© 1995 by Christo & Taschen Verlag
The Umbrellas, Projekt in zwei Teilen fur Japan und die USA
Collage, 1991
Bleistift, Buntstift, Emailfarbe, Zeichenkohle, Fotografie von Wolfgang Volz, Kugelschreiber und Klebeband
35,5 x 28 cm
New York, Sammlung Jeanne-Claude Christo
Das bislang ehrgeizigste und kostspieligste Projekt in der künstlerischen Laufbahn der Christos waren The Umbrellas, Japan/USA (1984-1991). Es war das erste Mal, daß ein Projekt an zwei Orten gleichzeitig realisiert wurde, die damit gewissermaßen zu einem verschmolzen. Die Kosten des Projekts beliefen sich auf 26 Millionen Dollar, und die logistischen Anforderungen waren atemberaubend. In Japan wurden 1.340 blaue Schirme aufgestellt, in den USA 1.760 gelbeSchirme.
Jeder Schirm war einschließlich des Sockels sechs Meter hoch, hatte einen Durchmesser von 8,66 Metern und wog etwa 200 Kilogramm. Insgesamt wurden 7.600 Liter Farbe und 410.000 Quadratmeter Stoff benötigt. Dazu kamen die Bauteile aus Aluminium: fast 25.000 Schirmspangen und etwa ebenso viele Streben; die Schirmständer hätten aneinandergereiht eine Gesamtlänge von nahezu 18 Kilometern ergeben. Selbstverständlich mußten die üblichen Genehmigungen eingeholt werden von 17 verschiedenen Regierungs- und Lokalbehörden in Japan und von 27 in den Vereinigten Staaten, von den 459 Reisbauern und anderen Grundbesitzern gar nicht zu reden.
The Umbrellas, Projekt in zwei Teilen für Japan und die USA
Collage, 1991, in zwei Teilen
Bleistift, Stoff, Pastell, Zeichenkohle, Buntstift, Luftaufnahme und Stoffmuster
77,5 x 30,5 cm und 77,5 x 66,7 cm
New York, Sammlung Jeanne-Claude Christo
Als all das erledigt war, als all diese mühseligen Vorbereitungen abgeschlossen waren, konnten die Schirme aufgespannt werden auf Reisfeldern, in einem Fluß, auf Hügeln und in Dörfern. Im Beisein der Künstler begannen am 9. Oktober 1991 bei Sonnenaufgang 1.880 Arbeiter, die 3.100 Schirme in Ibaraki und Kalifornien zu öffnen, so das Bulletin der Christos. Dieses temporäre Kunstwerk, das gleichzeitig in Japan und in den USA veranstaltet wurde, reflektierte die hnlichkeiten und Unterschiede im Lebensstil und in der Art und Weise der Landnutzung beiderseits des Pazifiks anhand zweier im Landesinneren gelegener Täler, von denen das japanische 19, das amerikanische 29 Kilometer lang war.
Die verschiedenen Komponenten der Schirme Stoffbahnen, Oberbauten aus Aluminium, Sockel aus Stahl, Verankerungen, Sockelstützen und andere Bestandteile wurden von elf Herstellern in Japan, den USA, Deutschland und Kanada gefertigt. Sämtliche Schirme wurden in Bakersfield, Kalifornien, zusammengesetzt; von dort aus wurden die 1.340 blauen Schirme nach Japan verschifft.
The Umbrellas, Projekt Japan - USA
1984-1991
1.700 gelbe Schirme, Höhe jeweils 6m
Durchmesser jeweils 8,66m
Foto: Wolfgang Volz
Insgesamt 500 Arbeiter begannen im Dezember 1990 mit der Installation der Verankerungen im Erdboden und der Stahlsockel. Diese Arbeiten, die in Ibaraki von der Muto Construction Co. Ltd. und in Kalifornien von der Firma A. L. Huber & Son durchgeführt wurden, zogen sich bis in den September 1991 hin. Anschließend, vom 19. September bis zum 7. Oktober 1991, wurden die Schirme von einer zusätzlichen Bautruppe ("force", Christos eigene Bezeichnung als Ehemann einer Generalstochter scheint er oft geradezu militärisch seine Aufgaben anzugehen) an ihre Standorte transportiert, an die Sockel geschraubt und noch ungeöffnet in Position gebracht. Am 4. Oktober schlossen sich Studenten, Landarbeiter und Freunde über 900 in beiden Ländern den Bauarbeitern an, um die Installation der Schirme abzuschließen. (Der Abbau begann am 27. Oktober; das Gelände wurde in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt und alle Materialien dem Recycling zugeführt.)
Die Christos beschrieben ihr Projekt folgendermaßen: Die Schirme, freistehende, dynamische Module, reflektierten die menschliche Nutzung der Ländereien in den beiden Tälern, sie bildeten einladende Innenräume wie Häuser ohne Wände oder temporäre menschliche Siedlungen. . Auf der begrenzten und somit wertvollen Fläche des Tals in Japan standen die Schirme in intimer Enge beieinander, gelegentlich folgten sie der Geometrie der Reisfelder. In diesem wasserreichen Gebiet mit seiner üppigen Vegetation waren die Schirme blau. Im weiten kalifornischen Tal mit seinem unkultivierten Weideland waren die Schirme eher willkürlich angeordnet und breiteten sich in alle Richtungen aus. Die braunen kalifornischen Hügel waren mit gelbem Gras bedeckt, und in dieser trockenen Landschaft waren die Schirme gelb.
The Umbrellas, Projekt Japan - USA
1984-1991
In Ibaraki, Japan
90 blaue Schirme standen im Fluß Sato
Foto: Wolfgang Volz
Es sollte nicht unerwöhnt bleiben, daß dieses Projekt, das wie seine Vorgänger ein großer Medien- und Publikumserfolg war und so vielen Menschen eine so große ästhetische Freude bereitete, von zwei tragischen Todesfällen überschattet wurde, die die Christos zutiefst erschütterten.
Jeder, der sie gesehen hat, kann es bezeugen: The Umbrellas, Japan/USA waren von einfacher Anmut und atemberaubender Schönheit und sie waren ein weiterer Beleg dafür, daß es in der Kunst der Christos um weit mehr geht, als nur um das notorische Verpacken und Verhüllen. In den Projekten Valley Curtain (1970-1972), Running Fence (1972-1976), Surrounded Islands (1980-1983) und The Umbrellas, Japan/USA haben sie diesen Aspekt ihrer Kunst weit hinter sich gelassen.