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Pressemitteilung des SPD Parteivorstandes vom


Sozialdemokratische Partei Deutschlands


Pressemitteilung des SPD Parteivorstandes vom 14. Juni 1995

In der heutigen Ausgabe der Wetzlarer Neuen Zeitung erscheint der folgende Beitrag des SPD- Parteivorsitzenden Rudolf Scharping zur Ausbildungssituation in Deutschland:
Heute kommt der Bundeskanzler erneut mit Vertretern von Wirtschaft und Gewerkschaften zusammen, um über die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu sprechen. Erinnern wir uns: Nach seinem letzten Treffen vor drei Monaten hatte der Bundeskanzler selbstzufrieden verkündet, wer jetzt die Schule verlasse, brauche sich um eine Lehrstelle nicht zu sorgen, die Vertreter der Wirtschaft hätten fest zugesagt, allen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen. Leere Versprechungen, werden die vielen tausend Jugendlichen sagen, die immer noch vergeblich nach einer Lehrstelle suchen. In Ostdeutschland hat überhaupt nur jeder dritte Jugendliche die Chance, eine Lehrstelle zu finden. Auch in Westdeutschland reichen die gemeldeten Ausbildungsplätze nicht aus, um den Jugendlichen eine freie Berufswahl zu ermöglichen. Zwar hat die Bundesregierung bereits im Februar 1994 gemeinsam mit den Ländern, mit Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildungssituation beschlossen. Sie selbst hat bisher aber nichts unternommen, um diese Beschlüsse zu verwirklichen. Als öffentlicher Arbeitgeber zeigt sie auch keine Bereitschaft, das Versprechen einzulösen, das der Kanzler im März den Lehrstellensuchenden gegeben hat. Wenn der Bund selbst aber seiner Verantwortung für die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen nicht gerecht wird, bleiben alle Appelle an die Wirtschaft unglaubwürdig. Es liegt im eigenen Interesse der Wirtschaft, ihren Fachkräftenachwuchs zu sichern. Vor allem diejenigen, die nicht müde werden zu betonen, daß die Interessen der Wirtschaft am besten bei der Wirtschaft aufgehoben seien, müssen sich fragen lassen, wie sie es verantworten können, daß in Westdeutschland allein in den vergangenen zwei Jahren nahezu jeder sechste Ausbildungsplatz gestrichen wurde. Dies in einem Land, dessen wichtigste Ressource Kenntnisse, Fähigkeiten und Ausbildungsstand der Beschäftigen sind. In Ostdeutschland läßt sich das duale Ausbildungssystem nicht von heute auf morgen aufbauen. Die privaten und öffentlichen Arbeitgeber sind noch nicht in der Lage, für alle ausbildungswilligen Jugendlichen ausreichend betriebliche Ausbildungsplätze bereitzustellen. Deshalb muß umgehend eine neue "Gemeinschaftsinitiative Ausbildungsplatzsicherung" von Bund und Ländern vereinbart werden. In besonderen Problemregionen brauchen wir ein zusätzliches Angebot an außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen. Wir brauchen mehr Ausbildungsberater, die Betriebe gezielt auf Möglichkeiten ansprechen, zusätzliche Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, und die auf der anderen Seite Jugendliche, die in außerbetrieblichen Einrichtungen ausgebildet werden, zumindest zeitweilig in Betriebe vermitteln. Zusätzliche Ausbildungsplätze lassen sich auch dadurch schaffen, daß der Zusammenschluß mehrerer Betriebe zu einem Ausbildungsverbund gefördert wird, unter Umständen auch durch Übernahme der Organisationskosten. Kein Land kann es sich leisten, Teilen seiner Jugend den Eindruck zu vermitteln, sie würden nicht gebraucht, um ihr Schicksal und ihre Zukunft kümmere sich niemand. Wir brauchen alle Jugendlichen; wir brauchen ihre Ideen, auf die bestmögliche Ausbildung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten können wir nicht verzichten. Eine Bundesregierung, die hier versagt, verspielt die gemeinsame Zukunft.

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