Kulturland Bayern

"Wenn man den Baiern die äußere Freude gewährt, vermögen die der inneren leichter zuzustimmen."
(Winfried Bonifatius, gen. Apostel der Deutschen, um 750)

Wo die Kultur lebt

Die Bayern können auf eine über 1000 Jahre alte Kultur- und Geistesgeschichte zurückblicken. Ein reiches Kulturerbe verpflichtet. Und es gibt wohl kaum ein anderes Volk, das seine Kultur so liebt und aktiv lebt wie die Bayern. Die Palette reicht von der liebevollen Betreuung der Kunstschätze bis hin zur traditionsreichen Heimatpflege.

Museen - Von der Antike bis zur Gegenwart

In rund 900 bayerischen Museen werden Kunstschätze aus aller Welt bewahrt und gepflegt. Jährlich kommen rund 18 Millionen Besucher in die Staatlichen Museen und Sammlungen, zu den Schlössern und Anlagen der Schlösserverwaltung und in die nichtstaatlichen Museen.

Prunkstück der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen ist die Alte Pinakothek. Sie zählt zu den bedeutendsten Galerien der Welt. Ihre Anfänge gehen bis in die Regierungszeit Herzog Wilhelms IV., nämlich in das Jahr 1528, zurück. Drei Schwerpunkte kennzeichnen die Alte Pinakothek:

  1. die Sammlung altdeutscher Malerei: Dürer ("Vier Apostel", "Paumgartner Altar"), Grünewald, Altdorfer ("Alexanderschlacht"), Holbein d.Ä. und Lucas Cranach - Künstler, die nirgendwo sonst so glänzend vertreten sind, dazu Werke der Kölner und Altniederländischen Schule;
  2. die größte Rubenssammlung der Welt zusammen mit bedeutenden Werken der holländischen und flämischen Barockmalerei (z.B. Rembrandt und van Dyck);
  3. die Sammlung italienischer, vor allem venezianischer Gemälde (Tizian, Tintoretto, dazu die berühmten Madonnenbilder von Leonardo da Vinci und Raffael). Bei den Aufwendungen für Kunst und Kunstpflege, nimmt Bayern eine Spitzenstellung ein. 1990 sind die Planungen für neue Museumsgebäude in München (Staatsgalerie moderne Kunst, Neue Sammlung) und Nürnberg (Museum des 20. Jahrhunder ts) angelaufen. Damit die Vielzahl der hervorragenden Kunstwerke der Bevölkerung des ganzen Landes zugänglich ist, hat die Staatsregierung außerhalb von München bis jetzt 37 Zweiggalerien und Zweigmuseen errichtet, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Dieses Netz soll in den folgenden Jahren weiter ausgebaut werden.

    Festspiele - Vorhang auf!


    Luisenburg-Festspiele in Wunsiedel

    34 feste Schauspiel-, Opern- und Operettenbühnen, 39 Freilicht- und Festspielunternehmen und 17 Puppentheater sorgen in Bayern für ein lebendiges und vielseitiges Kulturangebot. Etwa 14.700 Vorstellungen pro Jahr werden von rund 5 Millionen Zuschauern besucht.

    Der Freistaat unterstützt den Betrieb der Staatlichen Theater - der Bayerischen Staatsoper, des Bayerischen Staatsschauspiels und des Staatstheaters am Gärtnerplatz in München - mit rund 155 Millionen DM jährlich. Für die Förderung kommunaler und privater Theater gibt er pro Jahr etwa 68 Millionen DM aus. Das kommt den außerhalb der Landeshauptstadt spielenden Bühnen zugute, da die Münchner Bühnen von der Stadt gefördert werden.


    Wagner-Festspiele in Bayreuth

    "Jeder Reisende, der Ohr und Herz mitnimmt, wird dies mit Vergnügen bemerken, wenn er Bayern durchreist, alles singt und klingt", meinte schon 1785 Christian Friedrich Daniel Schubart. Dies ist heutzutage besonders zur Sommerzeit zutreffend. Zahlreiche Festspiele und Musikwochen setzen internationale Akzente in der Theater- und Musikwelt. Herausragend sind hier die Richard-Wagner-Festspiele in Bayreuth und die Festspiele der Bayerischen Staatsoper, die vornehmlich Wolfgang Amadeus Mozart, Richard Strauss und Richard Wagner gewidmet sind.

    Für den ostbayerischen Kulturraum haben die Passauer Festspielwochen Bedeutung erlangt. Internationale Beachtung finden die Bachwoche Ansbach, die Nürnberger Internationale Orgelwoche, der Kissinger Sommer und das Mozartfest in Würzburg.


    Mozartfest in Würzburg

    Denkmäler - Erinnerungen an glanzvolle Zeiten, Mahnung für die Zukunft

    Rund 110.000 Profan- und Sakralbauten zeugen von Bayerns Kulturgeschichte und Kulturgegenwart. Bayern ist neben Baden-Württemberg das an Baudenkmälern reichste Land der Bundesrepublik Deutschland. Hinzu kommen tausende von Bodendenkmälern. Schon seit 1973 sorgt das Denkmalschutzgesetz im Freistaat für die Erhaltung dieser Denkmäler. Einen Schwerpunkt bildet dabei die Bewahrung der Ortsbilder, der historischen Plätze und Straßen in Stadt und Land.

    Der Freistaat leistet viel für alle diese Zeugnisse seiner Geschichte. Für den baulichen Unterhalt, die Pflege und den Wiederaufbau der Burgen, Schlösser und Gärten, die ihm selbst gehören, gibt er jährlich über 70 Millionen DM aus. 68 Millionen DM stellt er an Zuschüssen und Darlehen für Instandsetzungsmaßnahmen an Baudenkmälern bereit, die nicht in seinem Eigentum stehen.

    Rund 6 Millionen Besucher pro Jahr erfreuen sich an der Schönheit der Baudenkmäler, die die Bayerische Verwaltung der staatlichen Gärten, Schlösser und Seen betreut. Die Märchenschlösser Ludwigs II. (Linderhof mit der Venusgrotte, Herrenchiemsee mit dem Spiegelsaal und Neuschwanstein) sind besondere Anziehungspunkte und berühmt in aller Welt. Das gilt aber auch für das in Privatbesitz befindliche Schloß Pommersfelden bei Bamberg und die prächtigen Klöster, wie Ottobeuren, Banz und Andechs.

    Von Rittern und Helden erzählen die historischen Burgen und Schlösser vor allem im fränkischen Raum. Hier spannt sich der Bogen über die Kaiserburg in Nürnberg, die Plassenburg in Kulmbach, das Schloß Ehrenburg in Coburg, die Burg Lauenstein bei Ludwigstadt bis hin zu Schloß Veitshöchheim, zur Residenz in Würzburg (Weltkulturdenkmal!), der Feste Marienberg und zum Schloß Johannisburg in Aschaffenburg.

    München ist die Heimat der ehemals königlichen Schlösser. Residenz und Schloß Nymphenburg künden vom Glanz dieser Zeiten. In der Umgebung liegen die Sommerschlösser Schleißheim, Lustheim und Dachau, in Niederbayern die mittelalterliche Burg Trausnitz in Landshut.

    Architektur - Von Zinnen und Kirchturmspitzen

    Die bayerische Architektur bezeugt den Zeitgeist von 1300 Jahren: angefangen bei der um 706 gebauten Marienkapelle auf der Feste Marienberg über Würzburg, der ältesten Kirche auf deutschem Boden, bis hin zum größten Zeltdach der Welt auf dem Münchner Olympiagelände.

    Die Dome in Augsburg, Bamberg, Freising und Würzburg zählen zu den ältesten sakralen Großbauten. St. Lorenz in Nürnberg ist der erste große Kirchenbau der Gotik. Bedeutende Hallenkirchen dieser Epoche wurden in Landshut, Regensburg, Straubing und Wasserburg errichtet. Die Frauenkirche in München gilt als letztes großes Bauwerk der Gotik.

    Der erste Renaissancebau in Deutschland wurde in Form der von 1509-1518 erbauten Fuggerkapelle in Augsburg geschaffen. Es folgten weitere Profanbauten wie die Residenz in Freising, Schloß Neuburg an der Donau, Teile der Münchner Residenz sowie das von Elias Holl entworfene Augsburger Rathaus .

    Im 17. Jahrhundert begann in Bayern, zunächst angeregt von italienischen Baumeistern, das Barock. Berühmte Meister haben eine Vielzahl von Bauten errichtet, zum Beispiel in Weltenburg, Rohr, München, Dießen, Ottobeuren, Fürstenfeldbruck, Günzburg, Vierzehnheiligen oder Würzburg.

    Von etwa 1725 bis 1770 entfaltete sich die Stilepoche des Rokoko vor allem in Oberbayern. Heiterkeit war das Motto dieser Kunst. Unter der Leitung des Hofbaumeisters François de Cuvilliés wurden die "Reichen Zimmer" in der Münchner Residenz, das weltbekannte Cuvilliéstheater, der Ausbau der Schlösser Schleißheim und Nymphenburg und schließlich das Prunkstück des bayerischen Rokoko, die Amalienburg im Nymphenburger Schloßpark, geschaffen. Der künstlerische Reichtum Bayerns sind aber seine zahlreichen Rokokokirchen, die über das ganze Land verstreut sind, wie beispielsweise die "Wies" - von Dominikus Zimmermann erbaut - Kloster Ettal, Rott am Inn, Altomünster, Andechs oder die Asamkirche in München. Hier wirkten berühmte Künstler wie Johann Michael Fischer, Dominikus Zimmermann, Balthasar Neumann, die Brüder Gunetzrainer, die Gebrüder Asam, Ignaz Günther und Johann Baptist Zimmermann als Baumeister, Stukkateure und Freskenmaler.

    Bayern zeichnet sich auch durch historische Städte aus, die die geschichtliche Entwicklung des Landes widerspiegeln, so zum Beispiel München, Regensburg, die alten bayerischen Herzogstädte Landshut, Straubing und Burghausen, sowie die Bischofstädte Bamberg, Eichstätt, Passau und Würzburg, aber auch die älteste Stadt Deutschlands, Kempten.

    Malerisches Bayern

    Landschaft und Lebensstil Bayerns haben seit jeher viele Maler fasziniert und inspiriert. Ausdruck bodenständiger Gestaltungsfreude ist die Hinterglasmalerei der Augsburger und Murnauer Schule. Namhafte Künstler wie Wilhelm von Kobell, Quaglio, Klotz, Georg von Dillis, Johann Jakob Dorner d.J., Max Wagenbauer und Albrecht Adam haben um die Wende zum 19. Jahrhundert die "Münchner Landschaftsmalerei" berühmt gemacht.


    In der Bauernstube (Leibl)
    Neue Pinakothek, München

    Unter dem Mäzenatentum des Hauses Wittelsbach schuf Josef Stieler viele Portraits, so auch das berühmte Bildnis von Johann Wolfgang von Goethe, und die Schönheitengalerie im Schloß Nymphenburg.


    Der Hirtenjunge (Franz von Lenbach)
    Schack-Galerie, München

    Im Dachauer Moos und in den Dörfern des bayerischen Oberlandes fand Wilhelm Leibl seine Charakterköpfe. Wassily Kandinsky und Gabriele Münther ließen sich von der Landschaft um Murnau inspirieren. Der Walchensee war das liebste Sujet für Lovis Corinth. Seit der Regierungszeit Ludwigs I. zog es viele bedeutende Künstler nach München. Carl Spitzweg fand hier die Hinterhofidyllen für seine unsterblichen Bilder. Moritz von Schwind, Lenbach, Feuerbach, Böcklin, Stuck, Marc und Seidl hatten in München ihre künstlerische Heimat.


    Armer Poet (Spitzweg)
    Neue Pinakothek, München

    Heute ist von zahllosen abstrakten Versuchen bis zur naiven Darbietung von Stadtbildern und Landschaftsansichten überall ein Suchen nach neuen Wegen in der Malerei spürbar. Zahlreiche Ausstellungen weisen München als die bedeutendste Kunststadt der Bundesrepublik Deutschland aus.


    Rittersporn (Corinth)
    Staatsgalerie Moderne Kunst, München

    Heimatpflege: Damit Bayern Bayern bleibt

    "Der Staat schützt die natürlichen Lebensgrundlagen und die kulturelle Überlieferung."
    So wurde 1984 Artikel 3 der Bayerischen Verfassung ergänzt.

    Heimatpflege heißt, das Land und seine Bewohner vor Gleichartigkeit und Gleichförmigkeit, vor Einheitsarchitektur und Zersiedelung, vor Gesichts- und Geschichtslosigkeit zu bewahren. Heimatpflege heißt, den bayerischen Kultur- und Lebensraum liebenswert zu erhalten.

    "Was gesund ist an der neuen Zeit, dem wollen wir uns nicht verschließen, aber das Herz darf es nicht kosten." Diesem Ratschlag Kiem Paulis sieht sich die Bayerische Staatsregierung verpflichtet. Sie unterstützt alle Bestrebungen, das überlieferte Brauchtum weiterzuentwickeln und mit neuem Sinn zu erfüllen. Sie wehrt sich gegen die kommerziell folkloristische Vermarktung der stammesmäßigen Eigenheiten, gegen modernistischen "Bavarian-look", gegen oberflächlich-sentimentale Volkstümelei und gegen das Verkitschen bayerischer Wesensart.

    Heimatpflege lebt in erster Linie vom Engagement der Bürger und Organisationen. Beispielhaft für alle sei hier der Bayerische Landesverein für Heimatpflege genannt. Sache des Staates ist die Förderung. So sind im Staatshaushalt 1994 3,75 Millionen DM für die Förderung der Heimatpflege vorgesehen. Heimatbewußtsein muß schon in der Familie geweckt werden. Unabhängig davon sorgt die Staatsregierung durch zahlreiche Maßnahmen dafür, daß "Heimat" auch als zentrales Thema in den Schulen und in der Erwachsenenbildung behandelt wird. Die Liebe zur bayerischen Heimat verlangt zunächst entsprechende Kenntnisse; denn lieben kann man nur, was man kennt.

    Der Auftrag, das Thema "Heimat bewußt erleben" als fächerübergreifenden Schwerpunkt zu behandeln, den das bayerische Kultusministerium den Schulen 1988 gestellt hatte, bleibt aktuell.

    Bayern, wie es singt und klingt

    Bayern ist das Land der Bundesrepublik Deutschland, in dem Volkslied, Volkstanz und instrumentale Volksmusik am lebendigsten sind. In den vergangenen Jahrzehnten hat die bodenständige Volksmusik in Bayern eine beachtliche Wiederbelebung erfahren.

    Jodler und Schuhplattler sind nicht, wie vielfach angenommen, kennzeichnend für die gesamte bayerische Volksmusik, sondern für die südlichsten Landesteile. Niederbayern ist mit mehr als hundert verschiedenen Volkstänzen die reichste Tanzlandschaft. Auch das Schnaderhüpflsingen der Hochzeitlader ist dort noch in besonderer Vielfalt zu erleben.

    Die Oberpfalz hat den größten Schatz an "Zwiefachen" (taktwechselnde Tänze, auch "Bairische" genannt). In ihrem südlichen Teil gibt es noch heute Musikanten, die die langsamen, klangvollen "Arien" spielen.

    In Franken ist der Sing- und Tanzbrauch zur Kirchweih am lebendigsten erhalten. Zahllose Tanzlieder und Vierzeiler, besondere Formen des "Plantanzes" im Freien und der wohl schnellste Tanz in Bayern, der Galoppdreher, legen davon Zeugnis ab.

    Tanzformen, zu denen noch gesungen wird, hat das Ries in Schwaben bewahrt. Altertümliche Instrumente wie Alphorn und Scherrzither finden wir im Allgäu.

    Oberbayern verfügt über den reichsten Schatz an mundartlichen Weihnachtsliedern, über zahlreiche drei- und vierstimmige Lieder typisch alpenländischer Melodik. Mitreißende Tänze werden im Chiemgau aufgeführt; im Tegerns eer und Schlierseer Gebiet herrscht der besonders melodiöse langsame Landler vor.

    Die Bayerische Staatsregierung versteht die bodenständige Volksmusik, die Volkslieder und den Volkstanz als unersetzliche Bestandteile heimatlicher Kultur. Ihre besondere Förderung und Pflege zählt daher mit zu den Schwerpunkten des Bayerischen Musikplans, der ein zusammenhängendes Entwicklungskonzept für alle Bereiche der Musikerziehung, Musikausbildung und Musikpflege darstellt. Die Staatsregierung unterstützt die Bewahrung dieses großen musikalischen Erbes, dessen Überlieferung zahlreichen verdienten Forschern und Pflegern in Vergangenheit und Gegenwart zu verdanken ist. Der Bayerische Rundfunk fördert schon seit 1928 diese Bestrebungen und trägt durch zahlreiche Volksmusiksendungen zur Erhaltung und Verbreitung dieses wertvollen Kulturgutes bei.

    Die Mundart

    "Oachkatzlschwoaf" - können Sie dieses Wort richtig aussprechen? Ja? - Dann haben Sie den Test bestanden: Sie sind ein echter Bayer.

    Welch ein Glück, daß Johannes Andreas Schmeller schon vor 150 Jahren die bayerischen Mundarten in seinem "Bayerischen Wörterbuch" erfaßt und umfassend dargestellt hat. Denn leider werden die angestammten Dialekte immer weniger gesprochen und so schwindet der Wortschatz nach und nach.

    Was den Fremden in Bayern als einheitlicher, meist unverständlicher Dialekt erscheint, ist in Wirklichkeit eine Vielzahl von verschiedenen Mundarten.

    Sprachwissenschaftlich gesehen, gehören alle Mundarten, die in Bayern heute noch von Einheimischen gesprochen werden, zu dreien der vier großen Räume im oberdeutschen Mundartgebiet: zum Baierischen, Ostfränkischen und Schwäbisch-Alemannischen.

    Neben vielen Heimatpflegern und Mundartkennern bemüht sich die Bayerische Akademie der Wissenschaften, das heute noch lebendige oder aus der Erinnerung der Menschen noch faßbare Wortgut festzuhalten, um es in einem großangelegten Wörterbuch für die Nachwelt zu dokumentieren. Die Bayerische Staatsregierung sieht in der Pflege der bayerischen Mundarten einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung des Sprachgutes und damit der bayerischen Lebensart.

    Volksfest - das Fest fürs ganze Volk

    Die Bürger Bayerns haben Jahr für Jahr häufig Gelegenheit zu feiern. Zum Beispiel...

    Von der Pracht der Tracht

    Es ist bekannt, daß sich einige wittelsbachische Landesherren öfter und lieber in Tracht zeigten als in Uniform. Die Liebe zur Tracht, in Bayern schlicht als "G'wand" bezeichnet, hat sich bis heute erhalten. Vor mehr als 100 Jahren gründete der Lehrer Vogel den ersten Trachtenverein in Bayrischzell. Seinem Vorbild folgten unzählige heimatverbundene Bayern, die sich im ganzen Land in Trachtenvereinen zusammenschlossen.

    Das Bild der bayeri schen Trachten ist so vielfältig wie die Landschaften und Stämme Bayerns. Bundlederne, Kurze, Stopselhut, Gamsbart und Lodenjoppe - die Grundausstattung eines oberbayerischen Alpenländlers. Oft kopiert, nie erreicht. Fachleute unterscheiden in Oberbayern vier große Gruppen: das "G'wand" des Werdenfelser Landes, des Tegernseer, Miesbacher und Schlierseer Raumes, des Chiemgaus sowie des Berchtesgadener Landes.

    Während sich die altbayerisch-alpenländischen Trachten vielfach aus der ständischen Berufskleidung der Jäger entwickelten, gehen die Trachten des fränkischen Raumes auf die Uni formen des 18. Jahrhunderts zurück. Sie haben in ihrer Strenge etwas Vornehmes an sich. Die Festtracht im Ochsenfurter Gau in ihrem barocken Glanz zählt zu den schönsten Trachten überhaupt.

    Eine bemerkenswerte Männertracht hat sich im bayerischen Schwaben, vor allem im Ries erhalten. Bezüge lassen sich bis ins Badische und Elsässische nachweisen.

    Die bunte Palette der bayerischen Trachten wird nicht zuletzt durch die hier heimisch gewordenen Sudetendeutschen angereichert, die mit der Pflege ihrer Trachten die Erinnerung an die verlorene Heimat wachhalten.

    Bayerische Schmankerl

    "Allain Gersten, Hopffen und Wasser sölle genommen und gepraucht werden", dekretierte 1516 der Bayernherzog Wilhelm IV. im wohl ältesten geltenden Lebensmittelgesetz der Welt. Das "Bayerische Reinheitsgebot" ist bis auf den heutigen Tag das Grundgesetz der in aller Welt berühmten bayerischen Brauer.

    "Dunkles", "Helles", "Export" und "Spezial" sowie die berühmten Starkbiere, mit denen einst Bayerns Mönche die Fastenzeit überbrückten, haben Freunde in aller Welt. Das Weizenbier, landläufig als Weißbier und von alten Bayern als "das einzige Gemüse" bezeichnet, "das wir noch beißen können", nimmt der Bayer gerne mit einer anderen Landesspezialität zu sich, der Weißwurst. Diese besteht aus Kalbfleisch, Schweinespeck und zahlreichen Ingredienzen (Zitrone, Zwiebel, Salz, Petersilie, weißer Pfeffer, Muskatnuß), deren Dosierung jeder Metzger als Betriebsgeheimnis für sich behält. Sie schmeckt am besten mit frischen Laugenbrezen und Weißwurstsenf. Ganz oben in der Rangfolge der bayerischen Brotzeitfavoriten steht jedoch der Leberkäs. Das Produkt aus Stierbrat, Schweinefleisch und Speck hat seinen Namen davon, daß es seit dem 16. Jahrhundert wie große Käselaibe gebacken wird und deshalb ursprünglich "Laiberkäs" hieß.

    Ein besonderer Brotzeit-Leckerbissen ist auch der "Radi" (auch Rettich, vom Lateinischen "radix"). Neben "Gselchtem" (Geräuchertem) aus Niederbayern und den vielen Wurstspezialitäten aus Franken enthält der bayerische Brotzeitteller rund 40 Käsesorten, die meist aus dem Allgäu stammen.

    Im fränkischen Raum gehört zum herben Frankenwein, der als "Bocksbeutel" Weltruf genießt, vor allem der angemachte Käse, der Gerupfte. Spezialgericht der Franken sind außerdem Rindfleisch, Meerrettich (Kren) und selbstgemachte Nudeln.

    Wenn die Küche eines Landes sogar einen Franzosen begeistert und noch dazu einen wie Michel de Montaigne, der in seinen Tagebüchern bayerische Gaumengenüsse überschwenglich lobt, dann verdaut man leicht die Meinung des Ritters Seifried von Helbig, der im 13. Jahrhundert das "Gefräße" der Bayern verhöhnt hat. Ritterlicher hat sich hier schon der Dialektiker Bert Brecht aus Augsburg aus der Affäre gezogen, indem er den bayerischen Kartoffelsalat als eine Barbarei bezeichnete, die er nicht missen möchte. Auch Semmel- und Kartoffelknödel tragen dazu bei, daß es in Bayern mehr stattliche Erscheinungen gibt als anderswo. Im schwäbischen Landesteil serviert man an ihrer Stelle die sogenannten "Spätzle" und zwar seit alters und in solchen Mengen, daß der bayerische Staatsrat Ritter von Hazzi 1805 in einem Gutachten über die Bevölkerung des Allgäus schrieb: "Leur nourritures ne sont que des noudels", zu deutsch "Ihre Nahrung besteht nur aus Nudeln".

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