Als kleiner Junge mußte ich, Jean Pütz, mit meinen Eltern und meinem Bruder den Zweiten Weltkrieg und die entbehrungsreiche Nachkriegszeit im wahrsten Sinne des Wortes "überleben", d.h. wir schafften es gemeinsam, nicht nur zwei Großbombenangriffe in Kellern, einen Tieffliegerangriff in einem Eisenbahnzug und drei Frontwechsel an der luxemburgischen Mosel zu überstehen, sondern wir strotzten auch dem Hunger in den Jahren 1945/46. Dem Mut und dem Geschick meines Vaters verdanken wir unser Leben, der Zuversicht und dem Organisationstalent meiner Mutter eine gewisse Lebensqualität in dieser trostlosen Zeit. Irgendwie gelang es ihr immer wieder mal, eine Tafel Schokolade oder ein bißchen Butter und Zucker, vor allem von Zeit zu Zeit sogar, wie sie sagte, "echten Bohnenkaffee" zu ergattern. Heute noch steckt mir der Geruch in der Nase, der sich dann in der Wohnung verströmte. Manchmal waren die Bohnen noch nicht richtig geröstet, das mußte dann ganz vorsichtig im Kochkessel nachgeholt werden. Das anschließende Mahlen der Bohnen war in der Regel meine Aufgabe. Und dann kam der große Moment, wenn das siedende Wasser auf das Kaffeepulver gegossen wurde; das duftete doch ganz anders, als wenn der Muckefuck zubereitet wurde, dieser Kaffee-Ersatz aus Gerste, Roggen sowie Malz, Zichorie und Eicheln. Substanzen, die dem Muckefuck bestimmte Gerbstoffe verleihen sollten. Besonders gut - und das schmecke ich noch heute auf der Zunge - hat dieses Gebräu nicht geschmeckt, aber was konnten wir tun, es war besser als nichts.
Diese schweren Zeiten sind Gott sei Dank für uns vorbei. Die soziale Marktwirtschaft hat uns Wohlstand und eine relative soziale Sicherheit beschert. Es hat bisher aber den Anschein, daß soziale Marktwirtschaft (zu der es eigentlich keine Alternative gibt, insbesondere wenn auch noch die ökologischen Kriterien mit einbezogen werden) nur den Gesellschaften vorbehalten bleiben, denen es wirtschaftlich gut geht, das heißt besonders den westlichen Industrienationen. Der Kommunismus oder der Staatssozialismus hat sich wie wir wissen kaputtgewirtschaftet, vor allen Dingen, weil er seine Bürger belogen und seine Funktionäre unerträglich gegängelt hat.
Bleiben noch die sogenannten Dritte-Welt-Länder, die von beiden Wirtschaftssystemen entwicklungshilfegeschädigt wurden - so möchte ich das einmal formulieren. Leider hat sich die sozial-ökologische Marktwirtschaft bisher nicht weltweit ausgebreitet, sondern im Gegenteil, auf dem Weltmarkt herrscht immer noch brutaler Manchester-Liberalismus, der in unseren Breiten im 18. Jahrhundert die Verarmung der arbeitenden Bevölkerung bewirkte.
Rücksichtsloser Kapitalismus führt derzeit immer noch auf den Weltrohstoffmärkten das Zepter. Da ist es egal, ob die Menschen, die davon abhängig sind, das heißt weitgehend die aus der Dritten Welt, verarmen oder gar verhungern, Hauptsache der Profit stimmt. So ist es dazu gekommen, daß viele Produkte dieser Art nicht einmal mehr die bescheidenen Produktionskosten decken. Das gilt ganz besonders für den Kaffee. Hätten Sie gedacht, daß der Kaffee nach dem Rohöl das zweitwichtigste Welthandelsprodukt ist. Es hat sich herausgestellt, daß der Kaffee, für den wir hier immer weniger bezahlen müssen, daß dieser "billige" Kaffee arm macht. Ich konnte mich selbst davon in Costa Rica überzeugen. Obwohl ich ehrlicherweise sagen muß, daß es den kleinen Kaffeebauern in Costa Rica schon wesentlich besser geht als ihren Brüdern in anderen Teilen der Welt. Große Verdienste hat sich dafür die Deutsche Friedrich-Ebert-Stiftung erworben, die diese kleinen Bauern organisatorisch beraten hat; sie hat sie vor allen Dingen veranlaßt, sich in Kooperativen zusammenzuschließen und fünf dieser Kooperativen haben sich dann zum Cocafe vereint, der auf dem Wege ist, auch wegen seiner exellenten Qualität, zu einer Welthandelsmarke zu werden. Ich konnte den Bauern dort auch deswegen große Hoffnung machen, weil ich selbst aus einer Weingegend in Luxemburg komme, in der es um die Jahrhundertwende den Weinbauern so schlecht ging, daß sie hungern mußten. Heute sind sie wohlhabend, vor allen Dingen, weil sie sich zu Wein- Kooperativen, der sogenannten "Vin-Moselle" zusammengeschlossen haben.
Allerdings könnten diese Wein-Kooperativen auch nicht gegen den Weltmarkt ankommen, wenn sich nicht in Amerika und Europa aktive Menschen entschlossen hätten, den Weltmarktpreis durch eine soziale Komponente zu ergänzen.
Mittlerweile weiß ich, daß zumindest der Cafe-Foresta (s. S. XX) in Deutschland so eingeschlagen ist, daß inzwischen schon über 500 bis 1000 Tonnen verkauft worden sind - allerdings auch wegen der Premium-Qualität.
In Holland hat sich dieser Sache vor allen Dingen die Max- Havelaar-Stiftung und in Deutschland die Transfair-Organisation angenommen, und es scheint so zu sein, daß demnächst der Transfair-Kaffee mit unterschiedlichen Sorten sogar in Supermärkten zu kaufen sein wird, zu Gunsten der Kleinbauern in der Dritten Welt, die damit einen weit über dem Weltmarktpreis liegenden Erlös erzielen können.
Zum Schluß möchte ich noch einige Fragen beantworten, die sehr häufig gestellt worden sind. Wie Sie in der Sendung erfuhren, habe ich die Filme selbst mit einem kleinen Camcorder in Costa Rica gedreht. Es war eine Video-High 8-Kamera, die mittlerweile auch für den normalen Bürger mit Preisen um DM 2.000,- herum erschwinglich ist. Er ermöglicht es erstmals auch dem Laien, exellente Videoqualität zu erreichen, die dem des professionellen Fernsehens nur ganz gering nachsteht. Der Vollständigkeit halber sei gesagt, daß gleiche Ergebnisse auch mit dem SVHS-System zu erzielen sind.
Daß unsere Kamera auch bei Bewegung - zum Beispiel aus dem Auto - so ruhige Bilder macht, lag daran, daß wir ein sogenanntes Mini- Stady-Cam-System verwandt haben, daß leider nicht sehr billig ist, es kostet ca. 2.000,- DM, aber mit dieser Hilfe können Sie sogar im Gehen tolle Aufnahmen machen.
"Last but not least" möchte ich mich bei Willy Millowitsch bedanken, weil er zu uns ins Studio gekommen ist, denn auch er ist von der Notwendigkeit überzeugt, daß die Menschen in der Dritten Welt durch solche Aktionen unterstützt werden müssen. Als jahrzehntelanger überzeugter Kaffeetrinker ist er auch ein Experte auf dem Gebiet und konnte uns die Premium-Qualität des Kaffee - wie Sie ja gesehen haben - glaubwürdig bestätigen. So, jetzt viel Spaß beim Lesen und guten Appetit bei der Umsetzung unserer Rezepte.
Ihr
Jean Pütz