlaubnis, dieses Gebäude zu verhüllen, eine so wichtige Diskussion abschneidet. Er ist deshalb entschlossen, weiter für die Realisierung seines Projektes zu arbeiten."