hide random home http://www.spd.de/politikfelder/europa/genleben.html (Einblicke ins Internet, 10/1995)

Gen-Lebensmittel


INTERN Nr. 7 /1995

Lilo Blunck: Gen-Lebensmittel in Europa - die verbo(r)gene Geschichte

Am 6. Juni 1995 stand erneut die "Novel-food"-Verordnung auf der Tagesordnung des Binnenmarkt-Ministerrates der Europäischen Union. Der verbraucherfeindliche französische Kompromißvorschlag ohne ausreichende Kennzeichnungs fand keine qualifizierte Mehrheit im Rat. Damit liegt eine europaweite Regelung - nach mehr als 6 Jahren Streit - weiterhin auf Eis. So könnte in einem EU- Mitgliedsland z.B. die Züchtung der genmanipulierten Tomate genehmigt werden, ohne gleichzeitig eine entsprechende Kennzeichnung vorzuschreiben. Im Rahmen des offenen Handels innerhalb der Europäischen Union könnte der Konsument dann zwar weiterhin das Herkunftsland dieser Tomate erkennen, nicht jedoch das Produktionsverfahren. Umso dringlicher ist die wiederholte Forderung der SPD, daß die europaweite Regelung der Kennzeichnungspflicht schnellstmöglich zu ordnen ist. Sie muß umgehend auf die Tagesordnung der im Juli 1995 beginnenden spanischen Ratspräsidentschaft gesetzt werden. Bedauerlicherweise wurde schon während der deutschen Ratsprädidentschaft eine einheitliche Regelung im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher versäumt. Dabei hat diese Bundesregierung einschlägige Erfahrungen mit Kennzeichnung: Für das "Reine deutsche Bier" legte man sich kräftig ins Zeug und ging sogar vor den Europäischen Gerichtshof. Da hätte es doch während der deutschen Präsidentschaft eine Selbstverständlichkeit sein müssen, sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln für eine umfassende und ausnahmslose Kennzeichnung von Gen-Lebensmitteln einzusetzen. Aber die mangelnde Abstimmung der Ressorts untereinander hat zwangsläufig die deutsche Verhandlungsposition geschwächt. Die SPD-Bundestagsfraktion hat ihren Antrag "Einsatz der Gentechnik und anderer neuartiger biotechnologischer Verfahren in der Lebensmittelproduktion" aus der letzten Wahlperiode aktualisiert und am 1. Juni 1995 erneut in den Deutschen Bundestag eingebracht. Die SPD lehnt neuartige biotechnoligische Verfahren in der Lebenmittelproduktion nicht schlankweg ab. Wir sehen durchaus die z.T. nicht unerheblichen gesundheitlichen Risiken und Umweltgefährdungen durch traditionelle Produktionsmethoden. So könnte es ja durchaus sein, daß neue Biotechnologien Wege für eine gesundheits- und umweltverträglichere Lebensmittelerzeugung öffnen. Aber diese Hoffnung darf kein Freibrief sein, Produzenten aus der Verantwortung zu entlassen. Angesicht der unbekannten Risiken z.B. bei der Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen ist die umfassende Verantwortung des Produzenten gesetzlich festzuschreiben. Gerade bei Nahrungsmitteln, unseren "täglichen Mitteln zum Leben", sind besonders hohe Maßstäbe an die Sicherheit zu legen und eine umfassende und ausnahmslose Kennzeichnung sowie eine Haftungsregelung dringend geboten. In anderen Staaten wie z.B. den USA gibt es heute bereits den uneingeschränkten Einsatz der Gentechnologie in der Nahrungsmittelproduktion. Auch hier fehlt leider eine Kennzeichnungspflicht. Das amerikanische Rechtssystem jedoch schützt die Verbraucherinnen und Verbraucher vorwiegend über das Haftungsrecht, mit z.T. gigantischen Schadensersatzsummen. Angesichts der Tatsache, daß auf dem Importwege schon jetzt genmanipulierte Lebensmittel nach Europa kommen können, wird erneut der sofortige Handlungsbedarf deutlich. Solange es keine EU-weit geltende Kennzeichnungspflicht von Gen-Lebensmitteln gibt, sind die Hersteller zu einer freiwilligen Kennzeichnung aufgefordert. Dies wäre die unbürokratischste und schnellste Lösung. Einer freiwilligen Informationsverpflichtung kann eigentlich nichts im Wege stehen, da von Seiten der Produzenten immer wieder die Unbedenklichkeit und hohe Qualität von Gen-Lebensmitteln betont wird. Das räumt Ängste aus und resprektiert das Grundrecht der Verbraucherinnen und Verbraucher auf Information und damit ihr Gewicht am Markt. Lilo Blunck ist die verbraucherpolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion



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