INTERN Nr. 7 /1995

Herta Däubler-Gmelin: "Scientology" muß kontrolliert werden

Die sogenannte "Scientology-Kirche" wird immer mehr zum Problem, nicht nur in unserem Land, sondern weltweit. Dort werden Menschen mit Psychoterror gefügig gemacht. Sie werden ihres Eigentums beraubt, sie werden zur Beschaffung von Gewinn eingesetzt, sie werden zu totalitären Lehren mehr oder weniger gezwungen. Es wird ihnen etwas vorgemacht, was auf dieser Erde nicht existiert. Scientology nutzt die Bezeichnung "Kirche" aus, um möglichst wenig Verbindlichkeiten oder Gesetze befolgen zu müssen. Alles das geht nicht. Scientology wird immer mehr zu einer internationalen kriminellen Vereinigung, der sehr sorgfältig auf die Finger geschaut werden muß. Scientology muß kontrolliert werden, damit die Menschen, die Opfer geworden sind, mehr Hilfe bekommen können. Scientology muß auch daran gehindert werden, sich in Politik und Wirtschaft noch stärker einzumischen als sie das jetzt schon tut. Daß unsere Partei eine Mitgliedschaft in der SPD mit einer Zugehörigkeit zu Scientology für unvereinbar hält, das versteht sich von selbst.

Dokumentation

Beschluß des SPD-Parteivorstandes zur Unvereinbarkeit der SPD-Mitgliedschaft mit der Zugehörigkeit zu "Scientology"

  1. Die SPD stellt fest, daß Scientology Deutschland und ihre Unter- und Tarnorganisationen
  2. Die SPD fordert die Verantwortlichen in Bund und Ländern auf, durch abgestimmte Maßnahmen dafür zu sorgen, daß
  3. Die SPD stellt fest, daß die Mitgliedschaft in der SPD mit der Zugehörigkeit zu Scientology, einer ihrer nationalen oder internationalen Tarn- oder Unterorganisationen, sowie mit dem Bekenntnis zur Technologie und den Lehren von L. Ron Hubbard unvereinbar ist.

Begründung:

  1. In den vergangenen Jahren haben Klagen und Beanstandungen in Verbindung mit Tätigkeit, Geschäftsgebaren und Verhaltensweisen der Scientology-Kirche Deutschland e. V. oder ihren Tarn- und Unterorgansationen, die als Scientology- Vereine oder -Firmen in unterschiedlichen Organisationsformen in Deutschland operieren, ständig zugenommen:

    Ehemalige Mitglieder und deren Verwandte berichten von üblen Werbe- und auf Gewinnerzielung ausgerichtete Geschäftsmethoden, über Psychoterror, Druck und Verfolgung, die Freiheit und Würde mit Füßen treten;

    Kritiker und Skeptiker beklagen sich zunehmend über üble Verleumdungskampagnen; in Publikationen und Reden von Vertretern dieses "internationalen Multis" werden die Grundwerte der Demokratie abgelehnt und der Bundesregierung und Behörden in Deutschland in empörender Weise "neonazistische Regierungsattacken" gegen Scientology ihre Mitglieder unterstellt;

    vor internationalen Gremien und in ganzseitigen Anzeigen in überregionalen US-Zeitungen, wie der New York Times oder der Washington Post, versuchte Scientology zuletzt Anfang 1995 sogar, Scientology als eine in Deutschland verfolgte religiöse Minderheit darzustellen und sie in subtiler Weise mit den Opfern fremdenfeindlicher Gewalttaten auf eine Stufe zu stellen.

  2. In den letzten Jahren haben zahlreiche parlamentarische Initiativen in Bund und Ländern immer wieder darauf hingewiesen, daß es längst nicht mehr ausreicht, die Bekämpfung von Scientology und die Aufklärung über Methoden dieser Organisation sogenannten Sektenbeauftragten von Kirchen zu überlassen. In verschiedenen Ländern sind mittlerweile wirksame Schritte eingeleitet worden, um gegen die üblen Methoden von Scientology vorzugehen, bzw. vor ihnen zu warnen.

    Im Bereich des Bundes jedoch ist die erst 1994 beim Bundesverwaltungsamt eingerichtete "Informationsstelle `sog. Jugendsekten und Psychogruppen`" aufgrund ihrer Anbindung an das Bundesministerium für Senioren, Frauen und Jugend, ihrer unzureichenden personellen Ausstattung und ihrer unzureichenden politischen Befugnisse bis heute nicht in der Lage, den notwendigen Anforderungen nachzukommen. Sie muß aufgestockt, mit Kompetenzen versehen und an das Bundesinnenministerium angebunden werden.

    Am 6.5.94 hat die Konferenz der Innenminister in Bund und Ländern - IMK - durch Beschluß festgestellt:

    "Die Scientology-Organisation stellt sich gegenwärtig den für Gefahrenabwehr und Strafverfolgung zuständigen Behörden der inneren Verwaltung als eine Organisation dar, die unter dem Deckmantel einer Religionsgemeinschaft Elemente der Wirtschaftskriminalität und des Psychoterrors gegenüber ihren Mitgliedern mit wirtschaftlichen Betätigungen und sektiererischen Einschlägen vereint. Der Schwerpunkt ihrer Aktivitäten scheint im Bereich der Wirtschafts-kriminalität zu liegen. Deshalb sollten staatliche Abwehrmaßnahmen zunächst in diesem Bereich fortgesetzt werden".

    Durch Umlaufbeschluß der Regierungschefs der Länder vom 7.12.94 wurde die IMK u.a. gebeten, die Beteiligung der Verfassungsschutzbehörden am Erfahrungs- und Informationsaustausch über die Scientology-Organisation zu gewährleisten und ggf. auszubauen sowie die Bundesregierung ersucht, das Thema Scientology auch im europäischen Rahmen aufzugreifen.

  3. Die Lehren des Scientology-Gründers, des US-Amerikaners L. Ron Hubbard, die in totalitärer Weise als verbindlich vorgeschrieben werden, enthalten an zahlreichen Stellen die klare Verneinung tragender Grundsätze unserer Verfassungsordnung, wie z. B. der Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit, des Demokratieprinzips, des Rechts- und Sozialstaatsprinzips.

    Das Endziel von Scientology ist die Errichtung eines weltweiten Herrschaftssystems nach scientologischen Grundsätzen ("Clear planet") und damit die Abschaffung unserer demokratischen Grund- und Werteordnung (Hubbard: "Regierungen sind nur ein reaktives Gebilde, mit dem wir eine Zeitlang leben müssen.") Bei einer durch das Kurssystem angestrebten völligen Verinnerlichung der Ideologie "("Technology") von Hubbard sorgen Anhänger der Organisation in ihrem jeweiligen Arbeits- und Lebensbereich mit allen Mitteln dafür, daß die scientologische Expansion voranschreitet. Der Leitsatz von Hubbard "keep Scientology working" ist immer präsent und handlungsbestimmend.

    Schon 1986 hat die Staatsanwaltschaft München in der Einstellungsverfügung zu einem von Scientology gegen Kritiker angestrengten Ermittlungsverfahren festgestellt, "daß es sich bei dem System Scientology, das über die Scientologen, denen absolute Freiheit versprochen wird, absolute Kontrolle ausübt, um eine Ideologie mit ausgeprägten totalitären Grundprinzipien handelt. Aufgrund der Beweismittel besteht weiterhin der Verdacht, daß Ziel der Organisation die wirtschaftliche Ausbeutung hörig gewordener Kunden ist, die selbst wieder zur Kundengewinnung und Kundenausbeutung eingesetzt werden". Ideen, Ziele und Praxis der Scientology-Organisation seien nicht mit der Wertordnung des Grundgesetzes vereinbar.

    Darauf hat sich auch die Staatsanwaltschaft beim Landgericht Hamburg im letzten Sommer wieder bezogen.

    Am 16. Februar 1995 hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Hamburg vom 6.7.1993 bestätigt und damit erneut klargestellt, daß Scientology- Vereine, im konkreten Fall handelte es sich um die sogenannte "Scientology-Kirche Hamburg e.V.",eine gewerbliche Tätigkeit ausüben, wenn sie Bücher, Broschüren und verschiedene andere, als "Devotionalien" bezeichnete Gegenstände und Artikel verkaufen oder vertreiben oder Kurse und Seminare veranstalten. Damit ist klargestellt, daß auch Scientology seine Geschäfte als Gewerbe anmelden muß und dafür steuerpflichtig ist.

    Zuletzt hat am 22.3.1995 das Bundesarbeitsgericht entschieden, daß Scientology nicht als Kirche oder Religionsgemeinschaft anzusehen ist, sondern als Wirtschaftsunternehmen, das als Gewerbetreibender auch die gesetzlich geregelten Arbeitgeberpflichten einzuhalten hat. Die Behauptung von Scientology, Religionsgemeinschaft zu sein, sei Vorwand, da weder die scientologische Lehre noch das Geschäftsgebaren von Scientology dieser Behauptung entspreche.



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