Stoiber: "Als Hochlohnland müssen wir bei den neuen Entwicklungen der Informationstechnologie an der Spitze des Fortschritts marschieren, wenn wir unsere Position im weltweiten Standortwettbewerb halten wollen." Der Freistaat bietet nach den Worten Stoibers eine ausgezeichnete Basis für die neuen Kommunikationstechnologien. Stoiber wie darauf hin, daß die Elektro- und Elektronikindustrie die bedeutendste Branche innerhalb des verarbeitenden Gewerbes in Bayern ist. Auch bei den Printmedien und der Computerindustrie ist Bayern der führende Standort in Deutschland. Fast 40 Prozent aller in Deutschland in der EDV-Geräteherstellung Beschäftigten arbeiten in Bayern. Stoiber: "Nach neuen Schätzungen werden die Kommunikationstechnologien für zwei Drittel aller Arbeitsplätze in Bayern eine wichtige Rolle spielen. Heute stellt sich nicht mehr die Frage, ob das Informationszeitalter kommt. Die Frage lautet: Kommt es mit uns oder ohne uns?"
Siemens-Vorstandsvorsitzender von Pierer erklärte, Deutschland habe das weltweit größte Glasfasernetz und das erste Breitbanddatennetz geschaffen. Nach seinen Angaben verfügen die neuen Bundesländer wohl weltweit über die modernsten Kommunikationsnetze. Wenn Deutschland nicht als Schrittmacher das Tempo bei der Entwicklung und Markteinführung der neuen Informationstechnologien mitbestimme, heißt das auch: Es überläßt anderen Ländern die Technologieführerschaft, Arbeitsplätze und Wohlstandsgewinne. Von Pierer: "Im Interesse Deutschland, Bayerns und auch der Arbeitsplätze und Unternehmen in unserem Land liegt es, daß es dazu nicht kommt. Mit 220.000 Arbeitsplätzen im Inland, der Hälfte davon in Bayern, sehen wir das in aller Schärfe." Von Pierer wies darauf hin, daß es darum geht, über die Kompetenz zur Systemintegration zu verfügen, angefangen von den Datennetzen und der Datenübertragung bis hin zu den Endgeräten und dem Bereich der Diensteanbieter. Von Pierer: "Das ist der Schlüssel dafür, als Komplettanbieter auf diesem Markt mitmischen zu können." Es komme jetzt darauf an, daß es keine abschreckenden Bedienungs-, Preis- und Sprachbarrieren gibt. Das heißt, so von Pierer: "Die Technik muß einfach, preisgünstig und leistungsfähig sein." Von Pierer kündigte an, daß Siemens in den nächsten Tagen als erstes Unternehmen einen in Bayern gefertigten Fernseh-Computer auf den Markt bringen wird.
Nach Aussagen Stoibers sollen mit den Pilotprojekten im Rahmen von "Bayern online" auch die Akzeptanz der neuen Kommunikationstechnologien erhöht und psychologische Hemmschwellen abgebaut werden. Stoiber: Der Einsatz der neuen Informationstechnologien läßt sich nicht mehr aufhalten." Stoiber erklärte, daß das Phänomen weltweit frei zirkulierender und abrufbarer Daten und Informationen auch die Politik vor völlig neue Herausforderungen stellt. Stoiber: "Wenn es um Zukunftstechnik geht, darf es nicht zur Maxime werden, über das Ausmalen der Risiken die Chancen zu verpassen." Aber in dem Spannungsfeld zwischen den faszinierenden Möglichkeiten müsse für die neuen Kommunikationstechnologien ein ausgewogener rechtlicher Rahmen geschaffen werden. Wirksamer Schutz vor Mißbrauch muß, so Stoiber, vor allem im Bereich des Jugend- und Datenschutzes sowie bei den Urheberrechten erreicht werden. Das weltweite Informationsnetz Internet zeige, daß zur Erreichung eines international anerkannten Mindestschutzes auch Verhandlungen mit dem Ziel internationaler Regelungen notwendig sind.
Zum Start des Pilotprojektes umfaßt das auf dem WWW-Server gespeicherte Programm der Staatsregierung im Internet rund 1000 Seiten, 250 Bilder und Graphiken sowie einige Ton- und Videodokumente. Neben aktuellen Informationen über die Politik der Staatsregierung können Daten und Fakten aus dem Bereich Forschung und Hochschulen sowie Wirtschafts- und Tourismusinformationen abgerufen werden. Ein Behördenwegweiser hilft beim Zugang zu den verschiedenen Ämtern und Behörden. Über Querverbindungen (sogenannte links) können mit einem Mausklick zum Beispiel die neuesten Veröffentlichungen aus den Bayerischen Hochschulen oder neue Informationen aus Wirtschaftsunternehmen auf den Bildschirm geholt und auch ausgedruckt werden. Der WWW-Server der Staatsregierung im Internet ist über die Adresse http://www.bayern.de erreichbar. Stoiber kündigte an, daß die Staatsregierung in den kommenden Monaten ihr Informationsangebot im Internet systematisch erweitern wird.
Die Möglichkeiten zur weltweiten Information und Präsentation sollen durch das im Rahmen von "Bayern online" aufzubauende Bayernnetz auch weiten Bevölkerungsschichten sowie vor allem mittelständischen Unternehmen in der Pilotphase unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden. Mit dem Ziel eines flächendeckenden Ausbaus sollen sogenannte Einwählknoten errichtet werden, über die das Bayernnetz und damit auch Internet möglichst von jeder Region im Freistaat aus zum Ortstarif über Telefon- oder ISDN-Leitung angewählt und genutzt werden kann. Nach den Worten Stoibers ist diese flächendeckende Einbindung von Bürgern und Wirtschaft auch im internationalen Maßstab einmalig.
Das Internet verbindet nach Einschätzung von Experten zur Zeit etwa 40 Millionen Teilnehmer und 150 Staaten in allen Erdteilen. Jeden Monat kommen rund zwei Millionen neue Anwender hinzu. Der Zugang zum Internet steht bei einer Ausrüstung mit PC, Telefonanschluß und Modem jedem Bürger offen. Zur Zeit wird das Internet in Deutschland hauptsächlich von Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Wirtschaftsunternehmen genutzt, zunehmend schließen sich aber auch mittelständische Betriebe und Privatpersonen an.