Bayerische Geschichte

"Damit ein Volk weiß, wo es steht und wohin sein Weg führt, muß es wissen, woher es kommt. Dies gilt für den allgemeinen geschichtlichen Rahmen ebenso wie für die kulturellen und geistigen Wurzeln."
(Franz Josef Strauß)

Ein Staat macht Geschichte

Bayern zählt zu den ältesten Staaten Europas. In einer abwechlungsreichen Geschichte, die ganz im Zeichen der abendländischen Kulturtradition steht, ist Bayern zu dem Land gewachsen, das es heute ist.

Es begann um 500 n.Chr. Die Herrschaft der Römer brach unter dem Ansturm der Germanen zusammen. Nach der neuesten Theorie entstand der Stamm der Bayern aus im Land gebliebenen Römern, keltischer Urbevölkerung und zugewanderten Germanen.

Das Stammesherzogtum

Im Voralpenraum entwickelte sich seit der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts unter den Agilolfingern und später im 10. Jahrhundert unter den Welfen ein mächtiges bayerisches Stammesherzogtum, dessen Territorium sich zeitweise über die bayerische Ostmark (Österreich) und Kärnten bis nach Italien erstreckte.

1158 gründete Herzog Heinrich der Löwe an der Isar eine neue Siedlung - das heutige München. Bis Mitte des 13. Jahrhunderts besaß Regensburg die Funktion einer Hauptstadt.

Die Wittelsbacher

Nach dem Sturz Heinrichs des Löwen übertrug Kaiser Friedrich Barbarossa im Jahre 1180 dem bayerischen Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach ein um die gesamte bayerische Ostmark verkleinertes Herzogtum. 1214 erhielten die Wittelsbacher auch die Pfalz, die fortan über 700 Jahre mit den Geschicken Bayerns verbunden blieb.

Die folgenden Jahrhunderte bayerischer Geschichte waren geprägt von dem Bestreben der Wittelsbacher Herzöge, ihre Hausmacht auszubauen. Einen Höhepunkt erreichte diese Entwicklung unter Ludwig dem Bayern (1302-1347), der als deutscher König und Kaiser seinem Haus die Mark Brandenburg, Tirol, Holland und den Hennegau erwarb. Bayern blieb jedoch ein agrarisch orientiertes Land, trotz der Vielzahl seiner Städte und Märkte. Neben den Bistumszentren Salzburg, Passau, Regensburg waren Klöster wie Tegernsee, Niederalteich und St. Emmeram geistig-kulturelle Vororte.

Im 14. und im 15. Jahrhundert schwächten zahlreiche Erbteilungen das Haus Wittelsbach. Erst Albrecht IV., der Weise (1467-1508), legte durch die Einführung der Erstgeburtsordnung eine dauerhafte Grundlage für das unter seiner Herrschaft wieder vereinigte Herzogtum Bayern.

In Franken und Schwaben hingegen entstanden nach dem Erlöschen der Herzogs- und Königsgeschlechter der Salier und Staufer im 12. und 13. Jahrhundert eine Vielzahl weltlicher und geistlicher Territorien. Residenzen wie Bamberg, Würzburg, Ansbach oder Bayreuth, aber auch die Reichsstädte Nürnberg, Augsburg, Schweinfurt, Rothenburg und Nördlingen entwickelten sich zu geistigen, künstlerischen und wirtschaftlichen Zentren von oftmals europäischer Bedeutung.

Während sich die Reformation in vielen schwäbischen und fränkischen Territorien und Reichsstädten durchsetzte, blieb Altbayern, im 7./8. Jahrhundert von iro-schottischen Mönchen und schließlich von Bonifatius christianisiert, der römisch-katholischen Kirche treu. Unter Albrecht V. (1550-1579) und Wilhelm dem Frommen (1579-1597) wurde das Land zu einem Zentrum der Gegenreformation. An der von Herzog Ludwig dem Reichen 1472 gegründeten Landesuniversität in Ingolstadt wirkte der berühmte Luther-Gegner Johannes Eck. Bereits 1542 wurde die Hochschule den Jesuiten übertragen, die den Katholizismus energisch vertraten.

Die Residenzstadt München erlebte unter Albrecht V. eine erste Blüte als Zentrum von Wissenschaft und Kunst. Der dreißigjährige Krieg brachte Franken, Schwaben und Bayern große Schrecken und Nöte, aber auch die Kurwürde (1623) und den Erwerb der Oberpfalz (1628). Maximilian I. (1597-1651), der erste bayerische Kurfürst, hat Bayern um die Oberpfalz vergrößert.

Einer seiner Nachfolger, der "Blaue Kurfürst" Max Emmanuel (1662- 1726), war ein großer Förderer der barocken Einflüsse in Kunst und Kultur. Er zeichnete sich in den Türkenkriegen aus, hatte sogar Großmachtpläne, die sich allerdings zerschlugen, während dann Karl Albrecht 1742/45 Deutscher Kaiser wurde. Bis zu Max III. Joseph (1745-1777), dem letzten Kurfürsten aus der altbayerischen Linie der Wittelsbacher, erlebte das Land eine kulturelle Blütezeit, gekennzeichnet durch das Barock und das Rokoko.

Die 
Kroninsignien des Bayerischen Königreichs
Die Kroninsignien des Bayerischen Königreichs

Neue Verfassungen schaffen Impulse

Kurfürst Max IV. Josef aus der Wittelsbacher Linie Pfalz-Zweibrücken (1799-1825) sah sich bei seinem Amtsantritt schwierigen Aufgaben gegenüber: Vom Reich selbst war nichts mehr zu hoffen, Preußen stand abseits und Österreich beanspruchte weiterhin bayerische Gebiete. So stellte der Kurfürst sein Land unter den Schutz Napoleons.

Bayern wurde in der napoleonischen Zeit zum größten deutschen Mittelstaat. Als Entschädigung für Gebietsabtretungen am Rhein erhielt Bayern im Reichsdeputationshauptschluß 1803 die Hochstifte Würzburg, Bamberg, Freising und Augsburg, Teile der Bistümer Eichstätt und Passau, zwölf Abteien und 15 Reichsstädte. Am 1. Januar 1806 nahm Max IV. Josef als Max I. den Königstitel an und trat dem Rheinbund bei. Sein Minister Montgelas legte die Grundlagen für eine straffe Staatsorganisation. Die Konstitution von 1808 normierte zum ersten Mal Gleichheit aller vor dem Gesetz, die Sicherheit der Person und des Eigentums, die Gewissensfreiheit und die Unabhängigkeit der Richter.

Die konstitutionelle Verfassung von 1818 wird als die Grundlage demokratisch-parlamentarischen Lebens in Bayern gesehen. Der neubegründete bayerische Landtag bestand fortan aus zwei Kammern, der Kammer der Reichsräte sowie der Kammer der Abgeordneten. Aufgrund des Steuerbewilligungsrechtes erlangte er bald entscheidende Mitwirkung in Politik und Gesetzgebung.

Zwischen Reformen und Revolution

In den Freiheitskriegen ging Bayern zu den Gegnern Napoleons über. Es mußte zwar seine österreichischen Besitzungen zurückgeben, wurde aber auf dem Wiener Kongreß 1815/16 mit dem endgültigen Erwerb von Würzburg, mit Aschaffenburg und mit der linksrheinischen Pfalz entschädigt. Dem von Preußen geführten Deutschen Zollverein trat Bayern 1833 bei.

Während der Regierungszeit Ludwigs I. (1825-1848) wurde München zu einem kulturellen Zentrum Deutschlands. Zahlreiche Straßen und Plätze, die Universität, die Feldherrnhalle und viele andere Bauwerke legen noch heute Zeugnis davon ab. Dichter, Maler, Architekten und Naturwissenschaftler wurden aus ganz Deutschland in die Residenzstadt gerufen. Daneben förderte der König tatkräftig Handel und Industrie. In seine Regierungszeit fällt der Ausbau des Eisenbahnnetzes, der 1835 mit der Errichtung der ersten Bahnstrecke von Nürnberg nach Fürth begann. Für das Königtum brachte die Revolution des Jahres 1848 mit der Verwirklichung der "Märzforderungen" (u.a. Ministerverantwortlichkeit, Pressefreiheit, Wahlreform) erhebliche Einschränkungen, die Ludwig I. zur Abdankung zugunsten seines Sohnes Max veranlaßten. Maximilian II. (1848-1864) setzte das Werk seines Vaters als Kunstmäzen fort, leitete daneben aber auch sozialpolitische Reformen in die Wege und war ein großer Förderer der Wissenschaft.

Kriege, Kunst und Könige

Unter König Ludwig II. (1864-1886) nahm Bayern an den Kriegen gegen Preußen und gegen Frankreich teil. 1866 kämpfte Bayern an der Seite Österreichs gegen Preußen, 1870/71 an der Seite Preußens gegen Frankreich. Nach dem deutsch-französischen Krieg trat Bayern in das neugegründete Reich ein.

Ludwig II. - noch heute als der "Märchenkönig" in aller Welt bekannt - zog sich aus der Politik immer mehr zurück und widmete sich dem Bau seiner Schlösser und der berauschenden Welt von Wagners Musik. Im Starnberger See fand er 1886 den Tod.

Sein Onkel, der fähige Prinzregent Luitpold (1886-1912), und dessen Sohn, König Ludwig III. (1912- 1918), waren die letzten Regenten des Hauses Wittelsbach, das Bayern 738 Jahre lang regiert hat.

Inschrift über dem Portal der Stiftskirche zu Polling
Inschrift über dem Portal der Stiftskirche zu Polling

Das neue Bayern

Nach dem Ersten Weltkrieg war das Land vorübergehend eine Räterepublik. Am 12. August 1919 beschloß der Landtag eine demokratisch-parlamentarische Verfassung ("Bamberger Verfassung"), die die Grundlage für eine freistaatliche (republikanische) Ordnung bildete.

Das Hitlerregime brachte Bayern 1934 den vorübergehenden Verlust seiner Staatlichkeit, die erst nach den Schrecken des Zweiten Weltkrieges 1945 wiederhergestellt wurde. Am 1. Dezember 1946 wurde die Verfassung des Freistaates Bayern mit überwältigender Mehrheit durch Volksentscheid angenommen. Seit 1949 ist Bayern ein Land der Bundesrepublik Deutschland.

Daten aus der bayerischen Geschichte

15 v. Chr.
Die Römer in Raetien und Norikum.
179 n. Chr.
Ausbau Regensburgs als römische Koloniestadt.
6. Jh.
Formierung des bayerischen Stammes und Stammesherzogtums.
738 - 42
Hl. Bonifatius und Herzog Odilo richten die bayerische Kirchen- organisation ein. Bistümer Regensburg, Passau, Freising, Salzburg, Würzburg, Eichstätt.
748 - 88
Herzog Tassilo III., Expansion von Bayern nach Osten und Südosten.
955
Aufgebot deutscher Stämme gegen das Ungarnheer. Schlacht auf dem Lechfeld bei Augsburg. Zweite Landnahme Bayerns in der Ostmark.
um 1050
Gründung von Nürnberg.
1070
Die Welfen, Herzöge von Bayern.
1158
Heinrich der Löwe gründet München (Münzstätte und Salzniederlage).
1180
Pfalzgraf Otto von Wittelsbach erhält von Kaiser Friedrich Barbarossa das Herzogtum Bayern. Wandel vom Stammesherzogtum zum Territorialstaat.
1214
Die Pfalz wird bayerisch.
1402
Gründung der Universität Würzburg.
1472
Herzog Ludwig der Reiche gründet die Universität Ingolstadt.
1524/25
Reformation in Nürnberg.
1623
Bayern erhält die Kurwürde.
1628
Die Oberpfalz kommt zu Bayern.
1662 - 1726
Kurfürst Max Emanuel ("der Blaue Kurfürst"); Förderer der barocken Einflüsse in Kunst und Kultur.
1663 - 1806
Immerwährender Reichstag in Regensburg.
1705
Volkserhebung in Bayern gegen die Regentschaft der Habsburger. Schlacht bei Sendling (25.12.) und Aidenbach (1706).
1743
Gründung der Universität Erlangen.
1759
Gründung der Akademie der Wissenschaften in München.
1778
Bayerischer Erbfolgekrieg: Innviertel (zwischen Donau, Inn, Salzach und Traun) an Österreich abgetreten.
1.1.1806
Bayern wird Königreich unter Max I. Joseph; Augsburg, Nürnberg werden bayerisch. 1810 auch Bayreuth und Regensburg. Neuordnung des Staatswesens unter Minister Montgelas (1759-1839).
1818
Bayern erhält eine Verfassung.
1825 - 48
König Ludwig I. Unter seiner Regierung wird München eine glanzvolle Kunststadt und eine Hochburg der Wissenschaft.
1848 - 64
König Maximilian II. Förderer von Kunst, Wissenschaft und Industrie. Epochemachende Leistungen in der Sozialpolitik.
1864 - 86
König Ludwig II. Unter ihm nimmt Bayern an den Kriegen gegen Preußen (1866) und gegen Frankreich (1870/71) teil.
1868
Gründung der Technischen Hochschule München.
1919
Räterepublik; neue bayerische Verfassung.
1923
Hitlerputsch in München.
1933
Machtübernahme durch Hitler; Ende der Eigenstaatlichkeit Bayerns.
1945
8. Mai. Kapitulation Deutschlands. Bayern wird amerikanische Besatzungszone.
1946
1. Dezember. Die 3. Bayerische Verfassung wird durch Volksentscheid angenommen.
1946
Die Pfalz wird von Bayern getrennt.
1947
13./14. Juni. Erste und einzige Gesamtdeutsche Ministerpräsidentenkonferenz in München.
1948
10.-25. August. Auf Einladung des Bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Hans Ehard tritt der Ausschuß zur Ausarbeitung des westdeutschen Verfassungsentwurfes auf der Herreninsel im Chiemsee zusammen.
1949
23. Mai. Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland tritt in Kraft.

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