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In Ladenburg lebten die Römer recht luxuriös
Olivenöl aus Spanien, Austern, Bäder - Vor 1900 Jahren
erhob Trajan das Kastell zur Stadt
Von unserer Mitarbeiterin Johanna Eberhardt
LADENBURG, Rhein-Neckar-Kreis. Frisches Fleisch, Getreide,
Butter und Käse bezogen sie von den Gutshöfen der
Umgebung; die Austern kamen - in Salzwasser gelagert - vom
Atlantikkanal, das Olivenöl aus Andalusien. Auch fern der
Hauptstadt ihres Weltreichs ließen es sich die alten Römer
gutgehen. Wie gut, das kann man in Lopodunum, dem heutigen
Ladenburg, unweit von Heidelberg und Mannheim studieren.
Seit dem vergangenen Jahrhundert erforschen die Archäologen
in dem schönen mittelalterlichen Städtchen römische
Spuren und Hinterlassenschaften. Und immer mehr tritt dabei, wie
der Archäologe Berndmark Heukemes erklärt, ¸¸ein
unerhörter Luxus zutage''. Für das römische Forum
von Lopodunum mit seiner riesigen Marktbasilika etwa, meint er, ¸¸wird
es nördlich der Alpen wenig Vergleichbares geben''. Als
seinen bedeutendsten Fund ordnet der ehemalige Abteilungsleiter
des Kurpfälzischen Museums in Heidelberg, der bis zu seiner
Pensionierung 50 Jahre lang unzählige Grabungen in Ladenburg
leitete, einen römischen Bronzeschatz ein. Er kam 1977 beim
Neubau einer Schule zum Vorschein und schmückte vermutlich
einmal ein riesiges Prunkportal eines Gebäudes der Stadt.
Auch nach Einschätzung des Stuttgarter Landesdenkmalamts
gewinnt das historische Ladenburg zunehmend an Bedeutung. Aus
Sicht der Forschung werde es immer mehr zu einem römischen
Oberzentrum im Sinne einer Bezirkshauptstadt; allein von der Größe
und der Menge der Funde her hebe es sich ¸¸um eine halbe
Stufe über andere römische Hauptorte in Südwestdeutschland
wie etwa Wimpfen oder Rottenburg hinaus'', erklärt der zuständige
Referatsleiter des Amtes, Sebastian Sommer. So besaß
Ladenburg schon zu Beginn des ersten Jahrtausends ein riesiges
Theater.
Mit vermutlich rund 5000 Plätzen und einer 90 Meter breiten
Bühne war es nach Angaben Heukemes' doppelt so groß wie
das von Pompeji. Die ersten fünf Reihen seien für die
wohlhabenden römischen Ratsherren bestimmt gewesen, die in
den Provinzen ihre Karrieren beförderten. Außerdem gab
es ein oder wahrscheinlich zwei Bäder, das bereits erwähnte
große Forum mit seiner gewaltigen Marktbasilika für öffentliche
Veranstaltungen, Versammlungen und Gerichtsprozesse, dazu einen
imposanten Palast mit Fußbodenheizung und wahrscheinlich
auch einen Tempel. Die Archäologen fanden eine große
Jupitergigantensäule und unterirdische Heiligtümer des
damals beliebten Mithraskults. Reste von Privathäusern mit
beachtlichen Grundrissen zeugen vom Wohlstand der Bewohner,
ergraben wurden auch Überreste zahlreicher Handwerksbetriebe,
unter anderem eine Bronzegießereiwerkstatt und Töpfereien
und Teile einer insgesamt fast drei Kilometer langen Stadtmauer.
Eine lange Zeit als ¸¸mansio'' - eine Art Gästehaus
oder Großhotel - eingeordnetes Gebäude, auf dessen
Reste man bei Grabungen 1977 gestoßen war, könnte nach
heutiger Einschätzung der Fachleute ein zweites Forum gewesen
sein. Das Hauptforum, dessen erster Teil schon 1911 entdeckt
worden ist, war 184 mal 130 Meter groß, die Basilika 47 mal
73 Meter; die Archäologen gehen allerdings davon aus, daß
die Anlage möglicherweise nie ganz fertiggestellt wurde. Rund
40 bis 50 Hektar groß war das römische Ladenburg, zu
neun Zehnteln liegt es verborgen unter dem heutigen
mittelalterlichen Stadtkern; nur wo gebaut wird, haben die Archäologen
eine Chance, seine Geschichte weiter zu erforschen. Als eine von Sümpfen
umgebene Insel an einem Seitenarm des Neckars gelegen, war der Ort
schon in der Keltenzeit für eine größere Siedlung
genutzt worden. Seine römische Laufbahn begann zu Zeiten von
Kaiser Vespasin vermutlich im Jahr 75. Damals legten die Römer
zum Schutz der Straße vom südlichen Oberrhein nach
Mainz eine ganze Kette von Kastellen an, zwei davon in Ladenburg.
In der Regierungszeit Kaiser Trajans, der zuvor ab 97 als
Statthalter der Rheinprovinzen amtierte, begann der Abzug der
Truppen und der Aufbau des neuen Verwaltungsbezirks Civitas Ulpia
Sueborum Nicretum - benannt nach dem Kaiser, Ulpius Trajanus,
selbst und den in der Gegend angesiedelten Neckarschwaben - mit
Lopodunum als Hauptort. Da Trajan wahrscheinlich 98 in Ladenburg
Station machte, begeht man hier offiziell in diesem Jahr den 1900.
Geburtstag der Stadt.
Nach dem neuesten Stand der Wissenschaft feiert man damit möglicherweise
ein paar Jahre zu früh. Ausgerechnet die intensive
Auseinandersetzung mit dem anstehenden Jubiläum hat die Archäologen
des Landesdenkmalamts nämlich zur Überzeugung gebracht,
daß die eigentliche Stadtgründung in Ladenburg erst
einige Jahre später erfolgt sein könnte, nämlich
nach dem Ende der Kriege Trajans in Dakien im Jahr 106. Da es
keine wirkliche Gründungsurkunde gebe, werde man sich bei der
Festlegung dieses Datums allerdings immer auf der Ebene eines
Indizienbeweises bewegen, erklärt Sommer.
Das Ende Lopodunums begann 233 mit einer ersten Zerstörung
durch die Alamannen, denen 260 eine zweite folgte. Um 360 brachte
Kaiser Valentinian I. die Civitas noch einmal unter römische
Herrschaft - deren letzter Zeuge ist ein mächtiger Burgos,
eine mit einer Schiffslände ausgestattete Festung am Neckar.
¸¸Allerhand Antiquiteten und Stein, so in Weingärten
und Aeckern herumb gefunden werden, beweisen genugsam, daß
die Römer auch allhie ihre Stationes, Läger, Castell und
Vestungen gehabt haben'', notierte im 17. Jahrhundert Matthäus
Merian über Ladenburg.
Zu besichtigen sind deren Spuren heute vor allem im
Lobdengaumuseum der Stadt, in dem sich auch ein echter Brunnen aus
Lopodunum befindet. Bis Ende September gibt es außerdem eine
kleine Ausstellung des
Landesdenkmalamts im Rathaus unter dem Titel ¸¸Lopodunum
98 - Vom Kastell zur Stadt''. |