hide random home http://www.deutsche-bank.de/db/gbericht/teil14.htm (Einblicke ins Internet, 10/1995)

Risikomanagement


Auch 1994 hat die Verflechtung der internationalen Geld- und Finanzmärkte weiter zugenommen, die Handelsvolumina sind nochmals deutlich gestiegen, und die Volatilitäten von Zinsen und Preisen haben sich erhöht. Dies hat insbesondere Auswirkungen auf die Komplexität und Vielfalt der Finanzinnovationen, die die Rahmenbedingungen des modernen Bankgeschäftes entscheidend verändert haben.

Im Sommer 1993 hat sich die Group of Thirty - unter Mitwirkung der Deutschen Bank - dieses Themas angenommen und eine Studie zu Grundsätzen und Prinzipien von derivativen Instrumenten erarbeitet sowie Empfehlungen für das Risikomanagement ausgesprochen. Im Jahre 1994 haben die internationalen Gremien der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO) und der Baseler Ausschuß für Bankenaufsicht bei der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) Richtlinien für das Risikomanagement von Derivaten publiziert.

Auf nationaler Ebene veröffentlichte im Dezember 1994 der Ausschuß für Bilanzierung des Bundesverbandes deutscher Banken Empfehlungen für die Bilanzpublizität von Finanzderivaten.

Die Deutsche Bank hat diese Bemühungen um erhöhte Transparenz und Sicherheit der Finanzmärkte durch internationale Standards für das Risikomanagement unterstützt. Sie sieht sich durch den nunmehr erreichten Konsens in ihren eigenen Anstrengungen bestätigt. Die Verantwortung für die unterschiedlichen, aber zunehmend interdependenten Risikofelder (Markt-, Kredit-, Rechts- und operative Risiken) wird in einem unabhängigen, konzernweiten Risikomanagement zusammengeführt.

Die Grundsätze des Risikomanagements sowie die verwendeten Meßverfahren und Limitsysteme sind vom Vorstand genehmigt und von den Wirtschaftsprüfern des Konzerns geprüft worden. Die für das Konzernrisikomanagement Verantwortlichen (die Vorsitzenden des Risk Management Committee und des Credit Committee) berichten unmittelbar an den Vorstand.

Risikomanagement der Handelsaktivitäten

Im modernen Handelsgeschäft stellen die traditionellen Kassainstrumente und die jeweiligen Derivate Koppelprodukte dar. Sie sind in Portfolien zusammengefaßt und werden entsprechend "gemanagt". Dem hat die Risikoüberwachung zu folgen: Das Risikomanagement unserer Handelsaktivitäten bezieht sich deshalb, mit der internationalen Praxis übereinstimmend, auf alle Positionen, unabhängig davon, ob sie aus Kassa- oder aus Derivateinstrumenten resultieren.

Organisation und Aufgaben des Risikomanagements

Das Risk Management Committee (RMC) überwacht die laufenden Handelsgeschäfte: Es setzt sich zusammen aus dem Vorsitzenden, den weltweit verantwortlichen Leitern der einzelnen Handelsbereiche, dem Chief Credit Officer sowie Fachleuten aus Controlling und Treasury. Es analysiert die Risiko- und Ertragsposition der Bank, überwacht die Limite und kommentiert die Marktentwicklung. Das RMC ist direkt dem Vorstand unterstellt und berichtet an ihn.

Dem Vorsitzenden des RMC ist die von den Geschäftsbereichen funktional getrennte Global Risk Management Group (RMG) unterstellt. Mitarbeiter der RMG sind an allen internationalen Handelsplätzen eingesetzt. Die RMG ist für die Kontrolle der Marktrisiken (qualitative Auswertung von Risiko- und Ertragskennziffern; Limiteinhaltung), die Prüfung neuer Handelsprodukte und Bewertungsverfahren, die Ermittlung der handelsspezifischen Kreditrisiken sowie die Vertragsdokumentation verantwortlich.

Grundsätze

Das Risikomanagement erfolgt sowohl regional und lokal in den jeweiligen Handelszentren als auch zentral für den Gesamtkonzern und ist unabhängig vom Handel. Grundlagen sind Meßverfahren für alle Risikoarten, Limite zu deren Begrenzung und ein Informationssystem für die Bewertung, Überwachung und Steuerung der Risiken. Die Risiken werden konzernweit erfaßt und alle Positionen täglich bewertet. Die hierfür verwendeten Annahmen und Grundsätze werden regelmäßig überprüft und an Marktentwicklungen angepaßt.

Im einzelnen werden Markt-, Kredit-, Rechts- und operative Risiken überwacht.

Marktrisiken

Marktrisiken sind Preis- und Liquiditätsrisiken. Sie entstehen aus der Veränderung der Zinssätze, der Kurse und der Preise der zugrundeliegenden Finanzinstrumente (Aktien, Devisen, Edelmetalle etc.) und dazugehöriger Derivate (Futures, Optionen, Swaps und FRAs).

Den internationalen Standards entsprechend verwenden wir zur Ermittlung des Marktrisikos das Money-at-Risk Konzept. Durch Aggregation aller Portfoliobestandteile und deren Sensitivitäten wird eine Meßzahl für das Verlustpotential bei Preis- beziehungsweise Zinsänderungen gewonnen. Zukünftige Risiken werden auf der Basis historischer Preis- beziehungsweise Zinsänderungen für einen festgelegten Zeitraum von 90 Tagen ermittelt. Hierbei wird mit einer 1,65-fachen Standardabweichung gerechnet, das bedeutet, daß man mit einer 95%igen Wahrscheinlichkeit das Verlustpotential angeben kann. In der Vergangenheit definierte Korrelationen zwischen verschiedenen Laufzeiten oder Währungen werden in der Money-at-Risk Berechnung berücksichtigt.

Am 31. Dezember 1994 betrug das Money-at-Risk für den Konzern Deutsche Bank 130,8 Mio DM.

Neben den Berechnungen der Risiken mit dem Money-at-Risk Verfahren werden besondere Optionspreis- Verfahren benötigt, um die Optionsrisiken zu analysieren. Hiermit werden die Wertveränderungen der Optionsportfolios, die sich aus der Konvexität (Gamma), der Veränderung der Volatilität (Vega) und des Zeitablaufs (Theta) ergeben, regelmäßig berechnet.

In den verbleibenden 5% der Fälle, die durch die oben genannten Verfahren nicht abgedeckt werden, könnten zum Beispiel aufgrund fehlender Markttiefe Liquiditätsrisiken entstehen. Hier rechnen wir regelmäßig sogenannte Crash-Szenarien durch, die unter anderem historische Krisensituationen nachbilden. Daneben begrenzen Nominallimite die Volumina in einzelnen Finanzinstrumenten, bei börsengehandelten Produkten zum Teil in Abhängigkeit von im Markt umlaufenden offenen Kontrakten, um die Marktgröße und unseren Marktanteil als voneinander abhängige Bezugsgrößen darzustellen.

Die Risikosteuerung wird durch einen Vergleich der Ertragsentwicklung mit dem Money-at-Risk ergänzt. Im Berichtsjahr bewegte sich die Ertragsentwicklung stets in dem vom Money-at-Risk prognostizierten Rahmen.

Kreditrisiken

Das Kreditrisiko im Handelsgeschäft entsteht dadurch, daß ein Vertragspartner nicht in der Lage ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Die Risiken aus Handelsgeschäften ð einschließlich der derivativen Geschäfte ð beziehen sich jedoch im Gegensatz zum klassischen Kreditgeschäft nicht auf das Nominalvolumen. Die Höhe des Ausfallrisikos ergibt sich aus den Wiederbeschaffungskosten, das heißt den Kosten, die aufgewendet werden müssen, um die entstandene offene Position wieder zu schließen.

Als Kennziffer für die Kreditrisiken aus OTC-Derivaten werden internationalen Standards entsprechend die aktuellen Wiederbeschaffungskosten angesetzt. Für den Konzern betrug am 31. Dezember 1994 das Kreditrisiko 21,4 Mrd DM bei einem Nominalvolumen des Portfolios von 1.855,7 Mrd DM.

An die Bonität der Kontrahenten werden strenge Anforderungen gestellt. So gehören 85% des Portfolios zumindest zur Bonitätsklasse A.

Für alle Kontrahenten sind individuelle Kreditlinien eingerichtet. Die Inanspruchnahmen werden wie bei kommerziellen Krediten überwacht; das Portfolio wird nach Kontrahentenklassen, Produkten, Laufzeiten und Ländern analysiert.

Rechtsrisiken

Rechtliche Risiken bestehen vor allem darin, daß Ansprüche gegenüber Handelspartnern nicht durchgesetzt werden können. Wir begegnen solchen Risiken durch sorgfältige Prüfung der Rechts- und Verpflichtungsfähigkeit der Gegenparteien sowie von Verbots-, Steuer- und sonstigen Rechtsvorschriften und durch Verwendung gebräuchlicher Standardverträge.

Netting Policy

Im Geschäft mit Finanzderivaten ist es wichtig sicherzustellen, daß bei Insolvenz der Gegenpartei Forderungen und Verbindlichkeiten aus einzelnen Geschäften gegeneinander saldiert werden können (Netting), um so zu einer Reduzierung der mit diesen Geschäften verbundenen Kreditrisiken zu gelangen. Wir versuchen, dies unter anderem durch den Abschluß von Rahmenverträgen zu erreichen, in denen mit den jeweiligen Kontrahenten eine solche Netting-Befugnis vereinbart wird.

Für das Netting bedarf es klarer rechtlicher Grundlagen, auch nach dem Insolvenzrecht im Land des Kontrahenten. Für Kontrahenten in Deutschland ist durch neue insolvenzrechtliche Bestimmungen im Jahr 1994 klargestellt worden, daß ein solches Netting in der Insolvenz rechtlich anzuerkennen ist.

Operative Risiken

Operative Risiken können in den Kommunikations-, Informations- und Abwicklungssystemen entstehen. Ursachen sind defekte Systeme, menschliches Versagen oder unzureichende Kontrollverfahren. Wir begegnen diesen Risiken durch strikte Trennung von Handel und Abwicklung wie auch durch unabhängige Kontrollgruppen. Systemunterstützung und Betriebskapazitäten werden dem Umfang und der wachsenden Komplexität des Handelsgeschäfts angepaßt. Im Jahr 1994 hat die Deutsche Bank 69 Mio DM in Risikomanagementsysteme investiert.

Rechnungswesen

Die Überleitung der Handelsgeschäfte in das Rechnungswesen erfolgt auf der Basis nachfolgender Grundsätze: Das Derivate-Portfolio wird gegliedert in Hauptprodukte und dazugehörige Hedge-Produkte und als weit gefaßte Bewertungseinheit zusammengeführt. Der ermittelte Barwert eines Portfolios muß über die Laufzeit der Kontrakte mit hinreichender Sicherheit realisierbar sein. Ein positiver Gesamtbarwert aller Haupt- und Hedge- Produkte wird nach dem Grundsatz der Periodenabgrenzung über die Restlaufzeit des Portfolios verteilt, und nicht, wie in den USA üblich, in voller Höhe in der Erfolgsrechnung vereinnahmt. Ein negativer Gesamtbarwert eines Buches führt allerdings nach deutschen Regeln in voller Höhe zur sofortigen Rückstellung für drohende Verluste.

Die Rechnungslegung bildet die Ergebnisbeiträge der Handelsbücher oder -portfolios somit nach den Grundsätzen für Bewertungseinheiten ab. Dabei werden noch nicht realisierte Gewinne bis zum Ausgleich mit noch nicht realisierten Verlusten verrechnet.

Kreditrisikomanagement

Neuen und komplexen Finanzierungsformen, internationaler Vernetzung und sich verändernden Risikokonzentrationen im Bankgeschäft begegnen wir mit dem kontinuierlichen Ausbau der Instrumente zur Bewertung und Steuerung der Kreditrisiken. Daneben erfordert ein effizientes Risikomanagement adäquate organisatorische Regeln mit klarer Verantwortung und Kompetenz, die schnelle Kreditentscheidungen ohne Beeinträchtigung der Qualität zulassen.

Für den Geschäftsbereich Firmen und Körperschaften haben wir daher die dezentralen Kreditkompetenzen erhöht - und gleichzeitig das Steuerungsinstrumentarium verbessert. Im Geschäftsbereich Privat- und Geschäftskunden kommt es zu einer stärkeren Normierung und Zentralisierung der Kreditentscheidung auf Hauptfilialebene. Diese Maßnahmen verlangen als Gegengewicht im Bereich der Risikosteuerung und Kontrolle ein unabhängiges, übergeordnetes, konzernweites Kreditrisikomanagement. Das ist eine Aufgabe der Zentrale.

Das Kreditrisikomanagement im Konzern wurde dem Chief Credit Officer (CCO) übertragen, der die Kreditkompetenzen der Leiter der Geschäftseinheiten und der Kreditabteilungen mit festlegt. Ihm untersteht die Abteilung Kreditrisikomanagement (KRM). Diese erarbeitet, ergänzt und überwacht den Ordnungsrahmen im Kreditgeschäft der Bank, das heißt die Kreditgrundsätze, die Kreditrichtlinien und den Kreditentscheidungsprozeß. Ein weiteres Schwergewicht der Tätigkeit liegt auf der systematischen Prüfung des Kreditgeschäftes vor Ort, die in Arbeitsteilung und Abstimmung mit der Konzernrevision durchgeführt wird. KRM trägt keine Kundenverantwortung und ist nach einer Übergangsphase nur in Ausnahmefällen noch in Kreditentscheidungen eingebunden.

Teil des internen Kreditentscheidungsprozesses ist dagegen das ebenfalls in der Zentrale angesiedelte Credit Committee. Es entscheidet über Kredite, die über die Kreditkompetenzen der dezentralen Entscheidungsträger hinausgehen und die nicht in die Zuständigkeit des Gesamtvorstandes fallen.

In regelmäßigen Abständen werden, unter Teilnahme des Controlling, Fragen zum Risikogehalt des Portfolios, der Kreditportfolioplanung sowie die Auswirkungen sich verändernder externer Bedingungen auf das Kreditrisikoprofil diskutiert. Das Credit Committee wird geleitet vom CCO und setzt sich aus Vertretern der Geschäftsbereiche, des KRM und dem Vorsitzenden des Risk Management Committee (RMC) zusammen. Das Credit Committee untersteht, wie sein Pendant im Bereich der Marktrisiken, direkt dem Vorstand und berichtet an ihn.

Die Weiterentwicklung des internationalen Standards entsprechenden Instrumentariums zum Kreditrisikomanagement wird vom KRM - in enger Zusammenarbeit mit dem Bereich Controlling - vorangetrieben. Zur Steuerung der Kredit-Risikoposition werden im Rahmen der Portfolioplanung und des Portfoliomanagements die Kreditrisiken sichtbar gemacht und bewertet. Die Ergebnisse des Portfoliomanagements, unter anderem Analysen zum Risikoprofil des Portfolios, Kommentare zur Portfolioplanung sowie erarbeitete Szenarien werden in regelmäßigen Abständen von KRM dem Vorstand vorgelegt.

Im Rahmen unseres Konzeptes der umfänglichen Dezentralisierung von Kreditkompetenzen in die am Markt tätigen Geschäftseinheiten ist die systematische Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeiter im Kreditgeschäft eine Gemeinschaftsaufgabe, der sich alle Beteiligten zur Erhaltung der hohen Standards der Kreditausbildung stellen.


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