Pressemitteilung der Bayerischen Staatsregierung

19. Juli 1995

Umweltinitiative Bayern - Regierungserklärung von Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber


Ein "Umweltpakt 2000" für kooperativen Umweltschutz zwischen Staat und Wirtschaft ist Kern der "Umweltinitiative Bayern", für die Ministerpräsident Dr. Edmund Stoiber mit einer Regierungserklärung vor dem Bayerischen Landtag den Startschuß gegeben hat. Die Staatsregierung und die Wirtschaft in Bayern wollen noch in diesem Jahr in Deutschland bisher einmalige freiwillige Vereinbarungen für den Umweltschutz in den Bereichen Umweltmanagement und Verkehr, Abfall- und Energiewirtschaft, Förderung nachwachsender Rohstoffe sowie der Sanierung von Altlasten abschließen. Stoiber unterstrich die gemeinsame Verantwortung von Staat, Wirtschaft und Bürgern für den Schutz von Umwelt und Natur. Stoiber: "Wir brauchen eine beständige ökologische Optimierung unseres Handelns." Im Mittelpunkt stehe, Wirtschaft und Umwelt mit einer neuen Umweltkultur miteinander zu versöhnen. Stoiber betonte, die soziale Marktwirtschaft sei wegen ihrer umfassenden Wertorientierung auch für den Schutz der Umwelt die beste Wirtschaftsform. Stoiber: "Sozial ist nur, wer auch die ökologischen Grundlagen menschlicher Existenz schont. Unser Ziel heißt ökologischer Wohlstand."

Stoiber: "Ich bin der bayerischen Wirtschaft dankbar, daß sie bereit ist, den neuen Weg zum kooperativen Umweltschutz mitzugehen." Das Umweltrecht könne nicht unbegrenzt ausgeweitet werden. Bereits heute sei das Umweltrecht mit bundesweit über 800 Gesetzen, 2.770 Verordnungen und rund 4.690 Verwaltungsvorschriften immer unübersichtlicher und bürokratischer. Stoiber: "Der Staat muß auch künftig die Ziele setzen. Aber für die Wege, die dorthin führen, können und müssen wir verstärkt den Sachverstand der Wirtschaft nutzen."

Weiterer Bestandteil der "Umweltinitiative Bayern" ist die Errichtung eines Umweltfonds aus Mitteln der zweiten Tranche der Privatisierungserlöse. Aus dem Privatisierungsfonds sollen wichtige Projekte der Umweltpolitik wie etwa die Erweiterung des Nationalparks Bayerischer Wald und die Schaffung einer Modellregion für grenzüberschreitenden Umwelt- und Naturschutz zusammen mit dem angrenzenden tschechischen Nationalpark Sumava, der weitere Ausbau regenerativer Energien und die Stärkung der Umweltbildung an den bayerischen Schulen finanziert werden.

Ein Schwerpunkt für den weiteren Ausbau der regenerativen Energien ist die verstärkte Nutzung der Sonnenenergie. Zusätzlich zu staatlichen Finanzhilfen für den Einbau von Sonnenkollektoren und Wärmepumpen in Haushalten strebt die Staatsregierung unter dem Motto "Strom aus Sonne" Partnerschaften zwischen Bayern und sonnenreichen Ländern für Pilotprojekte zur umweltfreundlichen Stromversorgung durch Photovoltaik an. Die weitere Verbesserung der technischen Grundlagen zur Nutzung der Sonnenenergie mit dem Ziel, für umweltfreundliche Solarenergie Wirtschaftlichkeit und eine breite Markteinführung zu erreichen, ist das größte Einzelvorhaben der Bayerischen Forschungsstiftung.

Kooperativer Umweltschutz zwischen Staat, Bürger und Wirtschaft schließt nach den Worten Stoibers auch den Einsatz ökonomischer Anreize für ökologische Ziele ein. Es müsse für Bürger und Unternehmer auch wirtschaftlich vorteilhaft sein, sich umweltfreundlich zu verhalten. Stoiber: "Dazu zählen auch aufkommensneutral ausgestaltete ökologische Lenkungsanreize im Steuerrecht wie der Umbau der Kfz-Steuer in eine emissionsbezogene Steuer, die Spreizung der Mineralölsteuer nach dem Benzolgehalt von Treibstoffen, die EU-weite Besteuerung der Treibstoffe im Luftverkehr oder die EU-weite Einführung einer CO2-Steuer." Eine klare Absage erteilte Stoiber Grünen und SPD zu ihren Vorstellungen einer ökologischen Steuerreform. Er bezeichnete Pläne der Grünen, die Energie- und Umweltsteuern auf einen Schlag um 70 Milliarden DM pro Jahr zu erhöhen als Frontalangriff auf Bürger und Wirtschaft. Stoiber: "In ihrer Radikalität nehmen diese Pläne keine Rücksicht mehr auf die Menschen, die hier leben und arbeiten wollen. Die bewußte Vertreibung energieintensiver Arbeitsplätze in Nachbarländer mit niedrigerem Umweltstandard ist umweltpolitisch kontraproduktiv und wirtschaftspolitisch verheerend." Der SPD warf Stoiber beim Thema Ökosteuer eine nicht mehr zu überbietende Schizophrenie vor: "Sie wollen die Kohle subventionieren, um sie anschließend mit einer CO2-Steuer belastet zu verheizen." Zugleich warnte Stoiber nachdrücklich vor deutscher Überheblichkeit und Arroganz in Umweltfragen. "Wir sollten anderen bei der Lösung ihrer Umweltprobleme helfen, ohne sie zu bevormunden" , so Stoiber.

Effektive Fortschritte in der Umweltpolitik setzen nach den Worten Stoibers eine interessenüberschreitende Kommunikation und Kooperation voraus. Die Staatsregierung werde daher auf Initiative von Umweltminister Dr. Thomas Goppel ein "Umweltforum" einrichten, in dem Vertreter der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen aus dem In- und Ausland zu aktuellen Problemen und langfristigen Entwicklungen in der Umweltpolitik Konzepte und Vorschläge erarbeiten.

Die "Umweltinitiative Bayern" umfaßt folgende Maßnahmen und Projekte:

  1. "Umweltpakt 2000" - Abschluß einer freiwilligen Vereinbarung noch in diesem Jahr zwischen Staat und Wirtschaft für kooperativen Umweltschutz im Bereich Umweltmanagement und Verkehr, Abfall- und Energiewirtschaft, Förderung nachwachsender Rohstoffe sowie Sanierung von Altlasten.

    Der "Umweltpakt 2000" soll folgende Bestandteile enthalten:

  2. Errichtung eines Umweltfonds für Umwelt- und Naturschutz finanziert aus den Privatisierungserlösen im Rahmen des zweiten Teils der "Offensive Zukunft Bayern" gleichwertig neben des Fonds für Kultur und Soziales.

  3. Förderung regenerativer Energien :

  4. Erweiterung des Nationalparks Bayerischer Wald und Aufbau einer Modellregion für länderübergreifenden Natur- und Umweltschutz zusammen mit angrenzendem tschechischem Nationalpark Sumava unter Einsatz von Privatisierungserlösen. Dabei soll ein vernünftiger Ausgleich der Interessen vor Ort gefunden werden.

  5. Ausweitung der Wasserschutzgebiete von 3,5 Prozent auf 5 Prozent der Fläche Bayerns.

  6. Ökologische Optimierung des Donauausbaus : Ergänzende gutachliche Untersuchungen zu den Möglichkeiten und Grenzen flußbaulicher Maßnahmen.

  7. Alpenschutz : Ablehnung neuer alpenquerender Autobahnen und Sperrung von Hochtälern für Individualverkehr.

  8. Programm zur Verminderung der Stoffeinträge aus der Landwirtschaft in den Wasserhaushalt und "Aktionsprogramm Stickstoff 2000" zur Reduzierung der Stickstoffemissionen aus der Landwirtschaft um 50 Prozent in den nächsten fünf Jahren.

  9. Neue Impulse für bayerische Umwelttechnologie : Umweltgründerzentren in Augsburg und Martinsried sowie Neubau des Landesamts für Umweltschutz in Grub als Dienstleistungszentrum im Umweltbereich für Wirtschaft und Bürger.

  10. Ökologische Lenkungsanreize im Steuerrecht auf Bundes- und EU-Ebene (aufkommensneutral):

  11. Novellierung der gesetzlichen Grundlagen für den Naturschutz (Bayerisches Naturschutzgesetz und Bundesnaturschutzgesetz) mit Neuregelung Biotopverbund, Biotoptypen, Vertragsnaturschutz, Schutz der Natur vor rücksichtsloser Freizeitnutzung und Präzisierung Landwirtschaftsklausel.

  12. Unterstützung Bayerns für Bodenschutzgesetz des Bundes, wenn wesentliche Forderungen Bayerns (kein unverhältnismäßiger Kosten- und Verwaltungsaufwand) berücksichtigt sind.

  13. Strenge Mehrwegquoten bei der anstehenden Novellierung der Verpackungsverordnung und falls notwendig Einführung von Abgaben auf Dosen.

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