Die Staatsregierung beschloß mit Zustimmung des Landtags erstmals einen Abfallentsorgungsplan für Bayern, der zum 1. August 1995 in Kraft tritt. Der Plan stellt verbindliche Ziele und Leitlinien für die Abfallentsorgung im Freistaat auf.
Umweltminister Dr. Thomas Goppel betonte, daß der Vermeidung von Abfall oberste Priorität im Abfallentsorgungsplan eingeräumt wird. Unvermeidlicher Abfall müsse soweit als möglich wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden. Dafür müßten Schadstoffe im Abfall weitgehend vermieden werden. Goppel: "Vermeidung und stoffliche Verwertung von Abfällen haben Vorrang vor der Behandlung von Abfällen und ihrer Ablagerung in Deponien. Diese Vorgaben sind für Landkreise und kreisfreie Städte als entsorgungspflichtige Körperschaften bindend." Goppel wies darauf hin, daß bei der Beseitigung von Abfällen Alternativen zur thermischen Behandlung offengehalten werden. "Die Anforderungen der TA Siedlungsabfall können bisher in der Regel aber nur durch thermische Behandlung erreicht werden", so Goppel. Mechanisch-biologische Behandlungsmethoden seien ohne wesentliche Verbesserungen zur alleinigen Behandlung des Restmülls heute noch nicht geeignet. Der Umweltminister bezeichnete moderne thermische Behandlung als eine nachweislich ökologisch und gesundheitlich verantwortbare Technologie.
Wie Umweltminister Goppel weiter ausführte, enthält der Plan auch ein Verbot der Beseitigung von kommunalen Abfällen außerhalb Bayerns. Der Umweltminister wies zur Begründung für dieses in Bayern erstmals gesetzlich geregelte "Exportverbot" auf die Umweltbelastungen durch weiträumige Abfalltransporte hin. Auch die Europäische Union, der Bund und die anderen Länder gehen, so Goppel, vom Grundsatz der gebietsbezogenen Entsorgung aus. Goppel: "Eine Entsorgung in anderen Ländern kann Entsorgungssicherheit nicht gewährleisten. Die Probleme der ordnungsgemäßen Abfallentsorgung lassen sich nicht auf andere Länder verlagern." Goppel wies darauf hin, daß bei einer Mißachtung des Autarkie-Gebots diejenigen Kommunen erheblich benachteiligt würden, die ihrer Entsorgungspflicht innerhalb Bayerns mit entsprechender Kostenbelastung ordnungsgemäß nachgekommen sind. Der Umweltminister machte deutlich, daß die wenigen vom Exportverbot betroffenen bayerischen Kommunen künftig entweder zusammen mit anderen Gebietskörperschaften eine gemeinsame Entsorgung der Abfälle vereinbaren oder eigene Entsorgungsanlagen errichten müssen. Unmittelbar betroffen von dem ab 1. August 1995 geltenden "Exportverbot" sind der Landkreis Garmisch-Partenkirchen, der derzeit Müll in Nordrhein-Westfalen entsorgen läßt, sowie die Stadt Memmingen und der Landkreis Starnberg, die eine Deponie in Mecklenburg-Vorpommern nutzen. Auch der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen wollte ab Januar 1996 Müll in Nordrhein-Westfalen entsorgen lassen. Der Umweltminister bot den betroffenen Kommunen seine Unterstützung für alternative Lösungen zum "Müllexport" an. Er bleibe mit den betroffenen Kommunen weiter im Gespräch.
Nach Aussage von Umweltminister Goppel werden als nächste Schritte in den Abfallentsorgungsplan Bayern Teilpläne für Siedlungs- und Sonderabfälle aufgenommen.
Der Ministerrat stimmte heute dem Weiterbau der U 2-Nord bis zum Flughafen Nürnberg zu. Die Neubaustrecke von Herrnhütte über Ziegelstein zum Flughafen ist 3,3 Kilometer lang und kostet knapp 300 Millionen Mark. Wegen der herausragenden strukturpolitischen Bedeutung des Projekts gewährt der Freistaat Bayern nach dem Beschluß der Staatsregierung anstelle des beim U-Bahn-Bau üblichen Fördersatzes von 80 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten ausnahmsweise 90 Prozent. Mit ihrer heutigen Entscheidung löst die Staatsregierung die Zusage von Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber bei seinem Besuch in Nürnberg am 4. Mai 1995 ein, der Verlängerung der U 2 zum Flughafen wegen ihrer gesamtbayerischen Verkehrsbedeutung hohe Priorität einzuräumen.
Verkehrsminister Dr. Otto Wiesheu wies darauf hin, daß U-Bahn-Bauvorhaben dieser Größenordnung in der Regel aus dem Bundesprogramm nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz finanziert werden. Wiesheu: "Da das Bundesprogramm aber in den nächsten Jahren bereits mit der Abwicklung laufender Maßnahmen weitgehend ausgelastet ist, sieht der Bund keine Möglichkeit, den Weiterbau der U 2-Nord in sein Förderprogramm aufzunehmen. Nach der Aufnahme des U-Bahn-Betriebs bis zum Bahnhof Herrnhütte im nächsten Jahr hätte dieses Nein des Bundes einen Baustillstand für die wichtige Verlängerung bis zum Flughafen bedeutet. Zur Vermeidung dieses Baustops werden wir die Flughafen-U-Bahn ganz aus Mitteln unseres Landesprogramms zur Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs bezuschussen. Mit diesem Schritt kann die verkehrspolitisch wichtige Anbindung des Flughafens an die Verkehrsdrehscheibe Hauptbahnhof und damit an das gesamte Schienennetz von Nahverkehr, S-Bahn und Fernverkehr zügig erreicht werden. Die Staatsregierung unterstreicht damit den hohen Stellenwert, den die weitere Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur im Großraum Nürnberg und damit die Stärkung des Wirtschaftsstandorts hat."
Die Staatsregierung beschloß heute auf Vorschlag von Verkehrsminister Dr. Otto Wiesheu, die bisher als unselbständige Betriebsteile der Landeshafenverwaltung geführten Staatshäfen Nürnberg und Roth auf eine GmbH zu übertragen. Dadurch soll eine größere Selbständigkeit und eine wirtschaftlichere Ausrichtung des Hafens erreicht werden. "Mit der neuen Rechtsform eröffnen wir außerdem die Möglichkeit, Erweiterungsmaßnahmen der Hafenanlagen außerhalb des Staatshaushalts am Kapitalmarkt zu finanzieren", erklärte Wiesheu.
Die Gründung und Eintragung der neuen Hafen-Nürnberg-Roth GmbH soll noch im Juli dieses Jahres vollzogen werden. Die Geschäftsanteile und damit auch die Verantwortung für diese wichtigen Infrastruktureinrichtungen bleiben bei der öffentlichen Hand. Die bestehenden Arbeitsverhältnisse gehen auf die GmbH als neuen Arbeitgeber über, Dienstherr der Beamten bleibt die Landeshafenverwaltung. Zur Wahrung der Belange der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird nach den Worten Wiesheus mit der Personalvertretung eine Vereinbarung geschlossen werden.
Gegenwärtig ist der Hafen Nürnberg zusammen mit der von ihm verwalteten Lände Roth lediglich ein Betriebsteil der Bayerischen Landeshafenverwaltung, die als kaufmännisch eingerichteter Staatsbetrieb zudem die Häfen Aschaffenburg, Bamberg und Regensburg mit der Außenstelle Passau betreibt. Der Staatshafen Nürnberg nimmt allerdings auch bisher insoweit eine Sonderstellung ein, als der Hafen vom Freistaat gemeinsam mit der Stadt Nürnberg finanziert und errichtet wurde. Die Zusammenarbeit wurde im Hafenvertrag von 1966 geregelt, 1989 trat die Stadt Roth dem Vertrag bei. "Durch die künftig noch engere gesellschaftsrechtliche Beteiligung an der Hafen-Nürnberg-Roth GmbH zeigen die beiden Städte, daß sie zu ihren Häfen stehen und auf die damit verbundenen positiven Impulse für den regionalen Arbeitsmarkt und das wirtschaftliche Wachstum setzen", betonte Wiesheu. Die Stadträte von Nürnberg und Roth haben einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung an der neuen GmbH bereits zugestimmt.
Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber unterstrich, daß das Modell der Organisationsprivatisierung (also die Wahl einer privaten Rechtsform) des Staatshafens Nürnberg eine wichtige Pilotfunktion habe. Der Ministerrat beauftragte Verkehrsminister Wiesheu und Finanzminister Dr. Georg von Waldenfels, bis Mitte nächsten Jahres über die Möglichkeiten zu einer entsprechenden Privatisierung der Landeshafenverwaltung und der weiteren Staatshäfen zu berichten.
Das Kabinett beschloß als ersten Schritt für eine vollständige Privatisierung der Staatlichen Seenschiffahrt, den Schiffahrtsbetrieb an Ammersee, Starnberger See, Tegernsee und Königssee künftig in privater Rechtsform zu betreiben. Die privatrechtliche Schiffahrtsgesellschaft bleibt vorerst allerdings in staatlicher Hand. Verbunden wird dieser Übergang in eine private Rechtsform mit einem Konzept zur personellen Umstrukturierung und zur Senkung der Personalkosten bei der Staatlichen Seenschiffahrt. Auch bei Betrieb der Schiffahrt in privater Rechtsform wird den Belangen des Alpen- und Naturschutzes weiterhin uneingeschränkt Rechnung getragen. Zugleich wird für Ammersee, Starnberger See und Tegernsee ein neues Flotten- und Marketingkonzept verbunden mit einer Modernisierung des zum Großteil mehrere Jahrzehnte alten Schiffsparks entwickelt. Zudem soll die weiß-blaue Flotte auf "Biodiesel" umgestellt werden, wenn ein Modellversuch am Tegernsee, auf dem bereits ein größeres Passagierschiff mit dem nachwachsenden Rohstoff Rapsmethylester betrieben wird, ökologisch und wirtschaftlich erfolgreich abgeschlossen ist.
Finanzminister Dr. Georg von Waldenfels unterstrich, daß durch die privatrechtliche Gestaltung unternehmerische Entscheidungen für den Schiffahrtsbetrieb schneller und flexibler getroffen werden können, Betriebsabläufe gestrafft und Leistungsentgelte eingeführt werden können. Die Überführung des operativen Geschäfts der Staatlichen Seenschiffahrt in eine private Rechtsform erhöhe zudem die Verantwortung der Geschäftsführung für das Betriebsergebnis. Vor allem den defizitären Betriebsteilen Ammersee und Starnberger See müssen nach den Worten von Waldenfels unverzüglich Maßnahmen zur Steigerung der Wirtschaftlichkeit ergriffen werden. Verantwortlich für die unbefriedigende Ertragslage sei im wesentlichen der hohe Personalkostenanteil. Die gesamten Personalkosten der Staatlichen Seenschiffahrt sind nach Angaben des Finanzministers im Verhältnis zur Gesamtleistung der Staatlichen Seenschiffahrt zu hoch. "Einsparungen bei den Personalkosten sind deshalb unumgänglich", so der Finanzminister.
Grundlage der Beschlüsse des Ministerrats ist ein von Finanzminister Dr. Georg von Waldenfels in Auftrag gegebenes Gutachten einer Unternehmensberatungsgesellschaft zur Modernisierung der Staatlichen Seenschiffahrt.
Das Kabinett hat heute die von Finanzminister Dr. Georg von Waldenfels vorgelegte Arbeitszeitverordnung für den bayerischen öffentlichen Dienst verabschiedet. Den Schwerpunkt der neuen Arbeitszeitverordnung stellt die Einführung der gleitenden Arbeitszeit als Regelarbeitszeitmodell dar. Mit dieser Maßnahme wurde eine Forderung der von Staatsminister Erwin Huber geleiteten Arbeitsgruppe "Strukturreform des öffentlichen Dienstrechts" umgesetzt und damit ein wesentlicher Schritt zur weiteren Flexibilisierung der Arbeitszeit getan. "Eine gezielte und konsequente Modernisierung des Dienstrechtes ist eine der Voraussetzungen für eine leistungsfähige Verwaltung und damit für einen modernen Staat. Die neue Arbeitszeitverordnung trägt auch dazu bei, daß der öffentliche Dienst für qualifizierten Nachwuchs auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig bleibt", betonte von Waldenfels.
Der Vorrang der gleitenden Arbeitszeit wird zwingend nur für den staatlichen Bereich festgelegt, den Kommunen steht es frei, die Gleitzeitregelung einzuführen oder die feste Arbeitszeit beizubehalten. Mit Rücksicht auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht soll der Entscheidungsspielraum der Kommunen so weit wie möglich erhalten bleiben.