Umfang und Geschwindigkeit der Veränderungen und Belastungen des Öko-Systems Erde nehmen dramatisch zu. Wir brauchen eine weltweite Partnerschaft zur Lösung globaler Probleme. Wir müssen aber leider auch feststellen, daß die Umweltbewußtseinslage in der Welt sehr unterschiedlich ist.
Ökologische Bemühungen in Bayern und Deutschland sind von großer Bedeutung, auch wenn sie für sich allein genommen global nicht zu wesentlichen Verbesserungen führen.
Ich sehe allerdings in der deutschen Umweltdiskussion mehr und mehr die Tendenz zu grün-nationaler Überheblichkeit und Arroganz gegenüber anderen Völkern. Ich unterstreiche die Warnung des Münchner Soziologen Prof. Ulrich Beck vor einem "deutsch-grünen Nationalismus". Er stellt zu Recht fest: "Viele Deutsche wollen eine Art grüner Großschweiz. Sie träumen von einem Deutschland des ökologischen Weltgewissens". Er sieht darin eine Wiederbelebung deutscher Überheblichkeit - dieses Mal in Umweltfragen.
Und ich füge hinzu: Diese Art des grünen Rigorismus würde Deutschland in Europa isolieren. Fortschritt in Europa braucht den Konsens. Der Fundamentalismus der Grünen kann zum Spaltpilz für Europa werden. Das wollen wir nicht! Wir wollen anderen bei der Lösung ihrer Umweltprobleme helfen, ohne sie zu bevormunden.
Unser Wirtschaftssystem hat unbestritten auch Umwelt-Folgelasten. Aber unsere Wirtschaftsweise kommt, gemessen am Nutzen für den Menschen, mit der verhältnismäßig geringsten Beanspruchung von Ressourcen und Umwelt aus. Wir verbrauchen, gemessen am Ertrag, weniger Energie und weniger Rohstoffe als andere Länder und Völker. Nirgendwo arbeiten (im Verhältnis) mehr Menschen für den Umweltschutz als in Deutschland. Unser Wirtschaftssystem ist auch ökologisch dem sozialistischen und dem kapitalistischen weit überlegen.
Das bedeutet: Nicht der Ausstieg aus der Industriegesellschaft löst unsere Umweltprobleme und gar die globalen Umweltaufgaben, sondern nur ihre ständige ökologische Optimierung . Umweltschutz darf jedoch nicht ohne Rücksicht auf die Leistungskraft unserer Wirtschaft betrieben werden. Denn es wäre auch ökologisch unsinnig, Arbeitsplätze dorthin zu vertreiben, wo mit Sozial- und mit Umweltdumping produziert wird.
Nachhaltige Entwicklung ist der weltweit anerkannte Leitbegriff moderner Umweltpolitik. Heute gehen alle davon aus, daß ökonomische, ökologische und soziale Entwicklungen untrennbar sind. Nachhaltige Entwicklung verknüpft wirtschaftliche Entwicklung und soziale Wohlfahrt mit dem dauerhaften Schutz unserer Lebensgrundlagen. Die Nutzung der Natur darf ihre Regenerationskraft nicht gefährden. Auch kommende Generationen haben einen Anspruch auf die natürlichen Lebensgrundlagen. Deshalb brauchen wir vermehrt integrierten Umweltschutz anstelle von Umweltreparaturen.
Wir alle tragen Verantwortung für die Schöpfung. Wir sehen den Menschen als Teil der Schöpfung, der berufen ist, sie ebenso zu nutzen und zu gestalten wie zu bewahren und zu erhalten. Der Wert des Lebendigen bemißt sich nicht allein am Nutzen für den Menschen. Tier- und Pflanzenwelt haben einen Eigenwert. Besondere Verantwortung tragen wir Menschen für die Tiere als unsere Mitgeschöpfe. Tierschutz ist unser aller Aufgabe und Verpflichtung.
Ich sehe mit Respekt und Anerkennung, wieviele Menschen sich im Umweltschutz engagieren. Wer sich umhört, glaubt sogar, wir seien nur ein Volk von Umweltschützern. Unübersehbar sind aber die Widersprüche zwischen propagiertem Umweltbewußtsein und praktischem Verhalten, zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Umweltschutz beginnt in den Köpfen. Der Umwelt zuliebe brauchen wir nicht nur Diskussionen und Erklärungen, sondern vor allem mehr Taten.
Ob Wirtschafts-, Finanz- oder Energiepolitik, Land- und Forstwirtschaftspolitik, Verkehrs- oder Gesundheitspolitik, Bildungs- oder Kommunalpolitik, Baupolitik, Raumordnungs- und Landesentwicklungspolitik - überall geht es auch um die Umwelt.
Deshalb brauchen wir weder eine andere Wirtschaftsordnung noch eine Umetikettierung unserer Sozialen Marktwirtschaft in eine "ökologische Marktwirtschaft". Wir müssen die Soziale Marktwirtschaft nur ernst nehmen. Sozial ist nur, was auch die ökologischen Grundlagen menschlicher Existenz schont.
In der Sozialen Marktwirtschaft setzt sich Umweltbewußtsein so schnell wie in keiner anderen Wirtschaftsform in Nachfrage und Preise um. Weder Planwirtschaft noch Kapitalismus gehen so schonend mit unseren Ressourcen um wie unsere Soziale Marktwirtschaft.
Im Rahmen unserer Wirtschaftsordnung verwirklichen wir die Maximen der Umweltpolitik:
Dabei geht es nicht um satten, selbstgefälligen Wohlstand, es geht aber auch nicht um grüne Zwangsaskese durch Ökodiktatur. Verordnete Askese, und sei sie auch nur durch den erhobenen politischen Zeigefinger verordnet, hat in einer Demokratie keine Akzeptanz. Angenehm und immer besser zu leben, ist ein Urtrieb des Menschen. Wer anderes behauptet, hat entweder keine Menschenkenntnis oder lügt sich in die Tasche.
Wir wollen einen Wohlstand, der stets auf einem tragfähigen ökologischen Fundament basiert. Das schließt auch Verzicht und das Zurückschrauben von Ansprüchen ein. Intakte Natur ist ja gerade ein Stück ökologischen Reichtums. Wir setzen auf einen ökologischen Wohlstand, weil nur er unserem Menschenbild und unserer freiheitlichen Demokratie entspricht.
Deutschland hat 1994 rund 50 Milliarden DM für den Umweltschutz aufgewendet. Das sind 55 % mehr als in Frankreich, 31 % mehr als in Japan und Österreich, 21 % mehr als in Großbritannien, 6 % mehr als in den USA.
Der Freistaat Bayern setzt pro Jahr ohne Personalausgaben über 1,7 Milliarden DM für Umwelt- und Naturschutz ein. Aber wir wollen mehr. Trotz knapper Kassen schaffen wir neue Handlungsmöglichkeiten. Im zweiten Teil der "Offensive Zukunft Bayern" werden wir die Privatisierungserlöse aus dem Verkauf der Versicherungskammer gleichwertig für Kultur, Soziales und Ökologie verwenden. Wir werden diesem Haus einen Umweltfonds für Umweltschutz und klassischen Naturschutz vorschlagen.
Hohe Umweltkosten verschärfen den internationalen Wettbewerb für deutsche Unternehmen. Dennoch wollen wir Vorreiter im Umweltschutz bleiben. Das kann aber nur gelingen, solange die mit uns konkurrierenden Länder im Geleitzug mitziehen. Wir brauchen einen breiten ökologischen Konsens in Europa.
Langfristig drängen wir weltweit auf Umweltmindeststandards. Das erfordert geduldige Überzeugungsarbeit auf allen internationalen Ebenen. Wir sind dazu bereit. Wer allerdings glaubt: Am neugrünen deutschen Wesen muß die Welt genesen, leidet an grün-nationalem Größenwahn!
Mit Vorurteilen, Moralpredigten und irrationalen Ängsten ist der Umwelt nicht gedient!
Irrationalität ist ein Markenzeichen grüner Umweltpolitik:
Umweltschutz ist nicht nur Last, sondern immer auch Gewinn.
Umweltschutz ist nicht frei von Zielkonflikten. Der Bürger soll nicht nur die Ziele, sondern auch die Zielkonflikte erkennen. Der Bürger soll nicht nur ökologische Forderungen hören, sondern auch ihren Preis erfahren.
So wichtig Umweltschutz auch ist: Der absolute, generelle Vorrang des Umweltschutzes vor allen anderen menschlichen Interessen und Zielen wäre verhängnisvoll und inhuman. Wer z.B. sozialen Wohnungsbau wegen Flächenverbrauch kürzt - wie jetzt Grün-Rot in Nordrhein-Westfalen - opfert elementare Bedürfnisse der Menschen grüner Ideologie.
Umweltschutz darf nicht nur als wirtschaftliche Last angesehen werden, sondern immer auch als Gewinn:
Die Bayerische Forschungsstiftung fördert gezielt umwelttechnische Projekte wie den Forschungsverbund Solarenergie, Einrichtungen zur Trinkwasserreinigung, Meßsysteme für Recyclingverfahren oder die Entwicklung eines Wasserstoff-Motors nach dem Diesel-Prinzip mit minimalem Abgasausstoß. Die Forschungsstiftung fördert diese Projekte im Gesamtvolumen von rund 78 Millionen DM mit knapp 40 Millionen DM. Damit gehen über ein Fünftel der Mittel der Forschungsstiftung in Umweltprojekte.
Forschung und Kreativität brauchen öffentliche Anerkennung. Ihre Verteufelung treibt sie außer Landes.
Deshalb brauchen wir auch zum Nutzen der Umwelt die Akzeptanz der Bürger für neue Technologien, wie z. B. die Bio- und Gentechnik. Sie kann helfen, gesündere, ertragsstärkere Pflanzen zu entwickeln und den Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel zu verringern. Sie eröffnet die Chance, auf dem vorhandenen Boden den Hunger in der Welt zu besiegen.
Wir sind für einen besonnenen, verantwortungsvollen Umgang mit der Bio- und Gentechnologie. Aber es wäre ökologisch unverantwortlich, die Chancen der Gentechnik zum Schutz der Umwelt nicht zu nutzen. Mit grün-roter Dämonisierung dieser Zukunftstechnik verspielen wir die Zukunft.
Bundespräsident Roman Herzog weist zu Recht darauf hin: Risiken liegen nicht nur in der Anwendung von Technologien, sondern auch im Verzicht auf sie. Dem kann ich nur zustimmen. Wer Gentechnik von vorneherein verteufelt, versündigt sich nicht nur an der Natur, sondern auch an den Menschen, weil er ihnen die Lösung der Nahrungsprobleme, medizinischen Fortschritt und auch Arbeitsplätze vorenthält.
Umwelttechnologie ist ein wachsender Wirtschaftszweig der Hochtechnologie, der dem Wirtschaftsstandort Bayern zugute kommt.
Wir werden deshalb alles tun, damit Bayern für Betriebe der Umwelttechnologie ein noch attraktiverer Standort wird, z. B. durch die Gründerzentren in Augsburg und Martinsried und den Neubau des Landesamts für Umweltschutz in Grub, das ein Umweltdienstleistungszentrum für Wirtschaft und Bürger werden wird. Allein für diese drei Maßnahmen geben wir 178 Millionen DM aus.
21 % der weltweit produzierten Umweltgüter werden in Deutschland hergestellt, mehr als in jedem anderen Land. 680.000 Menschen sind heute in Deutschland im Umweltschutz beschäftigt. Im Jahr 2000 könnten es vielleicht 1 Million sein. Deutsche Umwelttechnik hat gute Chancen, zu einem Exportschlager zu werden.