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SPD-Parteivorstand Juni 1995

Fakten zur Beteiligung am Erwerbsleben sowie Einstellungen in der


SPD-Parteivorstand Juni 1995 Abteilung V/Kommunikation und Wahlen

Fakten zur Beteiligung am Erwerbsleben sowie Einstellungen in der Bevölkerung

Zu verschiedenen gesellschaftspolitsch relevanten Themen hat das Münchener Forschungsinstitut Polis für den SPD- Parteivorstand einen Trend-Survey 1995 erarbeitet. Wir stellen hier das Thema "Die Erwerbstätigkeit von Frauen" vor:

Trend-Survey 1995 Die Erwerbstätigkeit von Frauen Fakten zur Beteiligung am Erwerbsleben sowie Einstellungen in der Bevölkerung

Die sich verändernde Rolle der Frau in Familie und Beruf gehört zu den wichtigsten, die Gesellschaft verändernden Prozesse der letzten Jahrzehnte. Im Mittelpunkt dieser Entwicklung steht der Anstieg der Frauenerwerbstätigkeit, insbesondere der von Müttern mit (kleinen) Kindern. Mit diesem Prozeß verbunden sind andere gesellschaftliche Entwicklungen wie die Zunahme der Ehescheidungen, die Zu- nahme nichtehelicher Lebensgemeinschaften sowie die Zunahme sogenannter unvollständiger Familien, in denen in der Regel die Frau allein für die Erziehung der Kinder verantwortlich ist. Parallel zu diesen in Zahlen meßbaren und in Statistiken aufzeigbaren Änderungen des tatsächlichen Verhaltens ist auch ein nachhaltiger Einstellungswandel zu beobachten. Diese Einstellungen sind eine Konsequenz des Verhaltens, aber auch wesentliche Voraussetzung für eine Fortsetzung der Entwicklung hin zu einer Gleichstellung von Männern und Frauen. Es ist daher wichtig, neben dem tatsächlichen Verhalten die Entwicklung der Einstellungen der Menschen in Ost und West zu beobachten, zu erkunden in welche Richtung sie sich voraussichtlich in Zukunft entwickeln und welche gestaltenden Rahmenbedingungen die Politik in diesem Kontext entwickeln kann. 1 Fakten zur Beteiligung am Erwerbsleben 1.1 Die Erwerbsquote der Frauen im erwerbsfähigen Alter liegt im Westen bei 60 und im Osten bei 75 Prozent. Die Erwerbsbeteiligung von Frauen hat im früheren Bundesgebiet in den letzten 20 Jahren - trotz kon- junktureller Einbrüche und den daraus resultierenden Schwankungen auf dem Arbeitsmarkt - deutlich zugenommen. Diese Entwicklung stützt sich auf das verbesserte Bildungs- und Ausbildungsniveau vor allem der jüngeren Frauen sowie auf die veränderten gesellschaftlichen Einstellungen zur Frauenerwerbstätigkeit. Der eigene Beruf ist heute gesellschaftlich akzeptierter und vor allem von Frauen gewünschter Bestandteil weiblicher Lebenszusammenhänge und -biographien. Da sich im ehemaligen Bundesgebiet und in den neuen Ländern zwar vergleichbare Entwicklungen, jedoch auf unterschiedlichem Niveau sowie in anderen Rahmenbedingungen entwickelt haben, betrachten wir Ost und West im folgenden getrennt. Die Erwerbsquote der Frauen im Alter von 15 bis unter 65 Jahren stieg im ehemaligen Bundesgebiet von 48 Prozent im Jahre 1972 auf 60 Prozent im Jahre 1992. Der stärkere Zugang von Frauen auf den Arbeitsmarkt wird besonders deutlich, wenn man die Entwicklung der mittleren Jahrgänge betrachtet, da in bestimmten Altersgruppen auch gegenläufige Tendenzen auftraten (bei Frauen - wie auch bei Männern - verlängerten sich die Ausbildungszeiten und kommt es heute zu einem früheren Eintritt ins Rentenalter). Die Erwerbsquote der 40- bis unter 45jährigen Frauen ist im Betrachtungszeitraum bei- spielsweise von 49 Prozent auf 73 Prozent gestiegen. In den neuen Bundesländern gab es aufgrund anderer ökonomischer, politischer und gesellschaftlicher Rahmenbedingungen schon immer eine höhere Erwerbs- beteiligung der Frauen. Ausschlaggebend war zum einen die geringere Produktivität und die daraus resultierende höhere Nachfrage nach Arbeitskräften, die nicht - wie im Westen in Folge der wirtschaftlichen Prosperitätsphase - durch Arbeitskräfte aus dem Ausland gedeckt werden konnte. Ermöglicht wurde die höhere Erwerbsbeteiligung durch ein umfassendes Angebot an Einrichtungen zur Be- treuung von Kindern aller Altersgruppen. In der ehemaligen DDR lag die Erwerbsquote schon in den siebziger Jahren bei rund 70 Prozent und stieg bis zur Wende auf 77 Prozent. Vergleichbar mit den Entwicklungen im Westen sind auch im Osten die Zunahmen bei den 40- bis 45jährigen besonders eindrucksvoll. Die Erwerbsquote der mittleren Jahrgänge erhöhte sich zwischen 1972 und 1990 von 79 Prozent auf 97 Prozent. Obwohl sich die Rahmenbe- dingungen seit der Wiedervereinigung deutlich verändert haben, liegt die Erwerbsquote der weiblichen Bevölkerung mit 75 Prozent auch 1992 noch deutlich über den Anteilen im Westen. Diesen eindrucksvollen Erwerbsquoten vor allem im Osten muß allerdings die tatsächliche Erwerbsbeteiligung bzw. die Arbeitslosenquoten gegenüber gestellt werden. Im Jahresdurchschnitt 1992 meldet die Bundesanstalt für Arbeit eine Arbeitslosenquote der Frauen von 10,2 Prozent (Männer 7,1%). Die Frauen im Westen sind daran mit 7,2 Prozent beteiligt (Männer 6,2%) die Frauen im Osten mit 21,2 Prozent (Männer 11,4%). Exkurs: Gesellschaftliche Veränderungen, die im Kontext des Erwerbsverhaltens von Frauen zu berücksichtigen sind. Seit 1972 hat sich die Zahl der Alleinerziehenden in den alten Bundesländern von 1,46 auf 1,9 Mio. erhöht, was einem Zuwachs von 30 Prozent entspricht. Mit dieser Entwicklung korrespondiert die gesunkene Zahl der Eheschließungen und eine höhere Scheidungsbereitschaft. Beide Entwicklungen haben sich allerdings seit ein paar Jahren im Westen stabilisiert. Gegenwärtig werden nach unterschiedlichen Quellen zwischen 30 und 35 Prozent der geschlossenen Ehen geschieden. Im Osten ist die Bereitschaft zur Heirat dagegen seit 1990 drastisch zurückgegangen. Parallel dazu ist ein nicht weniger drastischer Geburtenrückgang zu verzeichnen. 1992 liegt in den neuen Bundesländern die Zahl der Eheschließungen um 65 Prozent und die Zahl der Geburten um 59 Prozent unter den Werten von 1988. Deutliche Zunahmen zeigt die Statistik bei den nichtehelichen Lebensgemeinschaften im alten Bun- desgebiet. Sie stiegen von 137.000 im Jahre 1972 auf 1.1 Mio. 1992. Im vereinten Deutschland gibt es 1992 rund 1,5 Mio. Haushalte mit nichtehelichen Lebensgemeinschaften; 1,1 Mio. ohne Kinder und 409.000 Gemeinschaften mit Kindern (28 %). Deutliche Unterschiede bestehen im Ost- West-Vergleich. Im früheren Bundesgebiet leben 81 Prozent dieser Paare ohne Kinder, wohingegen in den neuen Ländern in jedem zweiten Haushalt mindestens ein Kind aufwächst. 1.2 Vereinbarkeit von Beruf und Familie: Im Westen ist die Erwerbsquote von Frauen mit Kindern in den letzten zwanzig Jahren von 37 auf 51 Prozent gestiegen. In der ehemaligen DDR lag die Erwerbsquote der Frauen unabhängig von Familienstand und der Kinderzahl über 90 Prozent. Dies hat sich auch nach der Wende nicht wesentlich verändert. Diese Zahlen haben aber wenig mit der tatsächlichen Erwerbstätigkeit zu tun. Mütter vor allem mit kleineren Kindern sind in den alten und hauptsächlich in den neuen Bundesländern überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen. Besonders deutlich wird das Problem der Vereinbarkeit von Beruf und Familie am Beispiel der Ehefrauen unter 35 Jahren im Westen. Ohne Kinder treten 88 Prozent auf dem Arbeitsmarkt in Erscheinung. Mit Kindern sinkt ihr Anteil auf 51 Prozent. Trotz dieser Differenzen ist jedoch hervorzuheben, daß die Erwerbsquote junger Frauen mit Kindern in den letzten zwanzig Jahren deutlich gestiegen ist (von 37 auf 51 %). Der Wunsch nach oder die Not- wendigkeit einer Erwerbstätigkeit kann allerdings nicht immer realisiert werden. Die Erwerbstätigenquote der jungen Ehefrauen ist nämlich nur von rund 37 Prozent auf 46 Prozent gestiegen. Die jungen Mütter sind innerhalb der ohnehin auf dem Arbeitsmarkt benachteiligen Frauen noch einmal stärker von Arbeitslosigkeit betroffen. Entscheidenden Einfluß auf die Erwerbsbeteiligung hat das Alter der Kinder. Von allen Ehefrauen mit Kleinkindern (jüngstes Kind unter 3 Jahren) stehen in den alten Bundesländern 43 Prozent im Erwerbsleben. Der Anteil steigt mit dem Alter der Kinder: 53 Prozent in Familien, in denen das jüngste Kind zwischen 3 und 6 Jahre alt ist, 63 Prozent bei Frauen, deren jüngstes Kind 6 bis 15 Jahre alt ist. Interessant ist die Entwicklung der wöchentlichen Arbeitszeit. Erwartungsgemäß gehen von den jungen erwerbstätigen Ehefrauen unter 35 Jahren ohne Kinder 84 Prozent einer Vollbeschäftigung (über 36 Stunden) nach, während 16 Prozent teilzeitbeschäftigt sind. Mit der Geburt der Kinder beträgt das Verhältnis 41 (Vollzeit) zu 59 Prozent (Teilzeit). Mit dem Umstand, daß heute mehr Teilzeitarbeitsplätze angeboten werden als vor zwanzig Jahren, läßt sich erklären, daß der Anteil der Vollzeit- Beschäftigten unter den erwerbstätigen jungen Müttern im Betrachtungszeitraum sogar abgenommen hat: 1972 waren es noch 51 Prozent. Wie bei der Gesamtbetrachtung spielt auch bei den Müttern unter 35 Jahren das Alter der Kinder eine wichtige Rolle. Erwerbstätige Ehefrauen, deren jüngstes Kind unter 3 Jahre alt ist, sind im Westen noch zu 48 Prozent vollzeiterwerbstätig. Ist das jüngste Kind zwischen 3 und 6 Jahre alt sinkt der Anteil auf 32 Prozent und auch bei den Familien mit Kindern zwischen 6 bis 15 Jahren steigt die Quote der vollzeitbeschäftigten Mütter nur auf 34 Prozent. Bei den (Ehe-)Männern fällt die Zahl der Teilzeitbeschäf- tigten kaum ins Gewicht (2,8 %) und, sie geht mit der Geburt der Kinder sogar noch einmal zurück (2,6 bei Kleinkindern bzw. 2,2 Prozent bei größeren Kindern). In den neuen Bundesländern läßt sich (rein statistisch) ein anderes Bild zeichnen. Besonders deutlich werden die Unterschiede bei den jungen Müttern unter 35 Jahren. Während sich im Westen die Familienpause" stark bemerkbar macht, bleibt die Erwerbsquote der Mütter im Osten mit 97 Prozent etwa auf dem gleichen Niveau wie bei den gleichaltrigen Ehefrauen ohne Kinder. Betrachtet man allerdings die tatsächliche Erwerbstätigenquote, zeigt sich das ganze Dilemma des Ost-Arbeitsmarktes, auf dem (junge) Frauen mit Kindern stark benachteiligt sind. Von den 97 Prozent, die auch mit Kindern einer Erwerbsarbeit nachgehen, sind 1992 25 Prozent ohne Arbeit. Bemerkenswert sind die Daten für die nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Im Westen sind in 61 Prozent der nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit Kindern beide Partner erwerbstätig, bei 24 Prozent nur der Mann und bei 8 Prozent nur die Frau. Im Vergleich dazu gehen bei 48 Prozent der Ehen mit Kindern beide Partner einer Erwerbstätigkeit nach. In 42 Prozent der Ehen nur der männliche Partner und in 3 Prozent nur die Frau beruflich aktiv. In den neuen Bundesländern sind die Unterschiede aufgrund der hohen Erwerbsbeteiligung der Ehefrauen weniger gravierend. Bei alleinerziehenden Frauen liegen die Erwerbsquoten im früheren Bundesgebiet erwartungsgemäß deutlich höher als bei verheirateten Frauen mit Kindern. Bei den unter 35jährigen Müttern, die allein für ihr Kind bzw. ihre Kinder sorgen, macht sie 69 Prozent aus, während von den verheirateten Müttern dieses Alters nur" 51 Prozent zu den Erwerbspersonen zählen. Erwerbsquote und wöchentliche Arbeitszeit werden auch bei alleinerziehenden Frauen sehr stark vom Alter der Kinder beeinflußt, jedoch im geringerem Umfang als bei verheirateten Frauen. Sie liegt bei Kindern unter drei Jahren bei 53 Prozent und steigt bei größeren Kindern auf 82 Prozent. Alleinerziehende Frauen gehen auch häufiger als verheiratete Mütter einer Vollzeit-Beschäftigung nach (55 % zu 41 %). Zusammenfassend läßt sich festhalten: - Die Erwerbsquote und die Erwerbstätigkeit von Frauen auch mit Kindern ist in den letzten zwanzig Jahren im ehemaligen Bundesgebiet deutlich gestiegen. - In den neuen Bundesländern sind die weiblichen Erwerbsquoten in den verschiedenen Lebensphasen wesentlich ähnlicher als im Westen. Frauen - vor allem mit Kindern - sind allerdings deutlich stärker von Arbeitslosigkeit betroffen. Damit sind die Verhältnisse in Ost und West im Ergebnis ähnlicher als es die Stati- stik ausweist. - Die stärkere Erwerbsbeteiligung und die daraus entstehende Doppelbelastung von Frauen mit Kindern läßt den Wunsch nach Teilzeitarbeit vor allem im Westen wachsen. Umgekehrt hat die Zunahme der Teil- zeitarbeitsplätze die Zahl der erwerbstätigen Frauen erhöht. - Partnerinnen in nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit Kindern und alleinerziehende Frauen sind in den alten Bundesländern wesentlich häufiger erwerbstätig als verheiratete Mütter. - Die stärke Erwerbstätigkeit von Frauen hat in West und Ost nichts an der männlichen Erwerbsbiographie verändert. Teilzeitarbeit ist für Männer kein Thema. 2 Aufgabenteilung im Haushalt: An der klassischen Aufgabenverteilung hat sich in West und Ost wenig verändert. Der verstärkte Wunsch nach Teilzeitarbeit im Westen einerseits und die unveränderte Erwerbsbiographie von Männern andererseits geben erste Hinweise darauf, daß sich in der Erledigung der alltäglichen Haus- und Familienarbeiten, trotz verstärkter Erwerbstätigkeit von Frauen, keine grundsätzlichen Veränderungen ergeben haben. Überraschend ist trotz der unterschiedlichen Traditionen und Rahmenbedingungen die Ähnlichkeit der Befunde in beiden Teilen Deutschlands. Es besteht in Ost und West weiterhin die traditionelle Arbeitsteilung, in der vor allem Frauen die Hausarbeit leisten. Gleichzeitig ist innerhalb des Arbeitsbereiches eine geschlechtsspezifische Aufgabenverteilung zu beobachten. So sind nach einer aktuellen Zuma-Auswertung des ISSP 1994 (International Social Survey Progamm) für die Bundesrepublik, die Männer überwiegend für kleinere Reparaturen" im Haushalt zuständig (81% West; 88% Ost). In den Bereichen Lebensmittel einkaufen" und Kranke Familienmitglieder betreuen" fühlen sich beide Partner fast gleichermaßen verantwortlich, wobei die Werte in den neuen Bundesländer höher sind als im ehemaligen Bundesgebiet (z.B. Lebensmittel einkaufen": 44% West; 59% Ost). Die eindeutige Zuständigkeit des Aufgabenfeldes

Wäsche waschen" liegt dagegen weiterhin bei den Frauen (89% West; 90% Ost). Das gleiche Bild zeigt sich auch in einer Studie des Ministeriums für Frauen und Jugend von 1993. In Ost und West beteiligen sich die Männer am meisten an den Einkäufen. Jeweils nur 14 Prozent der Befragten sagen, den Einkauf übernimmt hauptsächlich der Mann". In 44 Prozent (West) und 38 Prozent (Ost) der Fälle teilen sich beide Partner diesen Bereich. Dagegen ist Putzen" (80% bzw. 73%) und Kochen" (jeweils 77%) weiterhin die

Domäne" der Frauen. Nur 2 (West) und 3 Prozent (Ost) bzw. 6 (West) und 10 Prozent (Ost) der Männer fühlen sich überwiegend alleine zuständig. In gleichberechtigter Arbeitsteilung erledigen dies nach Aussagen der Befragten 14 Prozent im Westen und 22 Prozent im Osten bzw. 16 Prozent im Westen und 12 Prozent im Osten. Interessant sind die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Wahrnehmung des Engagements in den verschiedenen Tätigkeitsbereichen. Männer geben häufiger an, sie wären für die entsprechenden Arbeiten zuständig, während umgekehrt die Frauen dies häufiger für sich reklamieren. Zudem sind mehr Männer als Frauen der Meinung, beide Partner engagieren sind zu gleichen Teilen im Haushalt. Allerdings sind die Abweichungen in den Aussagen nicht so gravierend, als daß die beschriebene Arbeitsteilung bzw. die stärkere Arbeitsbelastung der Frauen mit den täglich anfallenden Haushaltspflichten sich relativieren ließen. Nach der Studie ist eine Aufweichung der traditionellen Rollenverteilung bei der Hausarbeit lediglich für die jüngeren Befragten bis 35 Jahre im Westen festzustellen. Der Trend geht zu mehr partnerschaftlichem Teilen der notwendigen Arbeiten. Mit zunehmendem Alter steigt allerdings wieder der Anteil der Befragten an, die die häuslichen Pflichten ausschließlich der Frau zuweisen. Dies ändert sich mit Ausnahme des Kochens als Folge der abnehmenden Berufstätigkeit bei den Paaren zwischen 60 und 69 Jahren. Auffallend sind zwei weitere Einflüsse: Erstens, je höher die formale Bildung, desto größer ist auch der Anteil der Befragten, bei denen beide Partner für die Hausarbeit zuständig sind. Zweitens, in ländlich geprägten Regionen fällt die Beteiligung der Männer an der Hausarbeit deutlich geringer aus als in (Groß-)Städten. Auf den ersten Blick überraschen mag die breite Akzeptanz bzw. die hohe Zufriedenheit, die diese ungleiche Arbeitsbelastung bei den Betroffenen hinterläßt. 92 Prozent der IPOS-Befragten sind zufrieden mit der Aufgabenverteilung im Haushalt. In der Gesamtheit sind fünf Prozent der Ansicht, daß der Mann sich häuslich mehr betätigen sollte. Unter den befragten Frauen liegt der Anteil im Osten bei neun im Westen bei acht Prozent. Die beschriebene Rollenverteilung ruft nur bei 13 Prozent der Frauen in den neuen Bundesländern und 12 Prozent in den alten Bundesländern große Unzufriedenheit hervor. Die Doppelbelastung ist natürlich besonders relevant, wenn beide Partner berufstätig sind. Tatsächlich fühlen sich berufstätigen Frauen durch den Haushalt stärker belastet als die Männer. Besonders deutlich wird dies bei den berufstätigen Müttern. Jede zweite Frau im Westen mit Kinder unter 12 Jahren fühlt sich durch ihre Haushalts- pflichten stark belastet, im Osten sind es 36 Prozent. In Familien mit älteren Kindern geht die Belastung der Mütter leicht zurück, dennoch ist im Vergleich dazu die Beanspruchung, die Väter empfinden, nach der In- terpretation von IPOS marginal". 3 Einstellungen zur Berufstätigkeit von Frauen 31 Nach einer langen Phase der zunehmenden Akzeptanz steht die Erwerbstätigkeit von Frauen in den letzten Jahren im Westen auf der Einstellungsebene wieder stärker im

Verdacht des reinen Luxus". Dagegen ist die Zustimmung im Osten seit der Wende - vor allem aus ökonomischen Notwenigkeiten - weiter gestiegen. Die Berufstätigkeit der Frauen ist heute in beiden Teilen der Bundesrepublik ein weitgehend akzeptierter Normalzustand. Dennoch lassen sich hinter der allgemeinen Zustimmung unterschiedliche Grundeinstellungen zwischen Ost und West ausmachen. Die Zustimmung reflektiert vor allem die ökonomische Notwendigkeit sowie die Bedeutung, die Geld und Einkommen in unserer Gesellschaft für die eigenständige Lebensgestaltung zukommt. In der schon erwähnten ISSP- Befragung sagen 78 Prozent im Westen und 90 Prozent im Osten, die meisten Frauen müssen heutzutage arbeiten, um ihre Familie zu unterstützen" und 76 Prozent bzw. 80 Prozent, einen Beruf zu haben ist das beste Mittel für eine Frau, um unabhängig zu sein". Zu dieser allgemeinen gesellschaftlichen Akzeptanz gehört auch, daß die Förderung der Berufstätigkeit von Frauen großen Rückhalt erfährt. Nach der IPOS-Befragung meinen 72 Prozent im Westen und 88 Prozent im Osten, es müsse mehr getan werden, um die Berufstätigkeit der Frauen zu fördern. Bei den weiblichen Befragten stößt dies auf noch größere Zustimmung als bei den Männern (West: 79% zu 65%; Ost: 94% zu 82%). 90 bzw. 95 Prozent der Befragten in West und Ost sprechen sich sogar für eine verstärkte Förderung des beruflichen Wiedereinstiegs von Frauen aus. Die ersten Einstellungsunterschiede zeigen sich, wenn der Berufstätigkeit ein verpflichtender Charakter zugewiesen wird. 94 Prozent der Befragten in den neuen Bundesländern und nur" 67 Prozent im ehemaligen Bundesgebiet stimmen der Meinung zu, der Mann und die Frau sollen beide zum Haushaltseinkommen beitragen". Weitere Einstellungsunterschiede lassen sich her- ausarbeiten, wenn die traditionelle Geschlechter- rollenverteilung zur Entscheidung gestellt wird. Immerhin 35 Prozent im Westen sind der Meinung, einen Beruf zu haben ist ja ganz schön, aber das, was die meisten Frauen wirklich wollen, sind ein Heim und Kinder". 37 Prozent stimmen dem Statement zu, die Aufgabe des Mannes ist es, Geld zu verdienen, die der Frau, sich um Haushalt und Fa- milie zu kümmern". Im Osten folgen diesen Meinungen nur 20 und 11 Prozent. Fast jeder zweite Befragte ist in den alten Bundesländern der Meinung, Hausfrau zu sein ist genau so erfüllend, wie gegen Bezahlung zu arbeiten". Auch hier wollen sich nur 20 Prozent aus dem Osten dieser Meinung anschließen. Allen Aussagen stimmen Männer eher zu als Frauen. Insgesamt betrachtet sind aber die Differenzen zwischen den Geschlechtern weniger gravierend als die zwischen den Altersgruppen. Je älter die Befragten, desto größere Zustimmung findet die traditionelle Aufgabenverteilung. Herauszuheben ist die Übereinstimmung, wenn es um den Rollenwechsel geht. Ost- und Westdeutsche meinen zu gleichen Teilen (41% bzw. 40%), daß es nicht gut ist, wenn der Mann zu Hause bleibt und sich um die Kinder kümmert und die Frau außer Haus berufstätig ist". Sehr treffend faßt der Autor der Untersuchung zusammen:

Die Ostdeutschen erweisen sich also nur bei der Beurteilung der Rolle der Frau als weniger traditionell als die Westdeutschen, nicht aber hinsichtlich der Rolle des Mannes". Grundsätzlich andere Einstellungen zeigen die Menschen in Ost und West wiederum, wenn nach den Konsequenzen der Berufstätigkeit für die Familie und die Kinder gefragt wird. In den neuen Bundesländern gehen die Befragten (weit) häufiger als im ehemaligen Bundesgebiet davon aus, daß

eine berufstätige Mutter ein genauso herzliches und vertrauensvolles Verhältnis zu ihren Kindern findet, wie eine Mutter, die nicht berufstätig ist" (92% zu 75%) und daß ein Kleinkind nicht darunter leidet, wenn seine Mutter berufstätig ist" (71% bzw. 34%). Entsprechend sind auch weniger der Meinung, daß das Familienleben darunter leidet, wenn die Frau voll berufstätig ist" (31% bzw. 62%). In den Einstellungen im Osten spiegeln sich die guten Erfahrungen wider, die die Menschen in der ehemaligen DDR mit der Doppelrolle gemacht haben, was natürlich mit der früher staatlich gut geregelten Kinderbetreuung und der damit besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu tun hat. Eine grundsätzliche Einstellungsbarriere für die Berufstätigkeit von Frauen mit kleinen Kindern ist die schon seit Jahren zu beobachtende Meinung im Westen, es schadet der Entwicklung eines Kindes, wenn es vor dem Kindergartenalter außerhalb der Familie betreut wird". Nach IPOS sind 63 Prozent der Westdeutschen, Männer wie Frauen, dieser Meinung. 58 Prozent der Ostdeutschen halten dagegen, - die Frauen zu 61 Prozent, die Männer zu 55 Prozent - , dies schade der Entwicklung des Kindes nicht. Dieses Meinungsbild erklärt, warum die Frauen im ehemaligen Bundesgebiet mindestens den dreijährigen Erziehungsurlaub (42%) oder sogar eine längere Berufspause (43%) präferieren. Nur einen 6-wöchigen Mutterschaftsurlaub oder die Aufgabe des Berufes wählen 7 bzw. 8 Prozent der Frauen. In den neuen Bundesländern liegt die erste Priorität der weiblichen Befragten auf dem Erziehungsurlaub (70%), gefolgt vom Mutterschafts- urlaub (19%). Eine längere Berufspause oder sogar die Aufgabe des Berufs kommt nur für eine Minderheit in Frage (9% bzw. 1%). Im Zeitvergleich haben sich die ge- schlechtsspezifischen Einstellungsunterschiede nach der IPOS-Studie verringert. Tendenziell plädieren aber immer noch mehr Männer in Ost und West für eine längere Berufspause von Müttern als Frauen. Fazit: Trotz breiter allgemeiner Akzeptanz der Be- rufstätigkeit von Frauen lassen sich 1994 einige (erhebliche) Einstellungsunterschiede herausarbeiten. Besonders die Berufstätigkeit von (jungen) Müttern wird in den alten Bundesländern zur Disposition gestellt und auch der Geschlechtsrollen-Ideologie wird (wieder) stärker Nachdruck verliehen. Obwohl eine zeitliche Betrachtung mit dem identischen Fragenset nicht möglich ist, liefern die Ergebnisse aus den Allgemeinen Bevölkerungsumfragen der Sozialwissenschaften (ALLBUS) doch Hinweise auf die Veränderungen in den letzten Jahren. Danach gibt es von Anfang der achtziger bis Anfang der neunziger Jahre im ehemaligen Bundesgebiet ein beträchtlichen Wandel im Sinne einer größeren Befürwortung eines eher gleichberechtigten Rollenmodells. Seit 1991 nimmt allerdings der Anteil der Befragten, die die Rolle der Frau vornehmlich in der Familie sehen und nicht in einer Berufstätigkeit wieder leicht zu. Ein Beispiel: Die Aussage, die Aufgabe des Mannes ist es, Geld zu verdienen, die der Frau, sich um Haushalt und Familie zu kümmern" erhielt 1988 eine Zustimmung von 45 Prozent; 1991 waren es gerade noch 34 Prozent der Befragten, die sich für diese Meinung aussprachen. 1994 läßt sich allerdings wieder ein leichter Ansteig verzeichnen (37%). Bei den Ostdeutschen ist die Zustimmung dagegen zwischen 1991 und 1994 von 23 auf 11 Prozent zurückgegangen. Die ökonomischen Verwerfungen und Probleme, die zu einer steigenden Arbeitslosigkeit geführt haben, wurden im Osten nicht mit einer Hinwendung zu traditionellen Werten beantwortet. Im Westen scheint es deutlich leichter, die Erwerbstätigkeit von Frauen, zumal von Müttern, als Luxus" zu sehen. Im Osten tragen diese Erklärungs- und Einstellungsmuster nicht zur Lösung des Problems bei, da die Einkommen deutlich unter dem westdeutschen Niveau liegen, die Preise aber schon weitgehend angeglichen sind. Die Berufstätigkeit von Frauen ist deshalb nicht Luxus sondern wirtschaftliche Notwendigkeit. 32 Im Kontrast zu diesen Befunden steht, daß kurz nach der Wende erstaunliche Parallelen in den Einstellungen zu den Geschlechterrollen in Ost und West bestanden, unabhängig von den früheren unterschiedlichen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Dies zeigt die ALLBUS-Studie von 1991. Jeweils rund ein Drittel der Befragten in beiden Teilen Deutschland meinte damals, für eine Frau ist es wichtiger, ihrem Mann bei einer Karriere zu helfen, als selbst Karriere zu machen". Darüber hinaus waren 52 Prozent im Westen und immerhin 44 Prozent im Osten der Ansicht, eine verheiratete Frau sollte auf eine Berufstätigkeit verzichten, wenn es nur eine begrenzte Anzahl von Arbeitsplätzen gibt, und wenn ihr Mann in der Lage ist, für den Unterhalt der Familie zu sorgen". Unterschiede zeigen sich nur hinsichtlich der Beurteilung der Konsequenzen der Berufstätigkeit für die Kinder. Jede(r) zweite Befragte in den alten Bundesländern und nur jede(r) dritte in den neuen Bundesländern meinte 1991, es ist für alle Beteiligten viel besser, wenn der Mann voll im Berufsleben steht und die Frau zu Hause bleibt und sich um den Haushalt und die Kinder kümmert". Aufgrund der hohen Erwerbsbeteiligung der Frauen und den anderen institutionellen Rahmenbedingungen in der ehemaligen DDR hätte man 1991 in der Beurteilung der ideologischen Aspekte größere Unterschiede erwarten können. Eine Begründung, die immer wieder angeführt wird, ist der Umstand, daß Frauen ihre Erwerbstätigkeit nicht individuell in der Familie und der Partnerschaft sowie auf gesellschaftlicher Ebene durchsetzen mußten. Die Art und Weise, wie die Gleichberechtigung der Frau in der DDR-Gesellschaft verordnet und vorgelebt" wurde - in politischen Funktionen auf mittlerer und höherer Ebene fanden sich beispielsweise kaum Frauen und auch in den höheren betrieblichen Hierarchien waren die Männer unter sich - erklären das Fortbestehen der eher traditionellen Vorstellungen von der Rolle der Geschlechter. Zusammenfassend läßt sich festhalten: - Kurz nach der Wende standen sich die Menschen in der Beurteilung der traditionellen Geschlechterrollen in Ost und West näher, als zu erwarten gewesen wäre. Die gesellschaftlich geförderte hohe Frauenerwerbstätigkeit in der ehemaligen DDR hat an den grundsätzlichen Ein- stellungen nur wenig mehr als im Westen geändert, zumal die Arbeitsteilung in den Familien unangetastet blieb und das Bild der Frau als Mutter hochgehalten wurde. - Im Osten war die Frauenerwerbstätigkeit schon immer stärker durch den finanziellen Aspekt geprägt als im Westen. Trotz der auch in der ehemaligen DDR bestehenden Einkommensunterschiede waren meist beide Einkommen not- wendig, um gut" leben zu können. Dagegen hat im Westen, u.a. aufgrund des Steuerrechts (Ehegatten-Splitting) und trotz wachsender ökonomischer Notwendigkeiten, die Erwerbstätigkeit der verheirateten Frauen und Mütter den Beigeschmack des Luxus" nicht verloren. - Die Menschen im Osten stehen heute wohl vor allem aus wirtschaftlicher Notwendigkeit einer Berufstätigkeit der Frauen positiver gegenüber als im Westen.

Dennoch spricht viel dafür, daß durch die ungebrochene Berufsorientierung von Frauen und mit Hilfe der sich fortsetzenden politischen Bemühungen, sich die Unterschiede wieder einebnen werden und sich dann der längerfristige positive Trend auch im Westen fortsetzt. - Die gleichberechtigte Aufgabenverteilung in Haushalt und Familie stößt in beiden Teilen der Bundesrepublik auf geringe Akzeptanz. Die Praxis in der ehemaligen DDR hat in dieser Hinsicht nicht zu einem anderen Rollenver- ständnis geführt.

Die Appelle an die Männer, zumindest zeitweise auf ihre Berufstätigkeit zu verzichten bzw. in Form von Teilzeitmodellen kürzer zu treten und sich statt dessen stärker an der Hausarbeit sowie an der Kinderbetreuung zu beteiligen, werden durch die fehlende Akzeptanz bei Frauen und Männern vermutlich folgenlos bleiben. Ge- setzliche Regelungen, die die Möglichkeiten für Männer und Frauen schaffen, Beruf und Familie zu verbinden, sind zu begrüßen, werden aber vor dem Hintergrund der aufgezeigten Einstellungen nur sehr eingeschränkt Veränderungskräfte mobilisieren oder eine Breitenwirkung entfalten. - Die aus dem tatsächlichen Verhalten wie aus den Einstellungen sichtbar gewordenen Realitäten bestätigen die Notwendigkeit der schon praktizierten Themen und Zielsetzungen der Politik.

Die Berufstätigkeit von Frauen wird auch in Zukunft vor allem durch den Ausbau der Kinderbetreuungsmöglichkeiten, einem möglichst frühen Wiedereinstieg in den Beruf, Wiedereingliederungshilfen, durch die Intensivierung der (beruflichen) Bildung und flexiblerere Arbeitszeitmodelle gefördert werden können.

Anteil der Erwerbspersonen (Erwerbstätige und Erwerbs- lose) an der Bevölkerung in Prozent.

Basis der statistischen Erläuterungen ist hauptsächlich eine aktuelle Veröffentlichung des Statistischen Bun- desamtes (Hrsg), 1995: Im Blickpunkt: Familie heute. Wiesbaden: Metzler-Poeschel.

Braun, Michael, 1995: Einstellung zur Berufstätigkeit der Frau. S. 6-9 in: ZUMA-Informationsdienst Soziale Indikatoren (ISI) Nr.13/Januar 95.

Bundesministerium für Frauen und Jugend, 1994: Gleich- berechtigung von Frauen und Männern. Wirklichkeit und Einstellungen in der Bevölkerung. Ergebnisse einer zweiten repräsentativen Bevölkerungsumfrage zur Gleich- berechtigung in Deutschland, durchgeführt vom Institut für praxisorientierte Sozialforschung (IPOS).

ALLBUS ist ein von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) seit Ende der siebziger Jahre gefördertes Vorha- ben eines wissenschaftlichen Beirats, bestehend aus dem Zentrums für Umfragen, Methoden und Analysen e.V. (ZUMA-Mannheim) und dem Zentralarchivs für Empirische Sozialforschung (ZA-Köln). Kernstück der ALLBUS-Konzep- tion sind regelmäßig zu wiederholende repräsentative Bevölkerungsumfragen (seit 1980 alle zwei Jahre) mit einem teils konstanten, teils variablen Fragenpro- gramms, das zentrale inhaltliche Bereiche der empiri- schen Sozialforschung abdeckt bzw. die anderweitig er- hobenen sozialwissenschafltichen Daten sinnvoll er- gänzt.



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